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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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schwere Luft des Vulkans nicht gut«, mutmaßte Bars Balicor. »Er sollte in den Tempel zurückkehren und sich von der Priesterschaft gesund pflegen lassen.« Vertraulich legte er die Hand auf Nhordukaels Schulter. »Es freut mich, wenigstens dich wohlbehalten vorzufinden, Bruder Nhordukael. In Thax gehen wilde Gerüchte um. Man macht sich Sorgen um deine Gesundheit. Welcher Mensch hat schon unbeschadet ein Bad in glühender Bronze überlebt?«
    »Mir geht es gut«, sagte Nhordukael leise.
    »So? Du siehst bleich aus - müde und erschöpft!« In Balicors Stimme war fast eine Spur Mitleid zu erkennen. »Was genau ist damals geschehen am Tag der Ernte?«
    Nhordukael schlug die Augen nieder. »Ich kann nicht darüber sprechen. Der Hohepriester hat es mir untersagt.« »Der Hohepriester liegt im Sterben«, erwiderte Bars Balicor kalt. »Sei kein Narr, Nhordukael! Du weißt, dass Magro Fargh nicht mehr lange zu leben hat. Bald werde ich sein Amt übernehmen.« Er beobachtete den jungen Priester lauernd. »Nicht wahr, dir ist bewusst, dass laut Gesetz der Erzprior von Thax die Nachfolge antritt?« Nhordukael gab keine Antwort. Regungslos stand er vor dem Erzprior. Es schwindelte ihn, und das Brennen in seiner Kehle machte ihm das Atmen zur Qual.
    »Ich hoffe, du wirst mir treu dienen«, fuhr Bars Balicor fort, »so wie du Magro Fargh gedient hast. Ich kann dich reich belohnen, Nhordukael! Ich kann dich zu meiner rechten Hand machen, zu meinem engsten Vertrauten. Das Ereignis am Tag der Ernte hat deine magische Begabung eindrucksvoll bewiesen. Ich kann dir helfen, sie zu entfalten.«
    Noch immer antwortete Nhordukael nicht. Er starrte auf den Boden, wo der Schatten des Erzpriors im Abglanz der fernen Glut zuckte und bebte.
Warum geht er nicht endlich?
    »Ich sehe, wir werden eine Menge zu besprechen haben, wenn ich erst Hohepriester geworden bin«, sagte Balicor ungeduldig. »Doch nun lass mich vorbei, Bruder. Das Oberhaupt der Kirche lässt man nicht warten.« Nhordukael trat einen Schritt zur Seite und ließ den Erzprior vorbei. Schweigend beobachtete er, wie Balicor die Stufen herabstieg, wie seine Gestalt von den rot glühenden Schwaden verschlungen wurde. Er lauschte dem Scharren seiner Stiefel auf dem Gestein, bis es im Grollen des Berges unterging; und er stellte sich vor, wie er dem Erzprior durch den Rauch folgte, ihm nachschlich, die Stufen hinab, dem dunkelroten Leuchten entgegen … »Bist du dir der Gefahr bewusst, in der du schwebst?«, hörte er eine Stimme neben sich. Benommen blickte Nhordukael auf. Er erkannte die Leibwächterin des Erzpriors. Sie hatte den Lederhelm abgenommen. Langes, weißblondes Haar fiel auf ihre Schultern herab, und gebannt starrte er in ihre seltsamen, schmalen Augen; dunkel, schwarz beinahe, und von einem Funkeln erfüllt, das ihn frösteln ließ. »Er wird keinen Atemzug zögern, dich zu beseitigen, wenn du Anspruch auf sein Amt erhebst.«
    Wovon spricht sie?
Nhordukael taumelte. Er versuchte sich zu konzentrieren.
Die Stufen hinab … vorbei an den dunklen Säulen … erkaltetes Gestein zu meinen Füßen. Lauf, Erzprior, setz deine Schritte, schneller, schneller …
Ashnada starrte den jungen Priester eindringlich an. »Du solltest fliehen«, riet sie ihm. »Sie werden nicht dulden, dass du die Weißstirne weiter gegen die Kirche aufhetzt.« Sie hielt kurz inne. »Doch davon weißt du vermutlich nichts. Es hat dir niemand von dem Aufstand in Thax erzählt, nicht wahr?«
    Nhordukaels Knie gaben nach. Ashnada stürzte nach vorn und bekam seinen Ellbogen zu fassen. Vorsichtig half sie ihm, sich am Boden niederzukauern.
    Nhordukael schloss die Augen, versuchte seinen rasenden Atem unter Kontrolle zu bekommen. …
vorbei an den Steinen mit ihren Inschriften … über die schützenden Kreise und Zeichen hinweg … geh weiter, Erzprior … dort liegt Magro Fargh auf seinem Sterbebett, siehst du ihn ?
    Ashnada erhob sich. Ungläubig betrachtete sie Nhordukael, der schlotternd auf dem Boden kauerte, das narbenbedeckte Gesicht kalkweiß, der Körper ausgezehrt.
    »Der Auserkorene«, sagte sie verächtlich und wandte sich kopfschüttelnd ab.
    Fünf Steinfiguren umringten das Lager des Hohepriesters. Eine von ihnen war starr und tot; die anderen jedoch bewegten ihre Glieder, als der Erzprior aus dem Nebel auf sie zuschritt. Drohend erhoben sie die Arme, und durch ihre leeren Augen fiel der rote Schein des Lavasees.
    Erschrocken wich Bars Balicor vor den Ungetümen zurück. Dann aber

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