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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Mittag in dem einzigen Restaurant in Byxelkrok, das auch im Winter geöffnet hatte, und fuhren danach zurück nach Marnäs und verließen die Wohnung nicht mehr.
    Nach ihrer Rückkehr wurde Martin jedoch verschlossener, fand Tilda, obwohl sie sich alle Mühe gab, ihre Unterhaltung fortzusetzen.
    Sie gingen schweigend zu Bett, und am nächsten Morgen setzte sich Martin dann nach dem Sex auf die Bettkante, um sich auszusprechen. Ohne Tilda ein einziges Mal in die Augen zu sehen, erzählte er ihr von seinen Gedanken, seit sie nach Öland gezogenwar. Er habe viel über seinen Lebensentwurf nachgedacht und einen Entschluss gefasst. Und es fühle sich richtig an.
    »Das wird auch für dich das Richtige sein«, sagte er überzeugt. »Richtig für uns alle.«
    »Du meinst … dass du mich verlässt?«, fragte sie leise.
    »Nein, dass wir einander verlassen.«
    »Ich bin doch deinetwegen hierhergezogen.« Tilda redete mit Martins nacktem, ziemlich behaartem Rücken. »Ich wollte nicht weg aus Växjö, ich habe das für dich getan. Ich will nur, dass du das weißt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Die Leute haben angefangen, über uns zu reden. Ich wollte, dass das aufhört.«
    Martin nickte.
    »Alle lieben den Tratsch«, sagte er. »Aber jetzt haben sie keinen Anlass mehr.«
    Vielmehr gab es eigentlich nicht dazu zu sagen. Fünf Minuten später war Martin angezogen und griff nach seiner Tasche, ohne Tilda in die Augen zu sehen.
    »Na, dann«, sagte er verlegen.
    »Dann war es das alles nicht wert?«, fragte sie.
    »Doch«, entgegnete er. »Sehr lange. Aber jetzt nicht mehr.«
    »Du bist so konfliktscheu!«
    Martin antwortete nicht. Er öffnete die Tür.
    Tilda unterdrückte den Impuls, ihm Grüße an seine Frau hinterherzurufen.
    Sie hörte, wie sich die Eingangstür hinter ihm schloss und seine Schritte durchs Treppenhaus hallten. Er würde in sein Auto steigen und zu seiner Familie fahren, als wäre nichts gewesen.
    Tilda blieb nackt und verwirrt im Bett sitzen.
    Alles war still. Auf dem Boden lag ein benutztes Kondom.
    »Bist du gut genug?«, fragte sie ihr verschwommenes Spiegelbild im Fenster.
    Nein, hattest du das geglaubt?
    Du bist nur »Die andere Frau«.
    Nachdem sie eine halbe Stunde in Selbstmitleid gebadet und den Impuls unterdrückt hatte, sich ihre blonden Haare abzurasieren, war Tilda endlich aufgestanden. Sie duschte sich, zog sich an und machte sich auf den Weg ins Altersheim, um Gerlof zu besuchen. Alte Menschen ohne Liebeskummer waren jetzt genau das, was sie brauchte.
    Aber bevor sie ihren Plan in die Tat umsetzen konnte, hatte das Telefon geklingelt und der wachhabende Polizist in Borgholm sie zu einem Einsatz gerufen: Einbrecher waren am Wochenende in ein Pfarrhaus nördlich von Marnäs eingedrungen. Die Besitzer, ein Rentnerehepaar, hatten sie auf frischer Tat ertappt, und jetzt lag der Mann mit Kopfverletzungen und mehreren Frakturen im Krankenhaus.
    Arbeit war das perfekte Mittel, um Tildas Schmerz zu betäuben.
    Als sie gegen zwei Uhr das Pfarrhaus erreichte, begann die Sonne bereits unterzugehen.
    Der Erste, dem sie vor Ort begegnete, war Hans Majner. Im Gegensatz zu ihr trug er Uniform und stolzierte mit einer blauweißen Rolle Absperrband und Schildern mit der Aufschrift POLIZEISPERRE umher.
    »Wo waren Sie denn gestern?«, fragte er.
    »Ich hatte frei«, erwiderte Tilda. »Ich habe keinen Notruf erhalten.«
    »Darum muss man sich selbst kümmern.«
    Tilda schlug die Wagentür zu.
    »Halten Sie Ihr Maul«, zischte sie ihn an.
    Majner drehte sich zu ihr um.
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Ich sagte, Sie sollen Ihr Maul halten«, wiederholte Tilda deutlich. »Es gibt keine Notwendigkeit, mich ununterbrochen zurechtzuweisen.«
    Damit hatte sie definitiv für alle Zeiten ihre Chancen bei Majner verspielt. Aber das interessierte sie überhaupt nicht mehr.
    Wie versteinert starrte er sie an, als habe er nicht begriffen, was sie soeben gesagt hatte.
    »Ich weise Sie nicht zurecht«, verteidigte er sich dann.
    »Ach nein? Geben Sie mir mal das Band.«
    Schweigend begann sie, die Rückseite des Pfarrhauses abzusperren, und suchte dabei auf dem Grundstück nach Fußspuren, die sie sichern musste. Die Spurensicherung würde erst Montagmorgen aus Kalmar anrücken.
    In dem lehmigen Boden fanden sich tatsächlich einige Fußabdrücke. Sie schienen von Männerschuhen oder -stiefeln mit geriffelter Sohle zu stammen. Und im Gebüsch zwischen den Bäumen waren Spuren von einem Sturz zu sehen. Jemand schien dort der

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