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Nebelschleier

Titel: Nebelschleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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und überlegte, ob er bei Beas Kursteilnehmerin klingeln und nach Irinas Wohnung fragen oder ob er es einfach auf gut Glück versuchen sollte. Es gab ja nur zwei Möglichkeiten, rechts oder links von dem Haus mit der roten Tür.
    Schon beim ersten Vorbeifahren war ihm ein älterer Mann in einer bunt gemusterten Strickjacke aufgefallen, der im Vorgarten arbeitete. Jetzt sah er, dass es der Garten nur zwei Häuser von der roten Tür entfernt war. Auf seine Harke gelehnt, beobachtete ihn der Mann sehr genau, als er aus dem Auto stieg. Sehr praktisch, dachte Angermüller und steuerte geradewegs auf ihn zu.
    »Grüß Gott! Vielleicht können Sie mir helfen?«
    Der Mann brummte einen unverständlichen Gruß und etwas wie »Kommt drauf an«.
    »Ich suche eine junge Frau. Langes, blondes Haar, schlank, mittelgroß.«
    »Das tun viele«, ungerührt starrte der Alte ihn an. »Und wieso suchen’s die, wenn ich fragen darf?«
    Schon bedauerte Angermüller, es nicht in dem Haus mit der roten Tür versucht zu haben.
    »Ich bin von der Kripo«, sagte er automatisch, da diese fünf Worte oft als Türöffner dienten.
    »Hams en Ausweis?«
    Er wusste, das konnte ihn in Teufels Küche bringen, wenn Bohnsack davon Wind bekäme – aber warum sollte er. Also zog er seinen Dienstausweis hervor, auf den der Mann einen kritischen Blick warf.
    »Ich kann’s zwar net so gut erkennen ohne mei Brilln, aber der sieht echt aus.«
    Es war Angermüller ein Rätsel, woran er das festmachte, wenn er nicht einmal merkte, dass es ein Lübecker Ausweis war, aber erleichtert steckte er ihn schnell wieder weg.
    »Sie wolln zur Irina, gell? Was wollnsn von der? Wegen ihrm toten Chef wohl?«
    Nanu, der Mann war voll im Bild.
    »Ja, ich suche die Irina. Mehr darf ich Ihnen leider nicht dazu sagen.«
    »Ihre Kollegen waren ja a scho da. Die wohnt dort im übernächsten Haus. Aber ich weiß fei net, ob die da ist. Ich hab vorhin des Auto von ihrem Freund wegfahren sehen.«
    »Danke! Ich versuch’s mal. Sie haben mir sehr geholfen.«
    »Denken Sie an mich, wenn’s e Belohnung gibt, Herr Kommissar!«, sagte der Alte mit einem schiefen Grinsen.
    Auch als Angermüller gleich darauf vor dem sehr gepflegten kleinen Häuschen stand und an der Tür klingelte, ließ ihn die bunte Strickjacke nicht aus den Augen. Es dauerte einen Moment, dann hörte er Stimmen, Schritte und gleich darauf öffnete Irina. Sie blendete ihn fast mit ihrer Aura aus Blond, Weiß und Rosa, die sie umgab. Ihr blondes Haar floss offen um ihr Puppengesicht, und sie steckte in einem strahlend weißen Jogginganzug mit rosa Streifen an Kragen und Manschetten, der bestimmt noch nie ein Sportgerät oder eine Trainingsstrecke gesehen hatte.
    »Guten Tag, Frau Saratov! Kann ich kurz mit Ihnen sprechen?«
    Den Nachnamen hatte er sich vom Klingelschild gemerkt.
    Irina sah ihn misstrauisch an.
    »Mein Name ist Saratova – und bitte sprechen Sie leise. Meine Oma ist krank und regt sich so leicht auf.«
    Die Stimme einer alten Frau rief etwas aus dem Hintergrund, das Angermüller nicht verstand.
    »Alles in Ordnung, Oma!«, antwortete Irina ins Haus hinein und drehte sich wieder zu Angermüller. »Was wollen Sie von mir? Sie sind doch ein Freund von der Steinlein!«
    Das war Pech. Hatte sie ihn also doch wiedererkannt!
    »Ich bin vor allem bei der Polizei und muss deshalb mit Ihnen reden. Kann ich kurz reinkommen?«
    Er hatte Glück und das Erwähnen der Polizei tat auch bei ihr seine Wirkung. Er winkte kurz dem Mann im benachbarten Vorgarten zu, der ihn die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte, und Irina ließ ihn zumindest bis in den Flur kommen.
    »Geht doch schnell, oder? Ich habe nämlich keine Zeit. Mein Freund kommt gleich wieder und holt mich ab.«
    Dann ging es ganz bestimmt schnell. Angermüller hatte keine Lust, sich mit dem Schrank von gestern Nacht auseinandersetzen zu müssen.
    »Es dauert bestimmt nicht lang, Frau Saratova.«
    Er hatte sich vorher schon überlegt, was die sinnvollsten Fragen waren, die er ihr stellen konnte. Da ihr Alibi für ihn nur sehr umständlich nachprüfbar war und er davon ausging, dass das die erste Sache war, die von den Coburger Kollegen abgeklopft worden war, wollte er sich ganz auf Irinas finanzielle Interessen konzen-trieren.
    »Sie haben den Kollegen ja schon Auskunft über vieles gegeben«, sagte er und Irina nickte. »Was mich jetzt noch interessiert, Sie sprachen gestern von Geld, das Sie Ihrer Meinung nach noch zu kriegen haben. Was meinten Sie

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