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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Knacken war unter ihren Füßen zu hören, ein dumpfes Ächzen; ganz kurz nur, dann verstummte es. Unruhig tanzte das Ende des Lederseils in Baniters Hand, knirschten die Hufe des Maultiers auf den Tonziegeln. Ein Raunen ging durch die Reihen der Ritter, die hinter Baniter standen; und auch die Arphater wurden von Unruhe erfasst. Selbst Baniter musste sich beherrschen. Plötzliche Furcht wallte in ihm auf; für einen Moment glaubte er, die Brücke unter seinen Füßen schwanken zu spüren, und er riss sich zusammen, um den Blick nicht in die Schlucht abschweifen zu lassen.
    »Nun, großer Ejo«, stieß er hervor, »es liegt an Euch, uns jetzt zurückzuschicken oder uns den Weg zu räumen! Ihr selbst wisst am besten, was Eure Königin Euch auftrug; ob es ihr Wille war, uns herauszufordern, oder ob sie mit uns zu verhandeln wünscht.« Er wies spöttisch zu Boden. »Denkt nur in aller Ruhe nach. Wir haben alle Zeit der Welt.« Lächelnd musterte er den Arphater, der seinem Blick noch immer auswich; und er sah, wie Ejos Hand den Säbelgriff so fest umschloss, dass die olivfarbene Haut seiner Finger weiß anlief.
    Schließlich richtete sich Ejo auf. »Als ich im Spott fragte, ob das Maultier an deiner Hand ein Wappenzeichen ist, ahnte ich nicht, dass dieses Tier für List und Schläue stehen kann. Wer du auch immer bist, Luchs von Ganata, du bist kein solch gutgläubiger Narr wie die Gesandten, die sich bisher nach Arphat wagten! Du scheinst zu wissen, worauf du dich einlässt. Also folge uns, Baniter Geneder, und nimm deine Krieger und dein Maultier mit.« Er musterte den Fürsten kalt. »Eines Tages wirst du es bereuen, diese Schlucht überquert zu haben.« Baniter nickte.
Mag sein, vielleicht bereue ich es eines Tages; bereue es, mein Schicksal in die eigene Hand genommen zu haben und gleichzeitig das Schicksal meines Landes. Doch vielleicht, großer Ejo, werde ich auch mit beispielloser Macht nach Sithar zurückkehren. Dann wirst du es sein, der es bereut, mich jemals über die Schlucht gelassen zu haben.

KAPITEL 9
    Die Zauberin trug ein Gewand aus dunkelgrüner Seide; es schmiegte sich eng an ihren schlanken Leib. Das dunkelblonde Haar war streng zu einem Zopf geflochten. Ihr Gesicht war nach alter Tradition der Loge weiß geschminkt; man musste es aufmerksam betrachten, um unter der weißen Farbe ihre feinen Gesichtszüge erkennen zu können: die hohen Backenknochen, die schmale Nase, die vollen Lippen und die ausgeprägte Stirn. Das helle Braun ihrer großen, runden Augen war von zahlreichen Sprenkeln durchbrochen, was ihrem Blick einen Hauch von Verwegenheit verlieh.
    Je länger Cercinor die Zauberin betrachtete, desto schwerer fiel es ihm, dem Bann ihrer Schönheit zu widerstehen. Immer wieder ertappte er sich bei dem Versuch, sich ihr Gesicht ohne den kalten Glanz der weißen Farbe vorzustellen, sah in Gedanken, wie ihre Haare offen um die Schultern fielen, sah seine Hand unter ihr Gewand gleiten. Und diese Gedanken machten ihn wütend, wusste er doch, dass die Malkuda absichtlich eine so betörende Frau zu ihm geschickt hatte und dass ihre Taktik, ihn damit zu verwirren, durchaus Erfolg hatte. »Die Rochenländer kennen ihre Freunde und Feinde«, sagte Cercinor mit kalter Stimme. »Dass die Malkuda stets den König in Larambroge unterstützt hat, haben wir nicht vergessen, und ebenso wenig, dass die Loge die Dörfer zwang, jeden Kalender ganze Wagenladungen an Brot und Fleisch, unzählige Fässer Wein, sackweise Korn und Obst nach Oors Caundis zu bringen, damit die Zauberer sich daran gütlich tun konnten. Wir fertigten Kleidung und Werkzeuge für Euch an, schlugen Euch das Holz für den Winter, sammelten Kräuter und Pilze für Eure Kochtöpfe, und oft genug holte ein Zauberer sich eine junge Frau, ohne dass wir Rechenschaft für ihre Schändung forderten. Sicherlich weiß Malcoran, Euer Logenmeister, dass wir dies alles nur taten, weil uns das Schwert des Königs dazu zwang.« Anklagend richtete er den Zeigefinger auf seinen Gast. »Die Zeiten haben sich geändert, Zauberin! König Eshandrom ist selbst zum Sklaven geworden, und eine fremde Macht herrscht im Rochenland. Die alten Regeln gelten nicht mehr. Es wird Zeit, dass Oors Caundis die Zeche bezahlt.«
    Die Zauberin blickte ihn mitleidsvoll an. »Habt Ihr mich hergebeten, um über die Abgabenlast des Rochenlandes zu reden?« Ihre Finger spielten gelangweilt mit dem Saum ihres Gewandes. »Die Malkuda errichtete Oors Caundis vor über tausend Jahren im

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