Nebenan: Roman
Köder! Heute Abend kommt dieser verdammte Predator und sieht sich hier nach seinem Tiger um!«
»Das ist nur ein Hollywoodfilm, Mike. Es gibt keine Weltraummonster!«
»Klar!« Er warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Gestern hättest du mir auch erklärt, dass es keine Unsichtbaren gibt! Und ich muss dir noch was sagen … Sie haben Trennjäger gebraucht, um uns aus unserem Wagen herauszuholen. Die Gummiisolierung um die Scheiben war geschmolzen und die Stahlriegel der Türen mit dem Metall der Karosserie verlötet. Wie geht das? Darauf gibt es nur eine Antwort, Nadine: Alientechnologie!«
Nadine hielt seinem Blick stand. »Und, bleibst du?«
Der Bodyguard steckte sich eine neue Zigarette an und sah auf die Straße hinab. »Ist wohl unser verdammter Job, dazubleiben, wenn alle vernünftigen Menschen den Schwanz einziehen würden.«
*
Befremdet betrachtete der Erlkönig den Reiter neben dem Holzstoß. Der Mann trug einen polierten Bronzekürass und einen Helm mit einem langen, weißen Rossschweif.
Von seinen Schultern wallte ein prächtiger, roter Umhang. Ringsherum drängten sich Kinder mit bunten Laternen, die offensichtlich darauf warteten, dass das Holz angezündet wurde.
Es hatten sich doch mehr heidnische Feste in diesen modernen Zeiten erhalten, als er erwartet hätte, dachte der Elbenfürst verwundert und suchte sich einen Weg durch das Gedränge. Er war spät dran.
Zwei Querstraßen weiter erreichte er das Nebenan . Die Kneipe war brechend voll, ganz wie er es erwartet hatte. Die meisten Gäste waren jung, Studenten der nahe gelegenen Kunstakademie. Den Übrigen sah man trotz aller Bemühungen an, dass sie nicht recht hierher passten. Minister Mager hatte reichlich Polizeischutz mitgebracht. Schon vor der Tür waren dem Elbenfürsten einige betont unauffällige Typen aufgefallen. Sicher waren die Dächer ringsherum mit Scharfschützen besetzt. Der Erlkönig streichelte über den Ring, den er am Finger trug. Diese Menschen! Sie waren so leicht vorauszuberechnen. Dann drängte er sich durch die gut besuchte Kneipe. Mager saß direkt neben der Tür, die zur Toilette führte. Vermutlich hatten seine Leibwächter einen Fluchtweg über die Klos vorbereitet.
Der Erlkönig schnippte nach einer Bedienung, bestellte ein Kölsch und erntete einen bösen Blick dafür. Dann ließ er sich neben dem Minister nieder.
Mager beäugte ihn misstrauisch. »Kommen Sie wegen der Nachricht auf dem Mercedes?«
»Ich komme eigentlich eher, weil ich möchte, dass Sie die Anordnung geben, noch in dieser Nacht alle Kohlekraftwerke in der Kölner Bucht abschalten zu lassen. Als Nächstes sollten wir über die Löcher reden, die ihre Bagger in die Erde reißen. Das muss aufhören!«
»Hören Sie«, Mager hob beschwörend die Hände. »Das sind doch nur politische Themen. Sie müssen sich nicht selbst ins Unrecht setzen, indem Sie sich kriminalisieren. Wir können über alles reden!«
»Geredet wird schon lange genug. Ich kenne die Debatte, weiß, dass sie seit Jahren nicht von der Stelle kommt, der Braunkohletagebau dessen ungeachtet aber täglich neue Fakten schafft. Eine ganze Landschaft und ihre Geschichte verschwindet unter den Reißzähnen Ihrer Bagger. Das wird aufhören! Noch in dieser Nacht!«
»Lassen Sie meinen Jungen gehen!« Magers Ton wurde nun fordernder. »Er hat mit der ganzen Sache nichts zu tun! Einen unpolitischeren Menschen als ihn kann man sich nicht vorstellen! Und was die Bagger und die Kraftwerke angeht … Ich weiß nicht, was Sie sich vorstellen, aber das kann man nicht alles so einfach über Nacht abstellen. Selbst wenn ich es wollte! Im Übrigen sage ich Ihnen sicherlich nichts Neues, wenn ich Sie darauf aufmerksam mache, dass das Lokal von der Polizei umstellt ist. Sie werden nicht mehr von hier fortkommen! Überlegen Sie sich also gut, was Sie tun …«
»Sind Sie sich über die Konsequenzen Ihres Handelns im Klaren?«, fragte der Erlkönig ruhig. »Was ich Ihnen jetzt anbiete, ist Zusammenarbeit. Auch mir ist bewusst, dass es besser ist, wenn die Kraftwerke nach einem gewissen Plan abgestellt werden und die Ordnung nicht zusammenbricht. Sie haben vom Vorfall in Bilbis gehört! Sie wissen also, dass ich auch anders kann. Ich bin auf Sie nicht angewiesen, um ein Kraftwerk, ganz gleich welcher Art, lahm zu legen. Ihnen ist hoffentlich klar, dass ich über Möglichkeiten verfüge, die die Mittel eines konventionellen Terroristen bei weitem übersteigen.«
Mager hatte seine Selbstsicherheit
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