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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Sie offensichtlich schneller informiert wurden als das Erzbistum.«
    »Sie sind also nicht der Meinung, dass ein Brandanschlag auf den Dom verübt werden sollte?«
    »Ich bin nicht hier, um irgendwelche Meinungen kundzutun – das ist Ihr Job. Ich werde mich lediglich zu gesicherten Fakten äußern. Und da dieses Erzbistum schon seit geraumer Zeit kein Fürsterzbistum mehr ist, müssen wir wohl als gegeben hinnehmen, dass die Medien etliche Informationen noch vor den eigentlich Betroffenen erhalten.«
    Wallerich grinste. Der Pfaffenkopf war nicht schlecht.
    Für einen Augenblick machte der Moderator ein Gesicht, als habe er in eine Zitrone gebissen, dann hatte er sich wieder in der Gewalt. »Ich weiß nicht, wie weit Sie über die logistischen Begleitumstände des Anschlags auf die Würde des Doms informiert wurden, Pater Anselmus. Nach allem Anschein jedoch wurde dieses Unternehmen von langer Hand vorbereitet. Wie erklären Sie sich, dass eine Wasserleitung zu den Rohrleitungen der im Parkhaus unter dem Dom befindlichen Sprinkleranlage existierte?«
    Das Lächeln war vom Gesicht des Priesters verschwunden. »Zunächst möchte ich klarstellen, dass es sich in den Augen des Kardinals nicht um einen Anschlag handelt, denn nach unseren bisherigen Informationen ist keinerlei Sachschaden am Dom entstanden. Für uns ist dies vielmehr eine Art intelligenter Lausbubenstreich. Ich gebe zu, dass unser guter Küster, Bernardus Schmitt, sich wirklich erschrocken hat, als er die Statue sah, und mit größter Sorge die zuständigen Behörden informierte. Unser Kardinal, mit dem ich gemeinsam das Domportal erreichte, hatte für diesen Streich nur ein herzhaftes Lachen übrig. An dieser Stelle sei erwähnt, dass er die Statue gerne dem Stadtmuseum überlassen möchte, denn wie es scheint, wird dieser Streich gewiss in die Annalen Kölns eingehen.«
    »Und was ist mit der Wasserleitung?«, hakte der Moderator nach. »Eine solche Leitung zu verlegen erfordert doch erheblichen Aufwand. Wie konnte ein solcher Vorgang mitten auf der Domplatte unbemerkt bleiben?«
    »Ich kann hier nicht den Ermittlungen vorweggreifen, aber wie es scheint, müssen diejenigen, die diesen Streich ersonnen haben, über sehr genaue Pläne verfügt haben. Das Erzbistum wird darauf verzichten, Anzeige zu erstatten. Wie Sie sicherlich wissen, hat unser Herr Kardinal Sinn für Humor, und sollten sich die Verantwortlichen für diesen kleinen Spaß zur Beichte melden wollen, so wäre es dem Kardinal eine Freude, ihnen höchstpersönlich die Absolution zu erteilen.«
    »Wo Sie gerade vom Sinn des Kardinals für Humor und weltliche Dinge sprechen …« Der Moderator grinste boshaft. »Hat das Erzbistum vielleicht erwogen, sein Verbot, bei geistlichen Konzerten im Dom zu applaudieren, wieder zurückzunehmen? Oder ist man noch immer der Auffassung, dass weltlicher Beifall sich nicht mit der Würde des heiligen Ortes verträgt?«
    Wallerich sprang von seinem Sessel. Er hatte genug gehört. Seiner Meinung nach hatte der Anschlag nicht das Geringste mit irgendwelchen Witzbolden zu tun. Es war eine Warnung! Er musste Nöhrgel finden! Warum meldete sich der Älteste nur nicht?
    *
    »… Und du willst mir wirklich nichts verraten?«, fragte Neriella nun schon zum dritten Mal.
    Till konnte die Dryade zwar nicht sehen, aber er stellte sich vor, wie sie aufgeregt um ihn herumtänzelte. »Es gehört zum Wesen von Überraschungen, dass sie … na ja, dass sie eben überraschend sind. Gedulde dich noch einen Augenblick.« Er drehte den Schlüssel im Schloss der großen Flügeltür herum und betrat den Vorlesungssaal A1. Steile Sitzreihen, angeordnet wie in einem Amphitheater, strebten der hohen Decke entgegen. Die schwarzen Klappsitze waren hochgeschlagen und sahen aus, als seien sie zur Parade angetreten. Der Raum wirkte kühl. Sein grüner Linoleumboden war überzogen von hellen Schrammen. Die grauen Betonwände wurden nur teilweise durch Blenden verdeckt. Saal A1 war nüchtern nützlich. Außer den Nachbarn in der Vorlesung gab es hier nicht viel, was einen vom Referat der Dozenten ablenken konnte. Nicht einmal Fenster hatte der große Saal, der düster in spärlicher Notbeleuchtung vor ihnen lag. Hier hatte alles angefangen. Es war der Ort, an dem der verrückte Heinzelmann aufgetaucht war, um Neriella mitten in der Märchenvorlesung seine Liebeserklärung zu machen, und hier hatte die Dryade Stunde um Stunde ganz in Tills Nähe gesessen, ohne dass er sie bemerkt hätte.
    Der

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