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Nebelschleier

Titel: Nebelschleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Hand und bedankten sich formvollendet.
    »Well, that was a very pleasant company! Thank you very much!«
    Arm in Arm und gut gelaunt spazierten die beiden weiter in Richtung Schlosshügel und ließen Angermüller in besserer Stimmung zurück, als sie ihn vorgefunden hatten.
    Die Felsengrotte lag verlassen da. Ein kleines Stück rot-weißes Absperrband, das wohl die Kollegen beim Räumen des Schauplatzes übersehen hatten, hing einsam an einem Strauch und erinnerte an die Vorgänge dieses Morgens. Er ging tiefer in die Grotte hinein und begutachtete routinemäßig die Fundstelle, ohne große Hoffnung, hier noch prägnante Hinweise finden zu können. Ein paar weiße Kratzer im Fels und abgeknickte Zweige dort wachsender Büsche kennzeichneten die Absturzstelle. Die Abdrücke des Rollstuhls und des Opfers sowie die zahlreichen Fußspuren der Männer und Frauen von der Spurensicherung im sandigen Untergrund des kleinen Gewässers hatte der bescheidene Wasserfall, der das Bachbett unablässig füllte, schon fast wieder glatt gewaschen.
    Angermüller kletterte den steilen Hang neben der Grotte hoch. Dort, wo das hölzerne Geländer zerstört und der Rollstuhl mitsamt seinem Insassen in die Tiefe gestürzt war, stand jetzt eine rot-weiß schraffierte Barriere mit drei Warnleuchten. Die Entfernung von der Straße bis dahin betrug nur ein paar Meter. Was war hier am Morgen geschehen? Hatte der Täter erst die störenden Holzbalken gewaltsam zerbrochen und so einen Weg zum Abgrund geschaffen, um dann hier auf Steinlein zu warten? Unwahrscheinlich. Dagegen sprachen auch die gesprühten Tags, die die Balken und umstehenden Bäume in Neonfarben zierten. Wahrscheinlich hatte sich der Täter einfach zunutze gemacht, dass das Geländer durch jugendlichen Vandalismus zerstört worden war.
    Bohnsack hatte gesagt, es gebe einige Anzeichen, dass dem Opfer bereits vor dem Sturz Gewalt zugefügt worden sei, und an seine Kehle gedeutet. Das sollte ja wohl heißen, dass keine eindeutig sichtbaren Verletzungen wie Schuss- oder Stichwunden vorlagen. Angermüller tippte auf Würgemale. Da hatte also jemand hinter dem alten Mann gestanden – vorausgesetzt, der Angriff war hier erfolgt – und hatte ihn gewürgt, bis er kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Seine Mutter hatte ihm erzählt, dass der Steinleins Bernhard fast vollständig gelähmt war, nicht sprechen und bis auf eine Hand nichts mehr bewegen konnte. Das hieß auch, dass ihn jemand gegen seinen Willen einfach hierher schieben konnte. Weder konnte der alte Mann um Hilfe schreien, noch sehen, wer sich da hinter ihm zu schaffen machte. Besonders viel Kraft brauchte man nicht aufwenden. Es gab keine Gefahr, dass sich das Opfer wehren würde. Der Mörder brauchte nur den Willen zu töten und fest zudrücken – das musste er können.

     
    Als Paola von ihrer Tour zu Gemüsebauern in der Bamberger Gegend nach Hause gekommen war, hatte man ihr die Nachricht vom Tod ihres Vaters überbracht. Ihre Mitarbeiter hatten sich sehr bemüht, ihr schonend beizubringen, was an diesem Morgen geschehen war. Sie hatten sie in einen Sessel gesetzt, ihr einen Tee gebracht und versucht, sie zu beruhigen und zu trösten, so gut es ging.
    Auf der Rückfahrt durch das sonnenbeschienene Tal der Itz, durch das sich der Fluss in malerischen Mäandern zog und wo an den Hügeln kleine, hübsche Dörfer lagen, da hatte sie sich noch so gut gefühlt, so voller Energie und trotzdem so leicht. Sie hatte an das Hotel gedacht, an das Restaurant, an den Erfolg, zu dem ihre Bemühungen endlich geführt hatten, und dass sie stolz darauf sein konnte, denn es war ihr Erfolg ganz allein. Gegen alle Widerstände, auch oder gerade die ihres Vaters, war sie ihren Ideen treu geblieben und hatte sie in Taten umgesetzt. Und sie hatte noch viele Pläne!
    Oft hatte sie sich vorgestellt, wie es wohl sein würde, wenn ihr Vater einmal nicht mehr wäre, wie es ihr damit ginge und was sich ändern würde. Jetzt, da es geschehen war, musste sie feststellen, es war härter, als sie je gedacht hatte. So viele Dinge erinnerten an ihn. Mit seinem Rollstuhl war er immer irgendwo auf dem Gelände anzutreffen gewesen, und auch jetzt hätte es sie wider besseres Wissen nicht gewundert, wenn er gleich um die nächste Ecke gebogen wäre. Sie fror, trotz der recht warmen Temperaturen. Sie fühlte sich plötzlich allein, so allein wie nie in ihrem Leben. Sie brauchte jemanden, dem sie vertraute, mit dem sie reden konnte, der sie verstand. Sie

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