Nebenwirkungen (German Edition)
bemerkt. Die Kellertür. Er öffnete die Tür zur Kellertreppe und zog sie hastig hinter sich zu. Im Halbdunkel sprang er die Treppe hinunter. Diesen Bereich des Spitals kannte er gut, denn hier gab es ausgezeichnete Verstecke. Er hörte, wie hinter ihm die Tür zur Kellertreppe geöffnet wurde. Er wagte nicht zu atmen und schlich leise durch den dunklen Korridor, weg von der Treppe, die unter schweren Schritten knarrte. Er wusste, dass die meisten der Türen hier verschlossen waren, doch normalerweise war die Wäschekammer am anderen Ende des verwinkelten Korridors offen. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich dort versteckte. Mit zitternder Hand drückte er die Klinke so leise wie möglich, doch die Tür ließ sich nicht öffnen. Die Schritte kamen näher. Er zitterte jetzt am ganzen Leib. Er saß in der Falle. In größter Verzweiflung versuchte er, eine der letzten zwei Türen am Ende des finsteren Ganges zu öffnen. Bei der hintersten Tür hatte er endlich Glück. Geräuschlos schlüpfte er in einen Raum, den er noch nie zuvor betreten hatte. Es war kalt, sehr kalt und fast vollständig dunkel. Er hörte, wie draußen an jeder Tür gerüttelt wurde. Bald wäre seine Tür an der Reihe. Der kleine Nyack hatte sich in die hinterste Ecke des unheimlichen Raums verkrochen. Dort hockte er zitternd, nass vom kalten Schweiß, steif vor Angst hinter einem Metalltisch am Boden und wartete auf sein Ende. Erst als sich die Türklinke bewegte, erwachte er aus seiner Starre. Im letzten Augenblick bemerkte er, dass der Tisch vor ihm unter dem großen Tuch, das ihn vollständig bedeckte, eine leere Ablagefläche hatte, wo er hineinkriechen konnte. Er hörte, wie sich sein Verfolger im Raum umsah. Die schweren Schritte kamen näher. Der Mann stand nun vor seinem Tisch. Entsetzt spürte Nyack, wie das Tuch vorne angehoben wurde. Gleich würde ihn die Hand des Riesen packen. Er fühlte eine warme Nässe in seiner Hose und wollte schon lauthals um Hilfe schreien, als das Tuch wieder losgelassen wurde. Die Schritte entfernten sich, die Tür wurde geschlossen und mit einem Male war es totenstill. Er wagte noch immer kaum zu atmen und rührte sich nicht, blieb einfach unter dem wunderbaren Tuch liegen.
Als er lange Zeit kein Geräusch mehr gehört hatte, ließ seine Anspannung etwas nach, und er begann still zu weinen. Er fror. Er musste es wagen, musste hier weg. Vorsichtig hob er das Tuch etwas an und versuchte in der Dunkelheit zu erkennen, ob er allein war. Plötzlich wurde die Tür wieder aufgestoßen, und grelles Licht erfüllte den Raum. Nyack zuckte zurück und erstarrte. Er hörte laute Stimmen. Zwei Männer kamen auf ihn zu, packten den Tisch und schoben ihn zur Tür hinaus. Nyack hatte nicht bemerkt, dass der Tisch auf Rollen stand. Da er nicht wusste, was er machen sollte, blieb er einfach still liegen. Die Männer schoben den Tisch in einen anderen Raum, wo offenbar eine Frau auf sie gewartet hatte.
»Das ist hoffentlich der letzte heute«, hörte er sie brummen. Als das Tuch weggezogen wurde, entfuhr ihm vor Schreck ein Schrei, dem sogleich drei weitere folgten. Die Pathologin, die den Toten auf der Bahre untersuchen sollte und die beiden Spitalgehilfen starrten kreidebleich auf den verängstigten, zitternden Jungen unter dem Tisch. Die Ärztin erholte sich am schnellsten von ihrem Schock. Sie nahm den verängstigten Jungen behutsam in die Arme. Die Leiche konnte warten. Nyack war ernsthaft unterkühlt. Erst als er dick eingewickelt im warmen Bett lag fand er seine Sprache wieder. Die Schwester machte sich große Sorgen um den Kleinen, wusste nicht, was sie von seiner wirren Erzählung von einem bösen Riesen halten sollte. Jedenfalls ließ sie ihn jetzt nicht mehr aus den Augen, bis Katie und seine Tante eintrafen. Man hatte sie vorsichtshalber angerufen, als Nyack plötzlich verschwunden war.
Von seinem Wagen aus beobachtete Nils, wie der Jeep mit den beiden Frauen vor dem Gebäude anhielt und sie aufgeregt ins Spital stürmten. Er wusste jetzt, dass ihn der Junge erkannt hatte und dass er sich bei der nächsten Gelegenheit um ihn kümmern musste.
KAPITEL 5
Köln
P rofessor Wolff, danke, dass Sie so kurzfristig Zeit für uns hatten«, begrüßte Célia den Gast aus Heidelberg in ihrem luxuriösen Kölner Büro. Sie hatte Heike aus zwei Gründen um diesen Besuch gebeten. Vordergründig ging es darum, ihr die neusten Entwicklungen von BiosynQ zu präsentieren, und so ihr Interesse an einer weitergehenden
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