Nebelschleier
›Militanten Feldmäuse‹ auch dazu einladen. Es wäre, glaube ich, wirklich sinnvoll, die in unsere Aktivitäten mit einzubinden. Dann können die auch weniger Mist machen«, schlug Johannes vor.
Thomas nickte.
»Wir müssen auf jeden Fall dafür sorgen, dass diese Brandstiftung vom Motschmann in der Öffentlichkeit im richtigen Kontext gesehen wird: dass er sich und andere gefährdet hat, um die Gentechnikgegner zu diskreditieren, und dass es letztlich bei der ganzen Geschichte mal wieder um eine Menge Geld geht.«
»Ich mein, ich hab keine Ahnung«, mischte sich Reginas Freundin Birgit ein. »Aber ist das denn wirklich so ein Problem mit dieser Gentechnik?«
»Liebe Birgit, würde die Gentechnik keine Gefahren bergen, bräuchten wir kein Gentechnikgesetz, denn es soll unter anderem ja den Verbraucher vor gentechnisch verunreinigten Produkten schützen. Für uns Erzeuger fängt das Problem aber schon da an, dass wir dafür haften, dass unsere Produkte frei davon sind, statt dass der zur Verantwortung gezogen wird, der die Verunreinigung verursacht. Das ist doch absurd!«, mit jedem Wort war Johannes lauter geworden. Birgit, die eigentlich noch etwas anfügen wollte, kam nicht mehr zu Wort, denn jetzt hatte sich Johannes in Fahrt geredet.
»Und dann gibt’s in Niederengbach tatsächlich Mitmenschen, die den Camposano-Leuten ihr Land verkaufen wollen! Die denken überhaupt nicht darüber nach, was es bedeutet, so in die Natur einzugreifen und welche Folgen das für Mensch, Tier und Pflanze haben kann. Folgen, die noch in keinster Weise erforscht sind!«
»Guten Abend! Nanu, wo bin ich hier denn gelandet?«
In ihrem eleganten, schwarzen Kleid stand Paola plötzlich vor ihnen. Ihr aufgestecktes Haar hatte sich ein wenig gelockert, sodass viele von den kleinen, schwarzen Löckchen in ihr Gesicht fielen, und auf den Wangen stand eine leichte Röte. Georg sah sie überrascht an. Sie sah bezaubernd aus.
»Ich dachte, hier wird gefeiert, und nun ist mein Herr Schwager bloß wieder beim Agitieren«, sagte sie und schenkte der Runde ein strahlendes Lächeln.
»Guten Abend, Paola«, antwortete Johannes. »Klar wird hier gefeiert, und dazu bist du herzlich willkommen!«
»Was ich gerade gehört habe, passt aber eher zu deiner alternativen Kampftruppe gegen die böse, böse Gentechnik.«
»Ach Paola«, jetzt klang Johannes verärgert. »Rede doch bitte nicht über Dinge, die dir sonst wurschtegal sind! Wir wissen doch beide, dass du von einem andern Stern kommst.«
Damit drehte er sich einfach weg und begann mit Henning zu reden. Paola lachte laut auf. Sie ließ sich nicht so einfach den Mund verbieten.
»Sag Johannes, wie ist das eigentlich so als edler Streiter für die gerechte Sache? Ist das ein gutes Gefühl?«
Doch Johannes unterhielt sich konzentriert mit Henning und gab zumindest vor, ihre spitze Bemerkung gar nicht gehört zu haben. Rosi ging zu ihrer Schwester und umarmte sie kurz. Wenn sie der Wortwechsel zwischen Paola und ihrem Mann irritiert haben sollte, so ließ sie es sich nicht anmerken. Sie sagte freundlich: »Schön, dass du da bist, Paola! Magst noch was essen?«
»Lieber was trinken! Bei euch gibt’s doch bestimmt einen Biowein? Der ist zwar vielleicht mehr Bio als Wein …«, Paola sprach lauter als eigentlich nötig, sodass auch Gäste an den anderen Tischen aufmerksam wurden. Offensichtlich wollte sie Publikum.
»Natürlich! Wir haben einen Riesling aus Franken und einen Rosso Toscano.«
»Ich nehm den Italiener – naturalmente!«, wieder ließ Paola ihr helles Lachen hören, als hätte sie einen guten Witz gemacht, und ging dann hinüber zu Georg. Thomas, der neben ihm saß, stand auf und bot ihr seinen Stuhl an.
»Grazie!«, bedankte sie sich überschwänglich mit einer Kusshand und setzte sich. »Ciao Giorgio!«
Sie strich ihm mit den Fingern über seine Locken und gab ihm einen zarten Kuss auf die Wange. Angermüller blinzelte verstohlen in die Runde, ob diese vertraute Geste von jemandem registriert worden war, und sah Beas spöttischen Blick auf sich ruhen.
»Paola, das ist ja schön, dass du es doch noch geschafft hast!«
Sie strahlte ihn an, und er bemerkte, jetzt da sie neben ihm saß, dass sie ziemlich stark nach Alkohol roch.
»Bist du schon in Coburg gewesen?«, fragte sie und sah ihn gespannt an. Georg bedeutete ihr, leise zu sprechen, verneinte und sagte nur, dass er sein Vorhaben auf morgen verschoben habe. Rosi brachte ein Glas Rotwein für Paola, sie prostete
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