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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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dann die rechte Tür.
    Henrik folgte ihm. Hinter sich vernahm er Freddys Atem und seine schweren Schritte.
    Hinter der Tür befand sich ein Salon – die gute Stube, mit vielen kleinen Holztischchen bestückt, auf denen allerlei Zierrat stand. Das meiste davon war Müll, zumindest sah es so aus, auf einem der Tische jedoch stand eine große, småländische Kristallvase. Sehr edel. Henrik legte sie in den Rucksack.
    »Henke?«
    Tommys Flüstern kam aus der anderen Ecke des Raumes. Er hatte eine Kommode geöffnet, die Schubladen herausgezogen und einen wahren Fund gemacht: mehrere Reihen von Silberbesteck und mindestens zehn Serviettenringe aus Gold. Halsketten, Broschen und ein Bündel mit Geldscheinen – Kronen und ausländische Währungen.
    Ein Schatz.
    Wortlos räumten sie die Schubladen leer. Das Besteck klimperte ein wenig, als sie es einpackten, und Henrik legte Leinenservietten dazwischen, um die Geräusche zu dämpfen.
    Die Rucksäcke waren in kürzester Zeit gut gefüllt und schwer.
    Gab es noch mehr Dinge, die den Eigentümer wechseln konnten?
    An den Wänden hingen Gemälde, aber die waren zu groß und unhandlich. Henriks Blick fiel auf einen schlanken, hohen Gegenstand in einem der Fenstersimse. Er schob die Gardine beiseite.
    Es war eine Art Lampe aus Glas und lackiertem Holz, etwa dreißig Zentimeter hoch und halb so breit. Ganz hübsch eigentlich. Die würde auch gut in seine Wohnung passen, wenn sich dafür kein Hehler fände. Er wickelte sie in eine Tischdecke ein und verstaute sie vorsichtig in seinem Rucksack.
    Das war genug fürs Erste.
    Als sie in die Eingangshalle zurückkamen, fehlte von Freddy jede Spur. War er etwa weiter im Haus herumgelaufen?
    Die Tür zur Küche wurde aufgestoßen, und weil sich Henrik so sicher war, dass Freddy nun auftauchen würde, drehte er noch nicht einmal den Kopf – doch da hörte er, wie Tommy nach Luft schnappte.
    In der Tür stand ein kleiner, weißhaariger älterer Herr.
    Er trug einen braunen Pyjama und schob sich gerade ein paar dicke Brillengläser auf die Nase.
    Verdammt und zugenäht. Sie waren schon wieder erwischt worden.
    »Was machen Sie hier?«
    Eine sonderbare Frage, die auch von niemandem beantwortet wurde. Henrik spürte, wie Tommy neben ihm erstarrte, wie ein Roboter, der auf Angriffsmodus umstellte.
    »Ich rufe die Polizei!«, drohte der Mann.
    »Shut up!«
    Tommy stürzte auf ihn zu. Er war mindestens einen Kopf größer als der Mann und schubste ihn energisch in die Küche zurück.
    »No moves!«, schrie Tommy und trat nach ihm.
    Der Mann verlor seine Brille, stolperte und fiel zu Boden. Der einzige Laut, der ihm entwich, war ein lang gezogenes Zischen.
    Henrik sah etwas Spitzes in Tommys Hand aufblitzen, ein Messer oder einen Schraubenzieher.
    »Das reicht jetzt!«
    Er sprang auf seinen Komplizen zu, um Schlimmeres zu verhindern, stolperte aber über einen Teppich und trat dem alten Mann mit seinem Stiefel direkt auf die Hand. Ein knackendes Geräusch war zu hören.
    »Los, komm!«, rief eine Stimme, vielleicht sogar seine eigene.
    »Sprich Englisch!«, zischte Tommy.
    Henrik stolperte erneut und stieß gegen den Marmortisch. Der große Spiegel mit Goldrand stürzte zu Boden und zersprang mit einem ohrenbetäubenden Lärm. Verdammt. Es fühlte sichan wie auf einer Tanzfläche, alles war verschwommen, ging zu schnell und war unberechenbar. Er hatte die Kontrolle verloren. Und wo zum Teufel war Freddy?
    Da hörte er hinter sich eine hellere Stimme rufen.
    »Verschwinden Sie!«
    Henrik wirbelte herum. Neben dem Gestürzten stand eine Frau, sie war noch kleiner als er und hatte Todesangst.
    »Gunnar?«, rief sie und kniete sich neben ihren Mann. »Gunnar, ich habe die Polizei gerufen!«
    »Komm!«
    Henrik lief los, ohne zu überprüfen, ob Tommy seiner Aufforderung folgte. Und Freddy war nirgends zu sehen.
    Schnell auf die Terrasse und hinaus in die Nacht.
    Henrik jagte über den gefrorenen Rasen, ließ die Hausecke hinter sich und rannte geradeaus in den Wald hinein. Die Äste schlugen ihm ins Gesicht, der Rucksack riss an seinen Schultern, und er konnte keinen Weg erkennen, lief aber unbeirrt weiter.
    Plötzlich hielt etwas seinen Fuß fest, und er flog durch die Luft.
    Er stürzte in die Dunkelheit, in Laub und Zweige.
    Ein harter Schlag traf ihn am Kopf. Alles verschwamm.
    Schwarze Übelkeit.
    Als Henrik wieder zu sich kam, stellte er fest, dass er auf allen Vieren über den Waldboden kroch. Langsam schleppte er sich mit stechendem

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