Nebenwirkungen (German Edition)
fortgeschritten sein musste in der Anwendung der neusten biologischen Forschung.
»Die Lady wird sich hüten«, erwiderte Samantha gereizt. »Wir sind schließlich nicht irgendwelche Amateure eines Provinzblättchens. Genügt schon, dass sie uns hier warten lässt wie Erstsemester.«
»Beruhige dich, Sam. Die Zeiten haben sich einfach geändert. Früher konnte es schon öfter vorkommen, dass sich die Professoren als gnädige Herren zierten, aber die modernen Akademiker sind einfach viel beschäftigte Geschäftsleute.«
»Viel beschäftigt sind wir auch, wenn ich mich recht erinnere«, entgegnete Samantha mürrisch. Kyle schüttelte grinsend den Kopf. So war sie, sie musste stets das letzte Wort haben. Manche Leute werden nie wirklich erwachsen, dachte er. Die Tür ging auf und eine junge, sportlich wirkende Frau begrüßte sie in akzentfreiem Englisch. Na also, dachte Kyle und warf Samantha einen triumphierenden Blick zu.
»Guten Tag meine Herrschaften. Ich bin Katie Foss. Ich arbeite mit Heike Wolff zusammen. Sie lässt sich für heute entschuldigen, da sie zu einer dringenden Besprechung nach Köln musste. Sie hatte sich seit einiger Zeit mit diesen Leuten treffen wollen, und ausgerechnet heute konnte der Termin arrangiert werden. Ich weiß es selbst erst seit zwei Stunden. Tut mir leid.«
Samanthas vielsagender Blick war Kyle keineswegs entgangen. Er unterdrückte seine Enttäuschung und stellte sie beide kurz vor. Sie hatten ohnehin zwei Tage für diesen Besuch eingeplant, so hoffte er, die wichtigen Informationen trotz der Umstellung zu erhalten. »Vielleicht sollten wir unsere Planung zuerst kurz besprechen«, schlug er vor.
»Selbstverständlich, Mr. Randolph. Wir haben bereits einen Vorschlag für das Besuchsprogramm erstellt«, antwortete sie und überreichte jedem der Journalisten ein dickes Dossier mit Programm und offensichtlich umfangreichen Unterlagen. Samantha konnte ihre Überraschung nicht verbergen. Das musste die deutsche Gründlichkeit sein. Doch sie blieb skeptisch. Keinesfalls wollte sie sich mit vorgefertigten Glanzbroschüren abspeisen lassen. Sie überflog das Besuchsprogramm und bemerkte:
»Wie ich hier sehe, möchten Sie uns heute die Grundlagen und einige Ihrer Methoden erläutern und demonstrieren. Die Besprechung mit Professor Wolff morgen wäre dann den laufenden Projekten gewidmet. Ist das richtig so?«
»Genauso haben wir es uns vorgestellt.«
»Gut. Einen wichtigen Punkt sollten wir aber noch ins Programm aufnehmen. Wir haben eine Anzahl ganz spezifischer Fragen vorbereitet, für deren Besprechung genügend Zeit reserviert werden sollte«, fuhr Samantha fort und nickte Kyle zu.
»Richtig. Es sind genau siebenundzwanzig Fragen. Die meisten betreffen die Synthese von Genomen«, bestätigte Kyle.
»Kein Problem. Bitte verstehen Sie das vorgeschlagene Programm lediglich als Rahmen. Ich stelle mir vor, dass einige Ihrer Fragen während der Präsentationen und der Besichtigung bereits beantwortet werden können. Die einführende Information über die Grundlagen der neueren biologischen Forschung kann wohl kurz gehalten werden, da Sie sich bereits intensiv mit dem Thema beschäftigt haben. Wie Sie sehen, haben wir für die Schlussbesprechung morgen ebenfalls reichlich Zeit vorgesehen. Dort können wir Ihre restlichen Fragen besprechen, wenn Sie damit einverstanden sind.«
Die kurze Einführung in die moderne Biologie erwies sich als äußerst nützlich, obwohl sie für Kyle keine neuen Erkenntnisse enthielt. Katie verstand es, ihr Fachgebiet in einfachen Worten klar und präzise zusammenzufassen. Ihre Systematik ließ darauf schließen, dass sie gewohnt war, komplexe Sachverhalte auch für Laien verständlich zu formulieren. Samantha hörte denn auch aufmerksam zu, ganz gegen ihre Gewohnheit, dauernd zu unterbrechen.
»Unser Spezialgebiet hier in Heidelberg ist also die jüngste Forschungsrichtung, die synthetische Biologie. Die Motivation, die uns antreibt, ist einfach die Vorstellung, dass wir Biosysteme erst dann wirklich verstehen, wenn wir sie von Grund auf nachbauen können. Der erste Erfolg in diesem Bereich geht bereits auf das Jahr 2002 zurück, als Eckardt Wimmer von der Stony Brook University in New York infektiöse Polioviren, Erreger der Kinderlähmung, im Reagensglas hergestellt hat.«
»Diese Meldung ging damals sogar durch die Regenbogenpresse. Sie hat auch sofort die Kritiker auf den Plan gerufen. Man kann sich schon fragen, welchen Sinn es hat, Viren, die
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