Nebeltod auf Norderney
Arbeitsraum genutzt wurde, wie die Tische, weißen Decken und Wannen zeigten. Durch eine weitere Spezialtür gelangten sie in den Kühlraum, in dem die Leichen aufbewahrt wurden.
Es war kühl, ja eisig in dem Raum. An der Wand befanden sich die Fächer zur Aufbewahrung der Leichen.
Dr. Flenders trat an eine Bahre, schob das weiße Leichentuch ein Stück beiseite, sodass das blasse Gesicht der Toten sichtbar wurde.
»Handelt es sich um ihre Frau?«, fragte er.
»Heide!«, schrie der Maler auf. Er ergriff den Arm des Arztes und schob ihn nach unten. Für Sekunden wurden die Brüste der Toten sichtbar. Sie waren voll und spitz. Ihre Brustwarzen wirkten bläulich auf der fahlen Haut.
Albert Spatfeld hob beide Arme, legte die Hände vor sein Gesicht und weinte.
Dr. Flenders rückte das Tuch wieder zurecht.
»Gehen wir«, sagte er nur, schritt zur Tür, öffnete sie und ließ den Besuchern den Vortritt.
Die Beamten stützten den schluchzenden Maler. Sie gingen schweigend durch das Vorzimmer und betraten den Aufzug.
»Verzeihung, aber wenn man den geliebten Menschen verliert …«, stammelte der Maler.
»Und wie ich in der Zeitung las, für ein paar tausend Euro«, sagte der Arzt.
Spatfeld nickte.
Sie fuhren hoch, stiegen aus und betraten die Halle. Patienten saßen mit ihren Angehörigen auf den Bänken. Es war wohl Besuchszeit.
»Herr Dr. Flenders, das war’s«, sagte Ailts. »Recht herzlichen Dank. Wir werden hier auf Herrn Spatfeld warten.«
»Lassen Sie es gut sein. Ich gehe zu Fuß nach Hause«, sagte der Maler.
»Kommen Sie morgen gegen neun Uhr zum Kommissariat«, sagte Meyers.
Spatfeld nickte.
Die Beamten verabschiedeten sich. Sie verließen das Krankenhaus, gingen zum Parkplatz, stiegen in den Passat und fuhren zur Dienststelle.
»An der Schmiedegasse stand all die Jahre ein Amboss«, sagte Meyers.
»Der steht nicht mehr da. Am Sonntag habe ich da mein Fahrrad abgestellt«, antwortete Ailts. »Wir werden diesbezügliche Erkundigungen einziehen.«
Sie stellten den Wagen ab und suchten ihr Dienstzimmer auf. Ailts ging zum Eisenschrank und holte die frische Akte »Heide Spatfeld« auf seinen Schreibtisch.
»Freddo, wir können nicht oft genug mit unserem Anliegen an die Öffentlichkeit treten. Verfasse einen Artikel über die Leichenbergung und faxe ihn an den Kurier, die Ostfriesenpost und die Ostfriesischen Nachrichten. Ich mache die Berichte fertig.«
Der Bestatter meldete sich vom Krankenhaus. Er hatte die Leiche übernommen und brachte sie nach Oldenburg zum Gerichtsmedizinischen Institut.
Meyers faxte die Artikel an die Zeitungen. Mittlerweile war es Zeit, Feierabend zu machen.
Am nächsten Morgen begann Meyers um 7 Uhr 30 seinen Dienst. Die Post war schon verteilt. Er nahm sie aus dem Drahtkorb. Er überflog die Briefe und legte sie ab.
Ailts betrat das Dienstzimmer. Er hängte seine nasse Jacke über einen Bügel.
»Es hat ja auch lange nicht mehr geregnet.« Er schaute Meyers unternehmungslustig an. »Heute erscheinen die Artikel in den hiesigen Zeitungen. Ich schätze, die Resonanz wird nicht nennenswert sein.«
Meyers holte die Akte und durchblätterte sie lustlos. »Ich rücke den Steinen, den Decken, dem Amboss und dem übrigen Kram zu Leibe. Der Mörder hat nicht damit gerechnet, dass sie uns in die Hände fallen.«
Er erhob sich und ging zum Abstellraum, wo die Feuerwehrleutedie Utensilien abgelegt hatten. Er zählte die Basaltsteine. Sie hatten die Größe und das Format von Steinen, wie sie zum Straßenbau Verwendung finden. Die Zeltplane stammte aus einem landwirtschaftlichen Betrieb. Sie hatte vorher vermutlich als Wagenplane gedient. Er ordnete die Decken. Sie waren noch fast neuwertig und so groß wie Betttücher. Auch die Plastiktüten waren vorher nicht benutzt worden. Der Amboss hatte keinen Rostansatz. Er hatte wahrscheinlich überdacht gestanden. Meyer fertigte eine Liste an und heftete sie zu den Akten.
Gegen 10 Uhr betrat Albert Spatfeld das Dienstzimmer.
»Moin«, sagte er und reichte den Beamten die Hand. »Ich möchte noch eine Aussage machen. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit meiner Frau, das ich kurz vor ihrem gewaltsamen Tod mit ihr geführt habe. Sie fühlte sich erpresst.« Er saß auf dem Besucherstuhl und erweckte den Eindruck, den Beamten zu helfen, den Fall aufzuklären.
»Können Sie das genauer schildern?«, sagte Ailts.
»Wir besitzen in Nerja, das liegt in Spanien, sechzig Kilometer von Malaga entfernt, eine Wohnung. Meine Frau soll
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