Nebenwirkungen (German Edition)
wurde kurz still in der Leitung, bevor die Frauenstimme etwas ruhiger und auf Englisch weiterfuhr:
»Oh, entschuldigen Sie. Kann ich bitte Monsieur Prévost sprechen?«
»Er - er ist nicht hier«, antwortete Samantha zögernd. »Sie sind Bastiens Kontaktperson in Heidelberg, nicht wahr? Ich bin Samantha Herbert, seine Vorgesetzte.«
»Wann kann ich ihn sprechen? Es ist sehr dringend. Etwas Schreckliches ist geschehen.« Sie erzählte der fassungslosen Samantha vom verheerenden Brandanschlag in ihrem Labor.
»Heike hat knapp überlebt«, antwortete Amélie auf Samanthas Frage. »Sie hat eine schwere Rauchgasvergiftung und die Schleimhäute sind teilweise verätzt, aber die Ärzte geben ihr gute Chancen, Gott sei dank. Wer tut so etwas Schreckliches?« Samantha blickte Robert ratlos an, der sich wunderte, was nun schon wieder schief gegangen war. Die Frau am anderen Ende der Leitung war offensichtlich tief erschüttert vom Unglück, das über ihre Chefin und das Institut hereingebrochen war, und sie fragte sich, ob sie ihr die Hiobsbotschaft von Bastiens Entführung zumuten konnte.
»Warten Sie«, sagte Samantha und legte das Telefon auf den Tisch. Sie drückte den Knopf für die Freisprechschaltung, sodass Robert sich ins Gespräch einschalten konnte.
»Ich muss Ihnen leider auch etwas Schlimmes mitteilen«, begann Samantha zögernd und erzählte, was am Vorabend geschehen war. Robert unterbrach die Stille, die sich nach ihrem Bericht ausbreitete:
»Es kann kaum Zufall sein, dass diese Attacken praktisch gleichzeitig und kurz nach dem Giftanschlag auf Bastien erfolgt sind. Diese Leute sind gefährlich und sehr mächtig.« Er zögerte, bevor er seinen Verdacht aussprach. »Miss Dufresne, ich fürchte, Sie sind in akuter Gefahr.«
»Sie meinen...« stammelte Amélie konsterniert, und Samantha hakte nach:
»Ich kann Professor Barnard nur zustimmen, Amélie. Das Beste wäre, wenn Sie sich an einen sicheren Ort zurückziehen könnten, bis sich der Pulverdampf verzogen hat.« Sie hörten förmlich, wie die Anruferin in Heidelberg leer schluckte. Je länger Robert über die Ereignisse der letzten Zeit nachdachte, desto klarer wurde ihm, dass ihre Vorsicht keineswegs übertrieben war. Noch jedes Mal, wenn brauchbare Belege für Probleme im Zusammenhang mit BiosynQ oder den Heidelberger Forschungsarbeiten auftauchten, kamen sie auf rätselhafte Weise, meist unter Gewaltanwendung, wieder abhanden. Leute, die mit dieser Geschichte in Berührung kamen, lebten zweifellos gefährlich.
»Sind alle Blutproben und Testreihen durch den Brand vernichtet worden?«
»Nein, das ist ja, was ich überhaupt nicht verstehe. Der Brand hat die innerste Hülle des Labors nicht erreicht, es ist glücklicherweise auch nichts ausgetreten. Was wollten die Gangster überhaupt erreichen?« Eine Frage, die Robert sofort durch den Kopf geschossen war, und auf die er plötzlich eine Antwort zu haben glaubte.
»Befindet sich im Labor irgend etwas, das von BiosynQ stammt?«, fragte er gespannt, und Amélies Antwort kam prompt:
»Klar, wir verwenden die neuste Generation ihrer Syntheseautomaten.«
»Bingo«, rief Samantha, die Roberts Gedankengang sogleich begriff. »Diese Verbindung zu BiosynQ sollte durch den Anschlag zerstört werden. Das muss es sein«, bemerkte sie und schaute Robert triumphierend an.
»Aber weshalb?«, fragte Amélie ratlos.
»Vielleicht nur eine radikale Vorsichtsmaßnahme. Vielleicht hat die Firma aber auch etwas zu verbergen, soll ein gravierendes Problem vertuscht werden«, spekulierte Robert. Das erschien Samantha die plausibelste Erklärung zu sein, und entrüstet doppelte sie nach:
»Die haben eine gewaltig stinkende Leiche im Keller, beziehungsweise im Labor.«
»Und sie werden glauben, die Apparatur sei vernichtet«, bemerkte Robert. »Trotzdem ist es sicherer, wenn Sie eine Weile untertauchen. Ich schlage vor, sie ziehen sich an einen sicheren Ort zurück, den nur Sie kennen. Am besten sofort, ohne nochmals in ihrer Wohnung aufzutauchen, und benutzen Sie nur ihr Mobiltelefon oder öffentliche Telefonzellen, wenn sie jemanden anrufen wollen. Es würde mich nicht wundern, wenn die Telefone des Instituts abgehört würden, deshalb sollten wir jetzt keine weiteren Details besprechen.« Samantha schaute Robert mit großen Augen an, behielt aber ihren Kommentar für sich, bis die Verbindung getrennt war.
»Sie sind auch noch Kriminalkommissar?«, fragte sie spöttisch. Robert zuckte die Achseln und entgegnete
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