Nebenwirkungen (German Edition)
Kombigerät und sandte die Kopien an Peters Institutsadresse. In ein paar Tagen würde er mehr wissen. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Mappe keine weiteren Geheimnisse mehr enthielt, blieb nur noch eines zu tun. Er wählte Marchands Geschäftsnummer, die er auf den Visitenkarten gefunden hatte. Es musste eine Direktwahlnummer für Marchands Büro sein, nicht die Nummer der Zentrale. Er war gespannt, wer sich melden würde. Es dauerte eine ganze Weile, bis er nach einigem Knacken in der Leitung eine weibliche Stimme hörte.
»BiosynQ Köln, Herting am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«
»Barnard. Guten Tag, ich möchte bitte Mr. Marchand sprechen.«
Die Antwort kam zögernd, erst nach kurzer Pause: »Tut mir leid, Mr. Marchand arbeitet nicht mehr in unserer Firma.«
Robert hielt es an der Zeit, das Versteckspiel zu beenden. »Ich weiß, er ist vor kurzem verstorben.«
Wieder eine kurze Pause. Dann die ungeduldige Frage: »Was wollen Sie?«
»Ich möchte mit Mr. Marchands Nachfolgerin oder Nachfolger sprechen.«
»Da sind Sie bei mir richtig, worum geht’s?«
Robert hatte sich nicht genügend auf diesen Anruf vorbereitet. Die kurz angebundene Art seiner Gesprächspartnerin verunsicherte ihn zunehmend. Er wusste nicht recht, wie er ihr die etwas peinliche Sache diplomatisch erklären sollte, also entschied er sich für den direkten Weg. Ohne Umschweife erzählte er ihr vom Vorfall in Paris und der Mappe, die er endlich loswerden wollte.
»Was befindet sich denn in dieser Mappe?«
»Ich habe keine Ahnung, irgendwelche Geschäftspapiere wohl. Ich habe lediglich die Visitenkarte mit dieser Telefonnummer gesehen«, flunkerte Robert. »Hören Sie, ich werde Ihnen die Tasche kommentarlos schicken. Ist das O.K?«
Die Antwort kam in einem wesentlich freundlicheren Ton: »Sehr gut. Bitte adressieren Sie die Sendung an mich, Alexandra Herting. Kann ich bitte noch ihre genaue Adresse und Telefonnummer haben?«
»Ich lege meine Karte mit den Koordinaten bei, vielen Dank.«
Robert konnte nicht ahnen, dass sein Anruf auf die Nummer des so plötzlich verstorbenen Mr. Marchand im BiosynQ Kristall im Westen Kölns eine hektische Kettenreaktion ausgelöst hatte. Der Anruf wurde automatisch in die Sicherheitszentrale umgeleitet, die Gesprächsaufzeichnung startete und sogleich wurde ein Konferenzgespräch zum Sicherheitsbeauftragten Nils Nolte, seiner Mitarbeiterin Alexandra Herting und Heiner Bothe, dem Verantwortlichen des Untersuchungsausschusses in Sachen P.M. geschaltet. Nachdem das Gespräch mit Robert beendet war, sprach Bothe aus, was sie alle beschäftigte.
»Wie viel weiß der Kerl? «
»Wir wissen es nicht, und das ist das Problem«, antwortete Nils verärgert. »Wir können kein Risiko eingehen. Wir wissen ja nicht, was er wirklich von Marchand erfahren hat. «
Bothe war wütend. »Dieser Barnard könnte unsere ganze Aktion zunichte machen. Ausgerechnet jetzt, wo wir langsam wieder Boden unter den Füßen haben. Der Ausschuss wird wohl noch einige Zeit bestehen bleiben, Scheiße. Jetzt haben wir zwei offene Flanken. Ich habe immer davor gewarnt, diese Heidelberger Geschichte anzureißen, bevor P.M. abgeschlossen ist. Der General wird mir die Hölle heiß machen, wenn diese neue Entwicklung im nächsten Wochenbericht steht und wir die Auswirkungen nicht kennen.« Jeder im Betrieb wusste, dass mit dem General die Direktorin Célia Mathieu gemeint war. Sie hatte sich diese Bezeichnung nicht nur durch ihren scharfen Befehlston eingehandelt, sondern auch durch die allseits erwartete bevorstehende Beförderung in den Olymp der Generaldirektion von BiosynQ.
»Alexandra, was ist mit unseren Heidelberger Freunden?«, hakte Nils nach.
»Das Stichwort ist noch nicht gefallen, wenn du das meinst. Wir sollten uns noch keine allzu großen Sorgen machen, denke ich. Warten wir ab, bis wir wissen, was in dieser Mappe steckt«, antwortete Alexandra. »In der Zwischenzeit werde ich mich über diesen Professor schlau machen.«
»Na gut. Ich will aber sofort informiert werden, wenn die Tasche da ist«, antwortete Nils mürrisch und legte auf.
Botswana
Eine knappe Stunde war ihre kleine Karawane aus zwei voll beladenen Jeeps nun unter der sengenden Sonne unterwegs gewesen, als der Fahrer des vorderen Wagens in eine unbefestigte Nebenstraße einschwenkte und jäh abbremsen musste. Die Piste war hier normalerweise hart wie Beton, doch die kurze Regenzeit hatte sie aufgeweicht und in einen heimtückischen,
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