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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Weißstirne wurden getötet, weitere dreihundert gefangen genommen.« Er richtete sich voller Stolz auf. »In ein paar Tagen werden wieder Ruhe und Ordnung in der Stadt herrschen.« »Die Klippenritter hatten kein Recht, in Thax einzumarschieren«, zischte Perjan Lomis, der an Arkons Seite stand. »Ihr hättet die Niederschlagung des Aufstandes dem Silbernen Kreis überlassen sollen!« »Ihr habt wochenlang tatenlos zugesehen, wie die Fanatiker das Fürstentum verwüsteten«, erwiderte Binhipar. »Nun habe ich die Sache in die Hand genommen. Ihr solltet mir dankbar sein!« Er gab den Klippenrittern ein Zeichen. Sie legten ihre Hände an die Griffe ihrer Schwerter und zogen diese einen Spann weit aus der Scheide. Das metallene Sirren der fünfzig Klingen glich dem Fauchen eines gefährlichen Tieres. »Die Klippenritter haben ihr Leben für Thax riskiert! Viele sind gefallen, um die Stadt von den Weißstirnen zu befreien - und das, obwohl sie jener schändlichen Anklage ausgesetzt sind, die Fürst Arkon gegen sie erhoben hat. Wird es nicht Zeit, die Ritter von den falschen Anschuldigungen loszusprechen?«
    Arkon murmelte einige unverständliche Worte. Dann setzte er sich, ohne die Augen von den Klippenrittern zu nehmen. Auch Perjan Lomis schien auf ein Widerwort verzichten zu wollen. Hastig ließ er sich an der Tafel nieder.
    »Wie schön, dass zumindest in dieser Frage Einigkeit besteht«, sagte Scorutar lächelnd. »Der ewige Streit im Silbernen Kreis lähmt unsere Handlungsfähigkeit. In diesen Zeiten, in denen die Goldei an unseren Grenzen stehen und fremde Mächte die Insel Fareghi besetzt halten, muss der Thronrat geschlossen zusammenstehen.« »Geschlossenheit war schon immer Euer oberstes Anliegen«, sagte Jundala Geneder mit trockener Stimme. »Doch selten wart Ihr so skrupellos in der Wahl Eurer Mittel!«
    »Jeder versucht für das Kaiserreich sein Bestes zu geben - wir in Thax und Euer Gemahl in Praa.« Ein boshaftes Lächeln huschte über Scorutars Gesicht.
    Doch dann lenkte ein Geräusch ihn ab. Die Flügeltüren waren aufgestoßen worden. Eine Frau eilte in den Saal. Es war Tundia Suant, Scorutars Schwester. Sie trug ein grünes Samtkleid; auf dem Arm trug sie ihre Tochter Suena. Aufgebracht blieb sie vor der Tafel stehen und setzte das Kind ab. Das blonde Haar hing zerzaust auf ihre Schultern herab.
    Scorutar musterte sie verärgert. »Du störst die Sitzung des Thronrates, Schwester! Was in aller Welt …« Tundias Blick brachte ihn zum Schweigen. »Der Kaiser«, stieß sie hervor. »Er ist aus Durdun zurückgekehrt!« Scorutar stieß ein nervöses Kichern aus. »Hervorragend. Wir warten bereits auf ihn, um …« »Er ist wahnsinnig geworden«, unterbrach ihn Tundia. Sie stieß ihre kleine Tochter von sich, die sich verängstigt an ihr Bein geklammert hatte. »Akendor ritt in die Burg, blutüberströmt, und brüllte wirres Zeug vor sich hin. Als einer der Stallknechte ihm vom Pferd helfen wollte, zog er sein Schwert und hätte den unschuldigen Mann beinahe erschlagen.«
    »Wo hast du ihn gesehen?«, fragte Scorutar beunruhigt.
    »Ich sah ihn im Burghof, vom Fenster meines Gemachs aus«, berichtete Tundia und strich sich über das erhitzte Gesicht. Es wirkte grob und aufgedunsen, das Gegenbild zu den fein geschnittenen Gesichtszügen ihres Bruders. »Niemals zuvor habe ich Akendor in solcher Verfassung gesehen! Etwas Entsetzliches muss geschehen sein!« »Ist er verwundet?«, fragte Perjan Lomis erschüttert.
    Tundia schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht! Aber er ist auf dem Weg zum Thronsaal. Ich hörte, wie er den Wachen zuschrie, dass er am Silbernen Kreis Rache nehmen wolle.« Sie beugte sich zu ihrer Tochter herab, die sich leise schluchzend an sie drängte. Hastig streichelte sie Suenas Kopf und versuchte sie zu beruhigen. Ratloses Schweigen herrschte im Thronsaal. Dann wanderten alle Augen zu den geöffneten Flügeltüren. Auf dem Gang waren Schritte zu hören, das Rauschen eines Mantels. Akendor stürzte in den Saal. Sein Gesicht und seine Haare waren blutverschmiert. Panische Angst glitzerte in seinem Blick. Er wankte noch einige Schritte in den Saal. Dann blieb er stehen. Mit den Händen wischte er sich über die Stirn; auch an seinen Fingern klebte getrocknetes Blut. Ein Schluchzen drang aus seiner Kehle. Mit tränenverhangenen Augen blickte er auf die Fürsten. Die Klippenritter schien er nicht zu bemerken.
    »Tot«, flüsterte er, »sie ist tot!« Ein Beben ging durch seinen Körper.

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