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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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ohne Mamas Gehalt. Aber vielleicht hat sie eine Lebensversicherung abgeschlossen«, sprach er vor sich hin, fuhr den BMW in die Garage, schloss die Haustür auf und ging mit seinem Sohn ins Haus.
    »Kevin, Mama hat immer gerne gehabt, wenn du gut gegessen hast. Soll ich die Suppe fertig machen?«, fragte er.
    Kevin nickte. »Ich esse gern Suppe«, antwortete er.
    »Geh so lange auf dein Zimmer«, sagte Albert.
    Er betrat die Küche und schaltete den Herd an. Normalerweise konnte man von ihm erwarten, dass ihm beileibe nicht der Sinn danach stand, Erbsensuppe mit Bockwurst zu essen, doch es brachte ihm keiner Carmen zurück, wenn er sich auf das Essen freute. Er wollte nach dem Essen damit anfangen, die Wäsche seiner Frau in Kartons zu verpacken, um sie am Montag zur Sammelstelle des Roten Kreuzes zu bringen. Am Abend, so nahm er sich vor, wollte er Carmens Papiere durchforsten. Er glaubte zu wissen, dass seine Frau vor Jahren eine Lebensversicherung abgeschlossen hatte, um Steuern zu sparen. Um ihre Finanzen stand es in der Tat schlecht.
    Er wurde in seinen Gedanken unterbrochen, als es klingelte. Es waren die Angestellten von Paffrath. Sie trugen einen Sarg. Albert Spatfeld und Kevin sahen beide zu, wie die Bestatter die verstorbene Mama in den Sarg legten. Sie weinten, als sie sie nach draußen zum Wagen trugen.
    Albert Spatfeld öffnete die Fenster. Von der Küche her verbreitete sich der Geruch der Suppe.
    »Kevin, wir essen heute in der Küche.« Albert breitete ein Tischtuch aus, deckte den Tisch und schenkte die Suppe aus. Sie aßen schweigend.
    »Papa, wird die Mama für die Reise in den Himmel vorbereitet?«, fragte Kevin nach dem Essen.
    »Ja«, antwortete Albert.
    »Mama kann uns aber sehen. Sie ist ja nicht ganz tot«, meinte Kevin.
    Das Gespräch war nicht in Alberts Sinne. Er wusste nicht, wo der Junge die Gedanken an Gott aufgeschnappt hatte. Vielleicht im Kindergarten. Sicherlich war der Aufenthalt der Toten im Himmel beim lieben Gott eine kindgerechte Erklärung.
    »Geh auf dein Zimmer. Ich spüle jetzt. Danach besuchen wir das Schwimmbad. Heute ist es sehr heiß«, sagte Albert und trug das Geschirr zu Spüle. Später ging er zu seinem Sohn. Er sah ihm eine Weile beim Spielen zu. Dann packte er die Badetasche und ging mitihm zur Garage. Sie stiegen ein und fuhren über die Hauptstraße zur Autobahn bis nach Bildchen. Dort nahmen sie die Eupener Straße zum Schwimmbad.
    Sie stellten das Auto ab, gingen zum Kassenhäuschen, lösten die Eintrittskarten und suchten sich unter den hohen Linden einen Platz für ihre Decke.
    An dem heißen Tag war es im Schwimmbad gut auszuhalten. Kevin spielte mit Kindern, beschäftigte sich mit seinen Spielsachen und ließ dem Papa Gelegenheit, still vor sich hin zu dösen.
    Am späten Nachmittag zogen sie sich um und verließen das Schwimmbad. Sie fuhren zum Italiener, wo Kevin ein Eis aß und Albert einen Kaffee trank.
    Zuhause umfing beide wieder die Traurigkeit. Albert zündete in Kevins Zimmer bei abgedunkelten Fenstern eine Kerze an. Er betete mit seinem Sohn zum lieben Gott und bat ihn, die Mama zu sich in den Himmel zu nehmen. Diese kleine Andacht tat Kevin gut und kam seinem Bedürfnis, für die Mama etwas getan zu haben, entgegen.
    Nach dem Abendbrot brachte Albert seinen Sohn zu Bett, der übermüdet auch sofort einschlief.
    Albert quälte die Neugier. Er hatte Carmens Schlüssel an sich genommen und rückte gespannt ihrem Schreibtisch und ihren Unterlagen zu Leibe.
    Es überraschte ihn nicht, dass er einen Depotschein der Stadtsparkasse vorfand. Sie hatte ihre Examenszeugnisse, Doktorurkunde und Beförderungsurkunde dort hinterlegt. Doch neben ihrem Schmuck fand er Krüger Rand aus Südafrika und, was noch wichtiger war, eine Lebensversicherung.
    Albert Spatfeld atmete aut. Er warf die Arme hoch wie ein Sieger. Für seine und Kevins Zukunft hatte sie gut vorgesorgt. Es war für ihn ein Leichtes, seine Schulden zu tilgen. Auch war es nicht nötig, eine unterbezahlte Stelle anzunehmen, um mit Kevin über die Runden zu kommen. Er wollte sich wieder seiner Kunst widmen, die er mit Enthusiasmus studiert hatte, die ihm aber noch nicht einen müden Euro eingebracht hatte.
    Er fand noch einige Überraschungen zwischen den Akten seinerFrau, die ihn tief berührten. So zum Beispiel ein Bündel Briefe, die er ihr geschrieben hatte. Sie waren mit einem Seidenband zusammengehalten und enthielten Zeugnisse seiner großen Liebe, Beweise seiner unübertroffenen Zuneigung.

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