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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Tote zurückkehren können …, aber jetzt weiß ich nicht mehr, was ich glauben soll. Es sind hier so viele seltsame Dinge geschehen.«
    Schweigen.
    »Was man auch glaubt zu sehen oder zu spüren«, nahm Gerlof das Gespräch wieder auf, »es kann gefährlich sein, sich von den Toten beherrschen zu lassen.«
    »Ja«, stimmte Joakim leise zu.
    »Oder zu versuchen, sie herbeizurufen … um ihnen Fragen zu stellen.«
    »Fragen?«
    »Man weiß nie, welche Antworten man bekommt«, warnte Gerlof.
    Joakim schaute in seine Tasse und nickte.
    »Ich habe in letzter Zeit viel über diese Legende nachgedacht, die besagt, dass sie noch einmal hierher zurückkehren.«
    »Wer?«
    »Die Toten. Als ich vor Kurzem bei den Nachbarn zum Kaffee eingeladen war, habe ich davon gehört. Dass die Toten jedes Jahr zu Weihnachten zurückkehren. Ich würde gerne wissen, ob Sie mir dazu mehr erzählen können?«
    »Das ist eine sehr alte Legende«, sagte Gerlof. »Die wird überall erzählt, nicht nur auf Åludden. Die Christmette der Toten. Alle, die im Verlauf des Jahres gestorben sind, kehren zurück, um eine Andacht zu feiern. Und jeder, der sie dabei stört, muss um sein Leben bangen.«
    Joakim nickte.
    »Eine Begegnung mit den Toten.«
    »Genau. Der Glaube daran, dass man seine Toten noch ein letztes Mal wiedersehen könnte, und zwar nicht nur in der Kirche, sondern auch zu Hause, der war sehr ausgeprägt.«
    »Zu Hause?«
    »Laut Volksglaube soll man an Weihnachten Kerzen anzünden und sie in die Fenster stellen«, erklärte Gerlof, »damit die Toten nach Hause finden können.«
    Joakim beugte sich vor.
    »Aber das bezieht sich doch nur auf die Menschen, die auf dem Hof gestorben sind, oder?«, fragte er. »Oder kamen auch die anderen Toten?«
    »Meinen Sie die ertrunkenen Seeleute?«, erkundigte sich Gerlof vorsichtig.
    »Ja, Seeleute … oder eben andere Familienmitglieder, die woanders gestorben sind. Kamen die auch zurück?«
    Gerlof schaute kurz zu Tilda hinüber und schüttelte dann den Kopf.
    »Das ist ja nur eine Legende«, beschwichtigte er. »Gerade um Weihnachten rankten sich viele abergläubische Geschichten … es war schließlich der Zeitpunkt der Wintersonnenwende, wenn die Dunkelheit die Menschen am meisten bedrückte und der Tod ihnen am nächsten schien. Danach wurden die Tage wieder länger, und das Leben kehrte zurück.«
    Joakim schwieg.
    »Ich freue mich darauf«, sagte er dann. »Es ist jetzt immer so dunkel … ich freue mich, wenn sich alles wieder wendet.«
    Ein paar Minuten später standen sie im Hof, um sich zu verabschieden. Joakim gab ihnen die Hand.
    »Es ist schön hier draußen«, sagte Gerlof und nahm seine Hand. »Aber seien Sie auf der Hut vor dem Nebelsturm.«
    »Nebelsturm«, wiederholte Joakim. »Sie meinen den gefährlichen Schneesturm?«
    Gerlof nickte.
    »Der kommt nicht jedes Jahr, aber ich bin mir ziemlich sicher,dass er uns in diesem Winter heimsucht. Und er kommt ganz plötzlich. Da ist es nicht ratsam, hier am Meer im Freien zu sein. Auf jeden Fall nicht für die Kinder.«
    »Und wie können die Leute auf Öland diesen Nebelsturm voraussagen?«, fragte Joakim. »Liegt irgendetwas Besonderes in der Luft?«
    »Wir schauen auf das Thermometer und hören den Wetterbericht«, antwortete Gerlof. »Es wurde in diesem Jahr sehr früh sehr kalt, das ist in der Regel ein schlechtes Zeichen.«
    »Okay«, sagte Joakim und lächelte. »Wir werden vorsichtig sein.«
    »Das ist gut.« Gerlof nickte und ging auf Tildas Arm gestützt zum Auto. Doch plötzlich ließ er ihren Arm los und drehte sich um. »Noche ine Sache … was trug Ihre Frau an dem Unglückstag?«
    Joakims Lächeln erstarb.
    »Wie bitte?«
    »Können Sie sich erinnern, welche Kleidung sie an dem Tag anhatte?«
    »Natürlich, aber es war nichts Besonderes«, sagte Joakim. »Stiefel, Jeans und eine Winterjacke.«
    »Haben Sie die Kleidungsstücke noch?«
    Joakim nickte. Jetzt sah er wieder müde und bedrückt aus.
    »Das Krankenhaus hat sie mir zurückgegeben. Eingepackt.«
    »Könnte ich sie sehen?«, fragte Gerlof.
    »Sie meinen … sie mitnehmen?«
    »Ja, mitnehmen. Ich werde sie auf keinen Fall beschädigen, nur ansehen.«
    »Okay … aber sie sind immer noch eingepackt«, sagte Joakim. »Ich hole das Paket.«
    Er ging zurück ins Haus.
    »Nimmst du bitte das Paket an dich, Tilda?«, bat Gerlof und ging weiter zum Auto.
    Als Tilda das Auto startete und durch das Hoftor fuhr, lehnte sich Gerlof genüsslich zurück.
    »Das war

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