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Nebelschleier

Titel: Nebelschleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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gebaut, weil eine seltene Kröte dort laicht, morgen wird ein Flughafen verhindert, weil dort irgendein komischer Vogel nistet, und keiner kann erklären, was Gentechnik ist, aber jeder hat Angst davor und ist dagegen. Wo soll das hinführen?«
    »Zu einer gesunden Umwelt, in der das Wohl von Mensch, Tier und Pflanze nicht den finanziellen Interessen internationaler Saatgutkonzerne geopfert wird«, antwortete Johannes ruhig, der gerade mit Rosi hereingekommen war. »Ich erzähle Ihnen gern noch mehr darüber, wenn es Sie interessiert. Aber Grüß Gott erst mal alle miteinander! Wo ist das Geburtstagskind?«
    Johannes sah ungewohnt seriös und vornehm aus in dem dunklen Anzug, den er zu Ehren von Angermüllers Mutter trug, seine blonde Mähne war ordentlich zu einem Zopf gebunden. Auch Rosi war sehr elegant in ihrem naturfarbenen Leinenkleid, zu dem sie eine schlichte goldene Kette angelegt hatte. Sie überreichten der Jubilarin ihr Geschenk und einen riesigen Strauß bunter Herbstblumen. Georg hatte gar nicht damit gerechnet, seine Freunde hier zu treffen, doch er wusste, dass Johannes die dörfliche Gemeinschaft sehr wichtig war. Und zumindest bei runden Geburtstagen war es in Niederengbach noch üblich, persönlich seine Glückwünsche zu überbringen. Seiner Mutter war anzusehen, dass sie sich geehrt fühlte und sich über den Besuch der beiden sehr freute.
    Marga suchte nach einer passenden Vase für Rosis Strauß und Georg kümmerte sich um das leibliche Wohl seiner Freunde. Seine Hoffnung, sich bald einmal absetzen zu können, um nach Coburg zu fahren, würde wohl nicht so bald in Erfüllung gehen, denn zwar verabschiedeten sich bereits manche Gäste, aber es kamen auch immer wieder neue nach. Als er mit frisch gewaschenen Gläsern wieder in die Stube kam, war Johannes schon mit Manfred in eine lebhafte Diskussion verwickelt.
    »Aber ihr wisst doch gar nicht, dass die Gentechnik all die Schäden verursacht, die ihr befürchtet. Das ist doch gar nicht bewiesen!«, sagte Manfred gerade, schon wieder ziemlich laut.
    »Abgesehen davon, dass es schon einige Beispiele für die Schädlichkeit gibt, ist das Gegenteil aber erst recht nicht bewiesen, nämlich dass es eine völlig ungefährliche Angelegenheit ist. Was glauben Sie, warum wir hier ein Gentechnikgesetz haben?«, konterte Johannes. »Aber für uns Bauern gibt es noch ganz andere Aspekte: Wir würden uns mit Genpflanzen in die totale Abhängigkeit der Saatgutkonzerne begeben.«
    »Das ist doch auch wieder nur so eine radikale Parole! Immer wenn internationale Firmen im Spiel sind, wittert ihr gleich Abhängigkeit und Ausbeutung.«
    Trotz Manfreds platter Sprüche blieb Johannes ruhig und gelassen.
    »Es gibt die Möglichkeit, mit der sogenannten Terminatortechnologie sterile Pflanzen mit unfruchtbaren Samen zu züchten. Nutzt ein Bauer so eine Sorte, zum Beispiel Mais oder Weizen, die ansonsten vielleicht sehr wünschenswerte angezüchtete Eigenschaften hat, müsste er für jede Aussaat das Saatgut neu kaufen. Nehmen wir mal Indien: Da ist Camposano ganz dick im Geschäft. Jedes Jahr müssen die Baumwollbauern für viel Geld neue Samen kaufen. Die Pflanzen sind viel empfindlicher als die herkömmlichen Sorten, deshalb geht dann bei falschem Wetter oft die ganze Ernte kaputt, oder aber sie muss mit teurem Spezialdünger gepäppelt werden, und wer stellt den wohl her? Na, raten Sie mal!«, lächelte Johannes.
    »Das sind doch Horrorgeschichten aus der Dritten Welt!«
    »Das war nur ein klitzekleiner Ausschnitt dessen, was mit Gentechnologie möglich ist, auch bei uns möglich ist«, sagte Johannes und stand auf. »So, jetzt stärke ich mich erst mal mit einem von den köstlichen Krapfen, die es hier immer gibt.«
    Damit ließ er Georgs anstrengenden Schwager erst einmal sitzen. So beseelt Johannes auch von seiner Mission als engagierter Biobauer war, bei Manfred ging auch ihm irgendwann die Puste aus. Manfred wollte gar nicht wirklich aufgeklärt werden, er wollte nur seine auf Vorurteile gegründeten Statements verkünden und dann ungestört damit weiterleben.
    »Na, wollen wir mal einen Moment an die frische Luft?«, fragte Georg den Freund, als sie sich am Buffet trafen.
    »Gute Idee! Hier drin ist’s wirklich langsam unerträglich. Nicht nur wegen deines Schwagers«, antwortete Johannes leise.
    Die Sonne war immer noch nicht zu sehen, obwohl es schon nach Mittag war. Wind war aufgekommen, und sie wurden von feuchter, kalter Luft empfangen, als sie vor die

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