Nebelriss
nach Praa. Fünfzig arphatische Krieger erwarten Euch auf der anderen Seite der Schlucht.« »Welch aufmerksame Geste der Königin«, bemerkte Baniter spitz. »Doch wie du siehst, führe ich bereits genügend Männer mit mir.«
»Ihr werdet Eure Ritter nicht über die Schlucht führen können«, entgegnete der Bote. »Der Geleitschutz gilt nur Euch und Euren unbewaffneten Begleitern.«
Baniter wechselte einen Blick mit Mestor Ulba. »Welch seltsame Sitte, eine friedliche Gesandtschaft aufzufordern, ihre Schutzritter an der Grenze zurückzulassen. Darüber wird mit dem Anführer der Arphater zu verhandeln sein.«
»Darüber gibt es nichts zu verhandeln!«, vernahm er hinter sich eine jähzornige Stimme. Sie gehörte Sadouter Suant, der zu ihnen aufgeschlossen hatte. Sein Pferd trabte unruhig auf der Stelle, irritiert durch die aufbrausenden Gesten seines Reiters. »Es kommt nicht in Frage, dass wir uns von den Arphatern unseren Geleitschutz verbieten lassen!« Er bedachte den Boten mit einem finsteren Blick. »Reite über die Schlucht und sage diesen Heuchlern, dass sie ihre Ritter nach Hause schicken sollen!«
Baniter fuhr herum. »Wie glücklich kann ich mich schätzen, auf das diplomatische Talent eines Suant zurückgreifen zu können. Ihr wollt offenbar die Arphater noch vor dem Übertritt der Grenze gegen uns aufbringen.«
Sadouter blickte ihn zornig an. »Wollt Ihr zulassen, dass wir ohne jeden Schutz in dieses verlogene Land reiten? Man will uns eine Falle stellen, Fürst Baniter! Ihr müsst blind sein, wenn Ihr das nicht seht.« »Wenn man uns ernsthaft in eine Falle locken wollte, wären auch unsere zwanzig Ritter dagegen machtlos. Doch habt keine Angst, ich habe nicht vor, die Ritter an der Grenze zurückzulassen.«
»Ich habe keine Angst!«, rief Sadouter aufgebracht.
Mestor Ulba setzte eine sorgenvolle Miene auf. »Fürst Baniter, ich halte es für unklug, sich den Anordnungen der Arphater schon an der Grenze zu widersetzen. Man wird uns für Feiglinge halten und glauben, dass wir dem uns zugesicherten Geleitschutz misstrauen.«
»Und ob wir das tun!«, rief Sadouter. »Mag sein, dass man uns freies Geleit bis nach Praa zusichert. Von einer unversehrten Rückreise ist nicht die Rede! Man wird uns in die Hauptstadt führen - und dann zum Galgen!« »Soweit ich weiß, richtet man in Arphat die Menschen nicht am Galgen hin. Man erstickt sie in nassem Sand«, erwiderte Baniter trocken.
Sadouter schüttelte angewidert den Kopf. »Eine barbarische Methode!«
»Findet Ihr?«, fragte Baniter mit gespieltem Erstaunen. »Ich halte sie für außerordentlich praktisch - sie stopft den Schwatzhaften das Maul.«
Sadouter blickte ihn grimmig an. »Ich reise nicht nach Arphat, weil ich mich für die dortigen Tötungsrituale interessiere! Ich bin an Eure Seite berufen worden, weil der Thronrat daran zweifelt, dass Ihr tatsächlich in der Lage seid, ein Bündnis mit der Königin zu schließen, ohne dabei unsere Ehre zu verkaufen. Mir persönlich ist es ein Rätsel, wie der Kaiser ausgerechnet Euch als Anführer der Gesandtschaft bestätigen konnte - einen Geneder!«
»Ich bin sicher, Euer Onkel Scorutar hätte den Verkauf unserer Ehre zu gern selbst übernommen«, erwiderte Baniter. »Doch seine Anwesenheit im Thronrat ist leider unentbehrlich, und so wurde diese Aufgabe mir übertragen.«
Der Zorn verzerrte Sadouters Mund in abstoßender Weise. »Wie könnt Ihr darüber spotten? Dies ist kein Spiel, Fürst Baniter! Wir verhandeln mit unseren Todfeinden, die noch immer unsere Unterwerfung planen!« Baniters Blick wurde mit einem Schlag ernst. »Nein, das ist kein Spiel; und Ihr tätet gut daran, Euch das zu merken, Sadouter Suant! Die Arphater sind aus einem anderen Holz geschnitzt als die Schiffsleute und Hafenarbeiter, die Ihr auf Swaaing herumzukommandieren pflegt. Wenn Ihr Eure Worte so unbedacht wählt, wie Ihr es mir gegenüber zu tun pflegt, werdet Ihr mehr über arphatische Tötungsrituale erfahren, als Euch lieb ist.« Voller Genugtuung sah er Sadouters Gesicht rot anlaufen. Ohne ihn zu Wort kommen zu lassen, fuhr Baniter fort. »Ich bin Fürst und Mitglied des Silbernen Kreises, und ich führe auf kaiserliche Weisung diese Gesandtschaft an. Ich werde es nicht dulden, dass Ihr unsere Mission durch Euer loses Mundwerk gefährdet. Also nehmt Euch in Acht, Sadouter Suant.«
Sadouter wollte widersprechen, doch er besann sich eines Besseren und schluckte den Zorn herunter. Mit gemäßigter Stimme erwiderte
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