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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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wiederholte sich regelmäßig, mit ein paar Sekunden Abstand, und es kam von draußen.
    Er öffnete eines der Fenster an der Rückseite des Hauses. Eiskalte Luft drang herein.
    Auf dem Gras schräg unterhalb des Fensters stand ein Junge, etwa ein oder zwei Jahre älter als Livia. Vor seinen Füßen lag ein gelber Plastikfußball. Der Junge hatte braunes, lockiges Haar, das unter seiner Strickmütze hervorlugte, und trug eine nachlässig zugeknöpfte Steppjacke. Mit neugierigem Blick sah er zu Joakim hoch.
    »Hallo«, sagte Joakim.»Hallo«, erwiderte der Junge.
    »Es ist keine so gute Idee, hier mit dem Fußball zu kicken«, sagte Joakim. »Wenn du danebenschießt, könnte eines der Fenster kaputtgehen.«
    »Ich ziele auf die Wand«, winkte der Junge ab. »Und ich treffe immer, wo ich hinziele.«
    »Na super, wie heißt du denn?«
    »Andreas.«
    Der Junge rieb sich die rote Nasenspitze mit der Handfläche.
    »Und wo wohnst du?«
    »Da drüben.«
    Er zeigte auf den benachbarten Bauernhof. Andreas war also ein Kind der Familie Carlsson und offensichtlich auf Streifzug.
    »Willst du nicht reinkommen?«, fragte Joakim.
    »Warum?«
    »Du kannst Livia und Gabriel kennenlernen«, schlug Joakim vor. »Das sind meine Kinder … Livia ist ungefähr so alt wie du.«
    »Ich bin sieben«, gab Andreas an. »Ist sie auch schon so alt?«
    »Nein. Aber ihr seid fast gleich alt.«
    Andreas nickte. Er kratzte sich an der Nase und hatte dann einen Entschluss gefasst.
    »Nur kurz. Es gibt bald Essen.«
    Er nahm seinen Ball unter den Arm und verschwand um die Hausecke.
    Joakim schloss das Fenster und rief seine Kinder.
    »Livia, Gabriel! Wir haben Besuch!«
    Es dauerte einen Augenblick, bevor Livia mit Foreman unter dem Arm auftauchte.
    »Was?«
    »Da ist jemand, der dich kennenlernen will.«
    »Wer denn?«
    »Ein Junge.«
    »Ein Junge?«, wiederholte Livia mit aufgerissenen Augen. »Ich will den nicht kennenlernen. Wie heißt er denn?«
    »Andreas. Er wohnt auf dem Nachbarhof.«
    »Aber ich kenne ihn doch gar nicht, Papa!«
    Sie klang panisch. Aber bevor Joakim noch etwas Kluges sagen konnte, wie etwa, dass man kaum davon krank werden würde, jemand Neues kennenzulernen, ging die Eingangstür auf, und Andreas stand auf der Schwelle. Unschlüssig blieb er auf der Fußmatte stehen.
    »Komm rein, Andreas«, begrüßte ihn Joakim. »Zieh dir ruhig die Mütze und die Jacke aus.«
    »Okay.«
    Der Junge zog sich die Sachen aus und ließ sie zu Boden gleiten.
    »Hast du das Haus schon einmal von innen gesehen?«
    »Nein, es ist immer abgeschlossen gewesen.«
    »Jetzt nicht mehr, jetzt steht es offen. Wir wohnen jetzt hier.«
    Andreas und Livia musterten sich gegenseitig, aber keiner von beiden sagte ein Wort.
    Gabriel stand in der Tür zu seinem Zimmer und starrte den neuen Gast schüchtern an. Aber auch er blieb stumm.
    »Ich habe mitgeholfen, die Kühe zurück auf den Hof zu treiben«, sagte Andreas nach einer langen Schweigepause. »Von der Weide dort draußen.«
    »Heute?«, fragte Joakim.
    »Nein, letzte Woche. Sie müssen jetzt im Stall stehen, sonst erfrieren sie.«
    »Ja, alle Lebewesen brauchen im Winter Wärme«, sagte Joakim. »Kühe, Vögel und Menschen.«
    Livia starrte Andreas weiterhin unverwandt und voller Neugier an, ohne sich jedoch am Gespräch zu beteiligen. Als kleiner Junge war Joakim auch sehr schüchtern gewesen, es wäre schade, wenn Livia diese Eigenschaft von ihm geerbt hätte.
    »Ihr könnt Fußball spielen«, schlug er vor. »Ich habe den perfekten Raum dafür.«
    Er ging voraus, die Kinder im Schlepptau. In dem großen, fast unmöblierten Festsaal standen lediglich ein paar Stühle und Umzugskartons.
    »Hier könnt ihr spielen«, sagte Joakim und stellte drei der Kartons zum Schutz der Scheiben in die Fensterrahmen.
    Andreas ließ seinen Fußball zu Boden fallen, dribbelte ein bisschen damit und schoss ihn dann zu Livia. Alter Staub wirbelte auf und durchzog den Raum wie ein dünner, grauer Schleier.
    Livia trat nach dem Ball, der auf sie zugerollt kam. Sie verfehlte ihn. Gabriel jagte hinter ihm her, konnte ihn aber nicht fangen.
    »Versucht ihn erst mit dem Fuß anzuhalten«, schlug Joakim seinen Kindern vor.
    Livia sah ihn wütend an, als würde sie sich gute Ratschläge verbitten. Dann wirbelte sie um ihre Achse und stoppte den Ball mit der Fußspitze in der Ecke des Raumes und schoss ihn zu Andreas zurück.
    »Guter Schuss«, lobte Andreas sie.
    Du Flirter, dachte Joakim, aber Livia lächelte

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