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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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unter Tarif gezahlt und hatte nichts dagegen gehabt, wenn seine Leute Mitglieder der Gewerkschaften waren. Er hatte als korrekt gegolten, Duckmäusertum war ihm zuwider gewesen, und er hatte andererseits viel Verständnis für seine Leute gezeigt, wenn sie unverschuldet in Not geraten waren.
    Albert Spatfeld benachrichtigte ebenfalls die Banken, da Heide ein Sterbevermächtnis von ihrem Mann vorliegen hatte.
    »Jetzt fahre ich mit Ihnen zur Polizei«, sagte er. »Es müsste möglich sein, von den Beamten die Genehmigung zur Beerdigung Ihres Mannes zu bekommen. Erst dann können wir einen Bestatter hinzuziehen. Ich hoffe, dass sich die Freigabe der Leiche nicht verzögert.«
    »Richtig. Wir haben in Hage einen Bestatter, der mir viele Laufereien abnehmen kann«, meinte sie und verschloss den Schreibtisch. »Fahren Sie, meine Nerven sind zu schwach«, fügte sie hinzu.
    Sie verschlossen die Wohnung, stiegen die Treppe hinab und betraten die Garage. Sie gab ihm die Autoschlüssel. Er öffnete die Türen. Sie stiegen ein und fuhren in die Stadt. Sie parkten vor dem imposanten Gebäude, das mit vergitterten Fenstern und gelben Klinkern wie eine Festung wirkte. Es befand sich hinter einem mit Blumen und Palmen bewachsenen Garten. Neben dem Eingang standen zwei Polizisten Posten.
    In einem Eckzimmer mit großem Tresen versahen mehrere uniformierte Beamte Dienst.
    »Womit kann ich Ihnen helfen?«, fragte ein junger Polizist freundlich. Er sprach Spanisch.
    Heide Calvis trug ihr Anliegen vor.
    »Señor Ramirez, Zimmer 210, die Treppe hoch, dann links«, sagte der Polizist.
    Ramirez wirkte auf sie wie ein Bekannter. Er hatte den Unfall aufgenommen und sprach Deutsch. Er hatte mit einem Kollegen Albert Spatfeld gestern zu Frau Calvis gebracht und sie verhört. Sein Zimmer war angenehm kühl. Er begrüßte sie wie alte Bekannte und bat sie, Platz zu nehmen.
    »Gnädige Frau, Ihr Mann verunglückte tödlich. Er hatte sehr viel Alkohol getrunken. Es ist fraglich, ob er im nüchternen Zustand einem Tier nicht ausgewichen wäre. Der Wagen wird von uns noch nach eventuellen Fehlern untersucht. Sie werden benachrichtigt. Das ändert nichts an der Tatsache, dass wir daraus eine Mitschuld konstruieren.«
    Er wandte sich Albert Spatfeld zu.
    »Sie waren sein Beifahrer und wurden Zeuge. Wir haben bei Ihnen von einer Blutprobe abgesehen. Herr Calvis ist an seinen Kopfverletzungen verstorben. Es steht nichts im Wege, wenn Sie ihn im Krankenhaus zwecks Beerdigung abholen lassen.«
    Er ging zu einem Büroschrank und entnahm ihm Formulare.
    »Gnädige Frau, Sie verstehen genug Spanisch. Füllen Sie die Formulare aus. Darunter ist auch ein Antrag an das Krankenhaus, die Leiche bis maximal acht Tagen zu lagern.«
    »Wir werden heute mit dem deutschen Bestatter reden und dem Krankenhaus den Termin durchgeben«, sagte Albert Spatfeld, während Heide Calvis die Formulare ausfüllte.
    »Wenn der Bestatter den Toten abholt, benötigt er eine Vollmacht und eine Erklärung vom Einwohnermeldeamt, dass er gemeldeter Bürger der Gemeinde war«, sagte der Beamte.
    Heide Calvis seufzte auf. »Schauen Sie bitte nach, ob ich alles richtig gemacht habe«, sagte sie und reichte die Formulare dem Beamten.
    Ramirez sah sie durch. »Das ist für Sie beziehungsweise eine Durchschrift für den Bestatter. Die muss er im Krankenhaus vorlegen«, sagte er. »Wenn es Verständigungsschwierigkeiten geben sollte, dann wenden Sie sich an mich.« Er stand auf und gab den Besuchern die Hand.
    »Schönen Dank, auf Wiedersehen«, sagte Heide Calvis.
    »Adios«, sagte Ramirez und öffnete höflich die Tür.
    Die Besucher verließen das Polizeihaus und stiegen in den Golf. Die Mittagssonne stand hoch und spendete ihre Hitze. Von See her wehte ein lauer Wind in die Stadt. Der Verkehr war wie immer gewaltig und nahm erst ab, als sie sich dem Platz Europa näherten.
    »Machen wir eine Pause und trinken einen Kaffee«, sagte Albert Spatfeld und hielt auf dem Platz neben der Kirche.
    »Wenn ich an Jesko denke …«, sagte sie und kämpfte mit den Tränen.
    »Ihrem Mann schaden Sie nicht, wenn Sie mit mir einen Kaffee trinken. Tot ist tot. Oder glauben Sie an ein Seelenleben?«, fragte er.
    Sie schaute ihn verwirrt an. »Da gibt es was«, sagte sie und hob die Schultern.
    »Keine Bange, er schaut uns mit Sicherheit nicht zu«, antwortete er und stieg aus.
    »Vielleicht ist das Jenseits sehr weit weg«, meinte sie und schlug die Wagentür zu. Sie nahm seine Hand und sah ihn an.

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