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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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Gelegenheit. Und das stimmt ja auch«, fügte ich in einer Anwandlung von neu erwachtem Lokalpatriotismus hinzu.
    Wir rollten eine Weile schweigend durch die abendliche Landschaft und erreichten schließlich die Dorfstraße von Unterwössen, wo Schreiber mir vorschlug, ihn doch jetzt abzusetzen, um mir einen Umweg zu ersparen, was ich aber ablehnte. Vor seinem Hotel angelangt ließ ich ihn aussteigen, nicht ohne vorher versprochen zu haben, in den nächsten Tagen mal zum Abendessen zu kommen.
    »Wir haben zurzeit Hirsch auf der Karte, das sollten Sie sich nicht entgehen lassen«, ermutigte er mich, ehe wir uns verabschiedeten.
        
     
     

14
     
    Diesmal nahmen meine Vorbereitungen auf den nächsten Kontakt mit den Gälern, wie ich sie jetzt bei mir nannte, wesentlich weniger Zeit in Anspruch. Richards Text mit meinem Bild auf einer DVD zu kombinieren, war geradezu ein Kinderspiel, obwohl ich mir einige Mühe gab, mit Gesten und Mundbewegungen einigermaßen Synchronizität herzustellen, auch wenn diese keiner exakten Analyse standhalten würde. Etwas mehr Zeit und Mühe verwandte ich auf Sicherheitsmaßnahmen. Schreibers Schilderung von zwei verschwundenen Personen hatte mir doch zu denken gegeben. So nahm ich eine weitere DVD auf, auf der ich alles bisher in dieser Welt Erlebte einschließlich meiner und Richards Überlegungen dazu in allen Einzelheiten schilderte und mit der Aufforderung schloss, im Falle meines Verschwindens höhere Polizeidienststellen einzuschalten und der Sache auf den Grund zu gehen. Von der DVD fertigte ich mehrere Kopien an, wovon eine in meinen Safe wanderte. Weitere Exemplare würde ich morgen per Post Richard und Carol zukommen lassen. Dazu noch eines in versiegeltem Umschlag, das für meinen Anwalt in München bestimmt war, der es vier Wochen nach meinem etwaigen Verschwinden öffnen und den Behörden übergeben sollte.
    Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es über all diese Verrichtungen Mitternacht geworden war, ohne dass ich bisher einen Bissen zu mir genommen hatte. Ich beschloss, es dabei bewenden zu lassen, und goss mir anstelle des Abendessens als Schlaftrunk zwei Finger breit Whisky ein.
    ***
     
    Der tat offenkundig seine Wirkung, denn ich erwachte erst kurz vor elf, als die Sonne ins Schlafzimmer fiel und mich an der Nase kitzelte. Ich frühstückte ausgiebig, packte die diversen Kuverts mit den DVDs in meine Aktentasche und setzte mich in den Wagen, um zunächst Charlie aus seiner Urlaubspension beim Tierarzt abzuholen und anschließend zur Post zu fahren.
    Meine Sendungen auf dem Weg wissend, fuhr ich zum Haus zurück. Ich machte mit Charlie, der mich ein paar mal beleidigt musterte, aber insgesamt sichtlich erfreut war, wieder zu Hause zu sein, einen kleinen Spaziergang im Wald. Dabei plagte mich die Vorstellung, ich könne auch plötzlich in einem blauen Blitz verschwinden, kehrte dann zum Haus zurück, füllte Charlies Fressnapf und setzte mich selbst mit einem kalten Imbiss und einem Glas Bier auf die Terrasse. In Georgia musste es inzwischen neun Uhr früh sein, dachte ich und beschloss, Carol über den Stand der Dinge zu unterrichten.
    Ich wechselte ein paar Worte mit ihrer Schwester, die sich zuerst meldete, dann kam Carol an den Apparat. Man konnte spüren, dass sie sich über meinen Anruf freute, und nach ein paar allgemeinen Sätzen gab sie mir zu verstehen, dass sie jetzt allein sei und ich offen sprechen könne.
    Ich denke, ich muss fast zwanzig Minuten mit ihr gesprochen haben, denn ich spürte, wie das Mobi an meinem Handgelenk sich erwärmte, und erinnerte mich daran, dass es für so lange Gespräche eine Halterung am Fernseher gab, aber das lohnte jetzt auch nicht mehr. Ich hatte Carol alles minutiös erzählt, was ich erlebt und unternommen hatte, die an sie auf den Weg gebrachte DVD avisiert und sie aufgefordert, nach wie vor mit niemandem über unsere Situation zu reden.
    »Du kannst dir vorstellen, dass mir das nicht leichtfällt«, hatte sie sich beklagt. In diesem Augenblick hätte ich schwören können, ›meine‹ Carol an der Strippe zu haben. So klang sie immer, wenn sie verstimmt und mit mir nicht ganz einverstanden war. Ich spürte, wie mir warm wurde, diesmal nicht von dem Mobi an meinem Handgelenk. »Aber ich verstehe natürlich, worüber du dir Sorgen machst. Du kannst dich auf mich verlassen. Sieh nur zu, dass wir bald Klarheit haben. Du glaubst doch auch, dass Bernhard wieder zurückkommen wird, nicht wahr?«
    »Ja, ganz bestimmt«,

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