Nebeltod auf Norderney
zum lieben Gott kommt.«
»Bei ihm ist es schön. Da sind alle, die hier vergraben sind«, sagte Kevin.
Albert Spatfeld war sehr erstaunt über seine Äußerung. Er und Carmen hatten sich nie mit ihm über ein Leben nach dem Tode unterhalten. Weder Freunde noch Bekannte hatten das Thema in Kevins Gegenwart berührt. Deshalb zeigte er sich erschrocken über diese Äußerungen seines Sohnes, denn Albert Spatfeld glaubte weder an Gott noch an den Teufel.
Ein aufwändiges Begräbnis plante er nur für die Leute. Es sollte mithelfen, den Menschen zu zeigen, wie eng sie miteinander verbunden waren, wie sehr sie sich geliebt hatten.
Sie gingen zur Garage, stiegen in den BMW und fuhren zur Forstbacher Straße. Dort vor dem Geschäft, in dessen Auslage einige Särge standen, parkte Albert den Wagen. Sie stiegen aus.
»Kaufen wir einen Sarg für Mama?«, fragte Kevin.
Albert nickte. Sie betraten das Geschäft. Ein Mann erhob sich vom Schreibtisch und kam ihnen entgegen.
»Paffrath ist mein Name«, sagte er ernst.
»Spatfeld, mein kleiner Sohn. Ich bin Künstler. Herr Paffrath, mir ist heute meine liebe Frau, unsere herzensgute Mutter gestorben. Sie arbeitete als Ärztin am Klinikum.«
»Mein herzliches Beileid. Ich gehe davon aus, dass Sie meine Dienste in Anspruch nehmen wollen«, sagte der Bestatter. Er war um die sechzig. Er trug einen Bart und wirkte dürr in dem schwarzen Anzug. Er wies auf die unauffällige Sitzbank.
Albert Spatfeld und Kevin nahmen Platz.
»Hier ist der Totenschein. Die Verstorbene befindet sich noch in unserem Haus. Mein Sohn und ich wünschen uns eine kirchliche Beerdigung mit einer Trauerandacht in der Friedhofskapelle. Mit dem Pfarrer haben wir noch keinen Kontakt aufgenommen. Der Tod kam so überraschend, dass wir es noch nicht fassen können.«
Der Bestatter setzte sich an den Schreibtisch. »Herr Spatfeld, ich spreche mit dem Friedhofsamt. Ich richte den Leichenschmaus aus, Verzeihung, ein schreckliches Wort. Sie nennen mir noch die Anzahl der Trauergäste, und ich bestimme das Restaurant.«
»Ich rechne mit cirka fünfzig Besuchern. Meine Frau hat außer mir und unserem Sohn keine Verwandten. Wir hätten gerne, dass der Pastor kurz auf ihre Vita eingeht, und natürlich wünschen wir begleitende Orgelmusik.«
»Soll die Verblichene in der Friedhofskapelle aufgebahrt werden?«, fragte Paffrath.
»Vor der Beisetzung«, antwortete Spatfeld.
»Sie und der Junge wollen sich mit einem Kranz von der Mutter verabschieden?« Paffrath machte sich Notizen in einem Block.
»Wir nehmen zwei Kränze«, sagte Albert Spatfeld und wandte sich an seinen Sohn, der bis jetzt mit ernstem Gesicht geschwiegen hatte. »Kevin, du sagst Mama am Grabe ade mit einem Kranz, der eine Schleife hat. Wir lassen aufdrucken: Ich liebe dich, Mama. Dein Kevin.«
Der Junge weinte. »Sind wir bald fertig?«, fragte er.
Albert Spatfeld nickte. »Auf meine Schleife schreiben Sie: In Liebe über den Tod hinweg vereint! Dein Albert«, sagte er.
»Herr Spatfeld, so weit haben wir alles geklärt. Wenn Sie noch einen Sarg aussuchen …«
»Was schlagen Sie vor? Er soll schlicht und einfach sein. Dennoch wollen wir da nicht geizen.«
Paffrath erhob sich. Er ging zu einem Sarg, der aus edlem Holz schnörkellos gefertigt war.
»Der erfüllt alle Ihre Ansprüche«, sagte er und nahm wieder Platz. »Ich fasse den Donnerstag als Termin ins Auge. Sie bekommen Bescheid. Gemäß unseren Vereinbarungen wird sie Beisetzung Ihrer Gattin 2150 Euro kosten.«
»Benötigen Sie eine Anzahlung?«, fragte Albert Spatfeld.
»Von Ihnen nicht. Wann soll ich die Verstorbene bei Ihnen abholen?«
»Wenn es geht, sofort. Wir, mein Sohn und ich, möchten so schnell wie es irgendwie geht, damit fertig werden«, sagte Albert Spatfeld.
»Verstehe, meine Angestellten holen die Verblichene in einer Stunde ab.« Paffrath notierte sich die Adresse.
»Auf Wiedersehen«, sagte Albert Spatfeld und nahm Kevin an die Hand.
»Der kleine Mann trägt das Ganze mit Würde«, sagte Paffrath mit Bewunderung.
»Opa ist auch gestorben«, antwortete Kevin.
Der Bestatter griff in die Tasche. »Für ein Eis oder für deine Spardose«, sagte er und drückte ihm einen Fünfeuroschein in die Hand.
»Danke«, sagte der Junge und steckte ihn ein.
Sie verließen das Geschäft, gingen zum Wagen, stiegen ein und fuhren nach Hause.
»Papa, du kannst das Geld haben, wenn der Sarg zu teuer ist«, meinte Kevin, als sie zu Hause ankamen.
»Teuer wird für uns das Leben
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