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Nebelschleier

Titel: Nebelschleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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vielleicht jemand wundert, dass wir nach den gestrigen Ereignissen heute ein Fest feiern: So ist das Leben. Es ist Anfang und Ende in einem. Gestern war Ende und heute ist Anfang. Dieser Abschied von Florian, Linus und Mahi ist ja keineswegs ein trauriger Schlusspunkt, sondern sie gehen den Weg in ihre Zukunft. Florian ist ihn ja schon ein ganzes Stück gegangen und für Linus und Mahi ist es der Auftakt für ein neues, aufregendes Leben, ein verheißungsvoller Anfang! Dafür sind wir heute hier, um ihnen alle unsere guten Gedanken und Wünsche mit auf den Weg zu geben.«
    Ein paar Leute spendeten Beifall. Johannes sah sich um und rieb sich die Hände.
    »So, das war’s schon. Jedenfalls wünsche ich uns allen einen wunderbaren Abend. Das Feuer wärmt ja schön, aber leider nur von vorn, und an meiner Kehrseite find ich’s schon ziemlich frisch. Also mein Tipp: Im Hofcafé ist’s warm und gemütlich und es gibt was zu essen und zu trinken. Und jetzt, wo ich gesehen hab, dass der Schorsch inzwischen auch gekommen ist, da können wir das Buffet ja eröffnen!«
    Johannes erntete begeisterte Zustimmung und man strömte nach drinnen. Angermüller boxte seinem Freund leicht gegen den Oberarm.
    »Wegen mir wird das Buffet eröffnet, ja?«
    »Hast etwa keinen Hunger?«
    »Aber wie!«
    »Na also! Wusst ich doch.«
    »Hier, für dich, auch wenn du falsche Behauptungen über mich in die Welt setzt!«
    Johannes nahm den Vogelbeerbrand entgegen und besah sich interessiert das Etikett.
    »Den testen wir aber zusammen! Danke, Schorsch!«
    Angermüller hielt nach Rosi Ausschau. Er entdeckte sie hinter dem Tresen, wo sie sich um die Getränke kümmerte, und überreichte ihr seinen Blumenstrauß. Rosi freute sich sehr, und als sie ihn umarmte, um sich zu bedanken, flüsterte sie ihm ins Ohr: »Danke! Du hattest recht, dass wir feiern sollten, Schorsch. Mir geht’s schon viel besser.«
    Sie tauschten einen Blick des Einverständnisses. Wahrscheinlich lag es eher daran, glaubte Angermüller zu wissen, dass sich Rosis Angst, Johannes könne in den Mord an ihrem Vater verwickelt sein, in Nichts aufgelöst hatte. Kaum hatte er wieder an den toten alten Mann gedacht, begannen in Angermüllers Kopf, trotz seines nicht mehr zu verdrängenden Hungergefühls, die Fragen zu kreisen, die ihn seit seinem Besuch bei Irina nicht mehr losließen. Der Fall Steinlein zog ihn fast schon genauso in seinen Bann, wie es manche Fälle in Lübeck taten, wenn er und die Kollegen sich nah am Ziel fühlten, es aber irgendwo hakte. Wie sollte er weiter vorgehen? Wie seine erworbenen Erkenntnisse optimal verwerten? Er musste zugeben, er vermisste den Dialog mit seinem Partner Claus Jansen, der manchmal eine ganz andere Sichtweise hatte, sodass sie harte Diskussionen führten. Oft erwies sich das aber als sehr fruchtbar und konstruktiv. War es zu riskant, Ottmar Fink einfach allein aufzusuchen? Sollte er das noch an diesem Abend tun? Was war wohl mit Steinleins Computer passiert?
    Ein wenig ratlos stand Angermüller im Café herum und blickte geistesabwesend auf die Leute, die mit gefüllten Tellern an den Tischen Platz suchten. Schließlich siegte doch sein ziemlich leerer Magen und auch er begab sich zum Buffet und tauchte ein in die köstliche Vielfalt der Speisen, die auf einer langen Tafel aufgebaut waren. Jemand hob den Deckel von einem Topf auf der Warmhalteplatte und schöpfte sich Beas Spezialcurry auf den Teller. Es duftete märchenhaft. In einem Korb neben dem Currytopf lagen die kleinen indischen Fladenbrote bereit. Angermüller lugte in die große Suppenschüssel daneben. Sie enthielt Rosis cremige Kürbissuppe. Ihm lief das Wasser im Munde zusammen. Es wollte wohlüberlegt sein, womit er sein Mahl anfing, denn natürlich wollte er von den meisten Sachen wenigstens kosten.
    In der Ecke vor der kleinen Küche des Hofcafés hatte sich eine Schlange gebildet, und Angermüller spähte, was es da wohl Besonderes gäbe. Er hörte Beas lautes Lachen, und ein fremdartiger, sehr delikater Duft zog ihm in die Nase. Er nahm sich einen Teller und Besteck und stellte sich hier erst einmal an. Etwas frisch Gemachtes war natürlich ein ganz besonderer Leckerbissen. Der große Mann mit den breiten Schultern, der vor ihm stand, drehte sich zu ihm um. Es war der Pfarrer, heute nicht in Motorradkluft, sondern in Jeans und dunkelblauem Troyer.
    »Guten Abend! Ich bin der Henning Storbeck, der Pfarrer.«
    Er hielt Angermüller seine beeindruckend kräftige Rechte hin

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