Nebelriss
ihn. »Ich vergaß, sie Euch vorzustellen. Dies ist Mestor Ulba, der Siegelmeister des Kaisers; soweit ich weiß, ist er in Eurem Land kein Unbekannter. Rechts neben mir steht Sadouter Suant, ein Neffe des Fürsten von Swaaing. Und dort«, er wies über die Schulter zum anderen Ende der Brücke, wo die Schemen seiner Ritter zu erkennen waren, »wartet Lyndolin Sintiguren, die große Dichterin, deren Balladen Ihr sicherlich schon einmal gehört habt.«
Für einen winzigen Moment leuchteten Ejos Augen auf. »Ja, ich kenne ihren Namen. Ihre Lieder singt man in Praa und Harsas, in Sajaka und Erep-Etru! Ich freue mich, sie kennen zu lernen.« Sein Blick wanderte erneut zu Baniter herüber. »Sie darf die Schlucht überqueren. Doch eure Ritter müssen zurückbleiben. Kein bewaffneter Krieger darf den Bogen von Pryatt Parr überqueren.«
»Kein bewaffneter Krieger?«, fragte Baniter mit gespieltem Erstaunen. »Ihr verlangt von mir, keinen von ihnen über die Schlucht zu führen, großer Ejo?«
»Die Göttergleiche befahl es selbst«, erwiderte Ejo. »Kein bewaffneter Sitharer darf über die Brücke schreiten, dies waren ihre Worte.«
»Was für eine Frechheit!«, schrie Sadouter Suant und schritt an Baniters Seite. »Wie kann sie es wagen, einer Gesandtschaft des Kaisers solch eine Forderung zu stellen? Wir werden es nicht dulden, dass …« »Wir werden ihrem Wunsch entsprechen«, schnitt Baniter ihm das Wort ab. Dann drehte er sich um und gab den am Brückenkopf wartenden Rittern ein Zeichen. Langsam setzte der Tross sich in Bewegung. Lächelnd wandte Baniter sich wieder den Arphatern zu. Sie hatten die Säbel erhoben; dicht vor Baniter glommen ihre grünen Klingen auf.
»Was soll das werden, Luchs von Ganata?«, schleuderte der Schechim ihm entgegen. »Du hast die Worte unserer Königin gehört! Füge dich oder stirb!«
Abwehrend hob Baniter die Hände. »Ich hörte die Worte und fügte mich ihnen.« Er warf einen kurzen Blick zur Seite. Zufrieden stellte er fest, dass Merduk und Gahelin, seine Leibritter, wie verabredet hinter ihm standen. »Kein bewaffneter Krieger darf die Schlucht überqueren - so wünscht es Eure Königin, nicht wahr?« Er wies auf Merduk und Gahelin, und diese rissen ihre Mäntel fort, die sie über der Rüstung trugen. »Seht - meine Ritter haben ihre Waffen abgelegt! Und ebenso sind jene, die uns folgen, unbewaffnet, so wie Eure Königin es verlangt.«
Ejo tauschte einen unsicheren Blick mit seinen Begleitern. Er suchte nach Worten. Dann stürzte er nach vorn, den Säbel auf Baniter gerichtet. Seine Stimme bebte. »Du lügst, elender Luchs! Niemals würden eure Ritter ohne das Schwert nach Arphat gehen! Wenn sie noch einen Schritt näher kommen, wird dies den Frieden zwischen unseren Völkern brechen!«
Baniter wich vor der Säbelspitze zurück. »Ich schwöre Euch, sie sind unbewaffnet«, sagte er triumphierend. »Denn ihre Schwerter, großer Ejo, nahm ich selbst an mich!« Er zog an der Leine, die er noch immer in der linken Hand hielt. Stockend machte das Maultier einige Schritte nach vorn. Baniter drehte sich um und schlug das Tuch des Bündels beiseite, das auf dem Rücken des Tieres befestigt war. Langsam strich seine Hand über den Schwertknauf, der darunter zum Vorschein kam; dann über den nächsten, dann über den dritten, über die gesamte Reihe der zusammengebundenen Waffen. »Ich selbst führe die Schwerter über die Schlucht; und dort, am Fuß von Pryatt Parr, werde ich sie meinen Rittern zurückgeben. Unbewaffnet betreten sie Euer Land, um Eure Forderung zu erfüllen.«
Ejo schien sprachlos. Er ließ den Säbel sinken und starrte auf den Tross der sitharischen Ritter, die bereits dicht zu Baniter aufgeschlossen hatten. »Was ist das für ein elendes Spiel, das du mit uns treibst?«, spie er aus. »Denkst du, du kannst die Krieger der Anub-Ejan überlisten, indem du ihnen die Worte im Mund verdrehst? Die Königin befahl, alle sitharischen Ritter an der Grenze zurückzulassen.«
Die Ritter befanden sich nun direkt hinter Baniter. Er hörte ihre Schritte, hörte das Klirren ihrer Rüstungen. »Dachtet Ihr im Ernst, ich würde mich Euch schutzlos ausliefern?«, rief Baniter. »Dachtet Ihr tatsächlich, den Fürsten von Ganata zwingen zu können, Eure dreiste Forderung zu akzeptieren?«
Ejo hatte den Blick zu Boden geworfen; doch nicht aus Scham oder Ratlosigkeit, wie Baniter zunächst annahm. Der Schechim schien abgelenkt zu sein; und schnell erkannte Baniter den Grund. Ein
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