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Nebelschleier

Titel: Nebelschleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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wir dazu da, die Scherben hinter euch einzusammeln und die Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen.«
    »So ähnlich«, nickte Henning. »Nur dass wir den Glauben an das Gute im Menschen nie verlieren. Jeder kann vom Saulus zum Paulus werden.«
    »Ich erleb’s meistens umgekehrt: Jeder kann zum Verbrecher werden, wenn die Voraussetzungen stimmen.«
    »Macht dir der Job denn noch Spaß mit diesem Wissen?«
    »Schon. Aber das Gleiche könnte ich dich auch fragen. Du weißt doch auch, dass die Menschen immer wieder sündigen werden.«
    »Aber ich glaube auch an eine Vergebung der Sünden. Das gehört bei uns zum Job.«
    »Und ich glaube, dass wir letztlich jeden Täter kriegen. Das gehört bei mir zum Job«, meinte Angermüller im Brustton der Überzeugung. Henning musste lachen.
    »Na denn viel Erfolg und Prost! Auf weiterhin gute Zusammenarbeit!«
    Sie stießen mit ihren Bierkrügen an.
    »Na und? Was sagt der Profi zu unserem ersten Mord in Niederengbach seit – ja seit wann überhaupt? Seit 50 Jahren?«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass es zu meiner Zeit hier einen Mord gegeben hat«, meinte Angermüller. »Und wenn danach was passiert wäre, hätten’s meine Mutter und meine Schwester mir mit Sicherheit brühwarm erzählt.«
    »Und, hast du einen Tipp, wer es gewesen sein könnte? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dich als Kriminaler die Sache hier überhaupt nicht interessiert.«
    »Mmh«, Angermüller zögerte ein wenig. »Ich bin im Urlaub und ich darf hier ja überhaupt nicht tätig werden. Wenn ich eigenmächtig ermitteln würde und die Kollegen hier davon Wind bekämen, gäbe es einen Riesenärger.«
    Hennings klare, blaue Augen sahen ihn prüfend an.
    »Lässt dich der Fall denn wirklich völlig kalt?«
    »Na ja – so einiges kriegt man ja sowieso mit, ob man will oder nicht. Und dann zieht man seine Schlüsse …«
    »Und was hast du rausbekommen?«
    »Du, Henning, ich denke nur über den Fall nach, ich ermittle nicht.«
    »Aber in welche Richtung gehen deine Überlegungen?«, beharrte Henning. »Ich finde das unglaublich spannend. Ich würde ja erst mal das nähere Umfeld des Opfers untersuchen. Wer hat ein Motiv? Wer profitiert am meisten davon?«
    Georg Angermüller lächelte und stand auf.
    »Du kannst sicher sein, Henning, dass die Kollegen in Coburg genau diesen Fragen nachgehen. Und ich mach mir halt auch ein paar Gedanken dazu.«
    Henning gab es auf, weiter nachzubohren. Er erhob sich ebenfalls und sie gingen beide noch einmal zum Buffet. Anschließend führte Henning ihn an den Tisch einer Runde von Frauen, die sich ausgezeichnet zu amüsieren schien, und stellte ihm seine Frau Regina vor, eine große, sympathische Person, die mit der gleichen Festigkeit wie ihr Mann Angermüllers Hand drückte. Dann nahm ihn Bea mit und präsentierte ihm stolz ihren Sohn. Mahi sah in Wirklichkeit fast noch besser aus als auf dem Foto in Beas Küche. Er war sehr offen und kommunikativ, und es machte Spaß, sich mit ihm zu unterhalten.
    Als Angermüller sich am Tresen ein Wasser holte – ein Bier wäre ihm lieber gewesen, aber er wollte ja vielleicht noch Auto fahren –, winkten ihm einige der Bekannten, die er unter den Gästen gesehen hatte, und er gesellte sich zu ihnen. Man freute sich über das Wiedersehen nach langer Zeit, fragte, wie es so ging – auch sein lädiertes Auge war immer wieder ein beliebtes Thema –, und tauschte Erinnerungen aus. Doch so ganz bei der Sache war Angermüller nicht. Innerlich kämpfte er die ganze Zeit mit sich, ob er jetzt noch nach Coburg fahren und versuchen sollte, mit Ottmar Fink zu sprechen. Er musste allerdings erst einmal herausfinden, wie und wo er Fink erreichen konnte. Johannes hatte nur einen uralten Rechner, wusste er, und er wollte ihn jetzt auch nicht danach fragen. Aber bestimmt gab es auch bei den jungen Leuten benutzbare Computer und er könnte die Daten im Internet recherchieren.
    Er verabschiedete sich von seinen Gesprächspartnern und suchte nach Florian. Der stand mit Freunden draußen an den Resten des Lagerfeuers und führte ihn auf seine Frage hin sofort in sein Zimmer, wo der Laptop im Nu betriebsbereit war. Angermüller hatte Glück. Ottmar Fink fand sich samt Adresse im Online-Telefonverzeichnis, und ein Blick auf Google Maps zeigte ihm, dass er im Süden von Coburg wohnte, in einer kleinen Nebenstraße vom Marschberg. Inzwischen war es schon kurz vor zehn. Aber Ottmar hatte ja gesagt, er solle sich melden, um ein Bier mit ihm zu trinken,

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