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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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schmeichlerischstem Tonfall richtig zu stellen. »Ich dachte, Ihr könntet vielleicht ein Referat halten. Etwas in der Art: Die Rolle der dunklen Frauengestalten in matriarchalischen Gesellschaften – oder so.«
    »Ich denk darüber nach.« Gabriela schwang sich in den Sattel und winkte den anderen. »Los, wir brechen auf.« Wie zur Bestätigung schnaubte ihr großer schwarzer Hengst, wendete tänzelnd und trabte in Richtung des Flussufers zurück. Die Wölfe wichen dabei respektvoll vor ihr zur Seite.
    »Wenn morgen gutes Flugwetter ist, komm ich auch zum Thing!«, rief ihnen die Hexe hinterher. »Ich bring etwas Gebäck mit. Dann können wir ja noch mal in Ruhe über den Vortrag reden.«
    Sie waren noch keine hundert Meter vom Hexenhaus entfernt, als Birgel unter seiner Decke hervorgekrochen kam und sich ein Stück Lebkuchen angelte. »Ihr hättet auch die Printen annehmen sollen«, brummte er und biss herzhaft in das weiche Gebäck. »Es ist unhöflich, ein Geschenk auszuschlagen. Besonders wenn es sich dabei um etwas zu essen handelt!«
    »Na, Allerprächtigste!«, stichelte Rolf. »Macht es Spaß, so angeschleimt zu werden?«
    »Macht es Spaß, von einem Besen verprügelt zu werden?«
    Der falsche Cuchulain zog eine Grimasse. »Der Angriff kam zu überraschend. Aber deine Parade mit dem Speer … Alle Wetter! Das war eine reife Leistung! Ich hab den Schlag nicht einmal richtig gesehen, so schnell warst du. Hast du heimlich geübt?«
    »Hab ich nicht!«, entgegnete die Tänzerin ruhig. »Der gae bolga hat den Schlag ohne mein Zutun geführt.« Sie strich über den Speer, der jetzt wieder vor ihr über dem Sattel lag. »Und was noch schlimmer ist: Er wollte die Hexe aufspießen. Ich konnte ihn gerade noch verreißen, sonst wäre er der Alten mitten durch die Kehle gefahren. Es ist, als wäre die Waffe von einem eigenen Geist beseelt. Einem Geist, der nach Blut lechzt!«

17

    »Und du meinst, das bringt was?«, fragte Mike zweifelnd. Nadine hatte eine Weile die kleinen, gelb und rötlich glühenden Gestalten unter sich auf der Straße beobachtet. Jetzt setzte sie die Wärmebildkamera vor sich auf das Dachsims und schlug fröstelnd den Kragen ihrer Lederjacke hoch. Die Nörgelei ihres Kollegen ging ihr allmählich auf die Nerven. »Ich weiß auch nicht, ob es hilft, aber auf jeden Fall sind wir so dem BKA und dem Verfassungsschutz eine Nase voraus. Die haben uns ja nicht einmal zugehört!« Nadine war einigermaßen frustriert. Vor dem Anschlag im Ministerium hatte noch nie jemand ihre Qualifikation als Leibwächterin infrage gestellt. Sie hatte schon die bedeutendsten Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft beschützt. Aber nachdem heute Morgen der Sohn von Mager entführt worden war, hatte man sämtliche Leibwächter gegen Beamte vom BKA und vom Verfassungsschutz ausgetauscht. Das war der Tiefpunkt ihrer Karriere. Sie hatten beim Einsatzleiter darum betteln müssen, heute Abend überhaupt auch nur bis auf hundert Meter an Minister Mager heranzukommen. Schließlich hatte man ihnen einen Platz auf einem Häuserdach ein ganzes Stück von der Altstadtkneipe entfernt zugewiesen, in der das Treffen mit den Entführern stattfinden sollte.
    »Erzähl mir noch mal, wie das heute Morgen bei der Entführung war. Du hast wirklich niemanden gesehen?«
    Mike wiederholte einsilbig die Geschichte, die er heute schon mindestens zehnmal erzählt hatte.
    »Und die Sache mit der Spraydose?«
    Der Bodyguard fluchte. »Ich versteh das auch nicht. Ich hab mich gegen die Scheibe gequetscht, um was zu sehen. Ich konnte die Buchstaben einzeln auf dem Blech erscheinen sehen. Aber den Typen mit der Dose in der Hand, den hab ich nicht gesehen.«
    Nadine nickte. »Das passt zu dem, was mir meine Schwester erzählt hat.«
    »Die Bulette?«
    »Die Wachtmeisterin!« Nadine hielt selber nicht sehr viel von ihrer kleinen Schwester, die im Streifendienst bei der Kölner Polizei arbeitete. Maria war das schwarze Schaf in der Familie. Sie war ziemlich chaotisch, hatte keine klaren Karrierevorstellungen, alle paar Wochen einen neuen Freund und lebte in einem Einzimmerappartement, das nach Nadines Meinung wie eine Müllkippe aussah. Nadine selber nannte Maria stets abfällig Bulette, aber es machte einen Unterschied, ob sie über ihre Schwester lästerte oder Mike!
    Vor ein paar Tagen hatte Maria nachts angerufen und ihr völlig außer sich eine Geschichte von unsichtbaren Trollen erzählt, in die sie angeblich ein ganzes Magazin ihrer Dienstwaffe

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