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Nebenwirkungen (German Edition)

Nebenwirkungen (German Edition)

Titel: Nebenwirkungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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eben als sie näher treten wollte, sah sie, wie sich eine hochgewachsene, elegante Blondine zu ihm setzte und ihn ansprach. Das fängt ja gut an , dachte sie wütend, drehte sich um und wollte wieder gehen. Doch ihre Neugier war stärker. Sie wollte wissen, wie sich dieses Tête-à-Tête entwickelte, so zog sie sich in eine dunkle Ecke zurück, wo sie die beiden ungestört beobachten konnte.
    Die Dame übergab Bastien ein Papier und schien ihn richtiggehend zu bedrängen, es sofort zu lesen. Nach der Lektüre entspann sich ein erregter, lebhafter Dialog, und kurz danach trank er sein halbvolles Glas aus, stand auf und wandte sich dem Ausgang der Bar zu. Alarmiert beobachtete Amélie, wie die Schöne ihm lächelnd folgte. Ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich wenig später, als sie die beiden im Korridor verschwinden sah, der zu den Zimmern im Erdgeschoss führte. Sie musste sich beeilen, um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Vorsichtig spähte sie um die Ecke des Flurs und konnte eben noch rechtzeitig zusehen, wie eine Zimmertür hinter dem aufreizend roten Glitzerkleid der Blondine ins Schloss fiel. Bastiens Zimmer, wie Amélie vermutete. Traurig und wütend zugleich wandte sie sich ab, denn sie fühlte sich zum zweiten Mal von Bastien betrogen. Sie hatte genug gesehen, wollte nur noch weg hier und nie mehr etwas mit ihm zu tun haben, als sich die Zimmertür überraschend wieder öffnete und die Frau in den Flur hinaus trat. Im letzten Moment rettete sich Amélie ins Treppenhaus, als die geheimnisvolle Besucherin mir einem dicken Bündel unter dem Arm auf sie zu eilte.
    Irgendetwas stimmte hier nicht. Es schien sich doch nicht um ein gewöhnliches Techtelmechtel zu handeln, und das weckte ihre Neugier von neuem. Unschlüssig überlegte sie, was sie tun sollte, doch schließlich gab sie ihrem Bauchgefühl nach und klopfte zaghaft an seine Tür. Nichts regte sich. Sie klopfte lauter. Wieder nichts. Seltsam , dachte sie unruhig. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er in dieser kurzen Zeit schon in einen Tiefschlaf gefallen war. Vielleicht war er im Badezimmer und hörte sie nicht. Sie klopfte ein drittes Mal und rief gleichzeitig seinen Namen. Als sie wieder keine Antwort hörte, legte sie ihr Ohr an die Tür und horchte angestrengt. Plötzlich erschrak sie. Hatte sie sich getäuscht? Sie konzentrierte sich und hörte diesmal ein schwaches aber deutliches Stöhnen. Hier stimmte einiges nicht. Aufgeregt rüttelte sie an der Tür, doch die ließ sich nicht öffnen. Sie rannte zur Rezeption und versuchte außer Atem, ihr Problem der verblüfften Empfangsdame zu schildern. Nach einigem Zögern konnte sich ihr Chef endlich dazu durchringen, die Zimmertür aufzuschließen.
    Sie fanden Bastien verkrümmt, mit blutunterlaufenen Augen, reglos am Boden liegen, doch er atmete noch schwach.
    »Mein Gott, er stirbt«, rief Amélie und zitterte am ganzen Leib. »Hätte ich doch schneller reagiert, ich ...«
    »Sie haben völlig korrekt gehandelt«, unterbrach sie der Manager. »Wenn Sie nicht gewesen wären, hätte der Mann keine Chance gehabt. Der Krankenwagen sollte gleich hier sein.« Fünf Minuten später hatte der Nothelfer Bastien stabilisiert. Mit der Sauerstoffmaske atmete er wieder etwas kräftiger, aber er war nicht ansprechbar.
    »Wird er durchkommen?«, fragte Amélie bedrückt. Der Sanitäter schaute sie ernst an und antwortete nachdenklich:
    »Ich denke, er wird es schaffen, obwohl man nie ganz sicher sein kann bei solchen Vergiftungen.«
    »Vergiftung? Er ist vergiftet worden?«, rief Amélie entsetzt.
    »Vermutlich eine hohe Dosis Rohypnol oder etwas Ähnliches. Verursacht Schwindel, Desorientierung, Gedächtnisverlust, Sprachstörungen, macht den Patienten bewegungslos und in diesem Fall bewusstlos. Die Droge kann tödlich sein. Viele Selbstmorde sind auf Rohypnol zurückzuführen. Wir müssen ihn so schnell wie möglich ins Spital bringen. Sind Sie eine Verwandte? «
    »Nein, ich ...«
    »Aber Sie kennen ihn. Kommen Sie, begleiten Sie uns bitte, wir haben einige Fragen, die Sie unterwegs und im Spital beantworten können. Wir müssen uns beeilen.« Die Männer schoben die Trage mit dem immer noch bewusstlosen Bastien mit geübten Griffen in den Krankenwagen. Amélie stieg mit der Mannschaft ein, und der Wagen brauste mit heulender Sirene und Blaulicht los, bevor sie begriff, was mit ihr geschah. Sie konnte nicht fassen, was sie eben erlebt hatte. Warum sollte sich Bastien in Heidelberg umbringen

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