Necare (Verlangen) (German Edition)
Nicht einmal meine Sachen hatte ich eingeräumt.
„Wir warten
dann draußen“, erwiderten sie zögernd und ließen mich im Zimmer zurück. Erst
jetzt räumte ich zusammen und versuchte, meinen restlichen Mut zu mobilisieren.
Mit einem Seufzen erhob ich mich langsam und ging zu Herrn Gnat.
„Es tut mir
leid, Ihren Unterricht gestört zu haben. Es wird nicht wieder vorkommen“,
murmelte ich leise, ohne ihm in die irren Augen zu sehen. Auch so bekam ich
mit, dass er mit seinen dünnen Lippen ein schmales, ekelhaftes Grinsen
aufgesetzt hatte.
„Das will ich
auch hoffen. Gibt es sonst noch etwas?“
Ich
unterdrückte ein Seufzen und sagte: „Ich wollte Sie bitten, mir das Armband
wiederzugeben.“
„Nun, das tut
mir leid. Ich gebe eingesammelte Gegenstände grundsätzlich nicht zurück. Ich
sammle und vernichte sie nach einer Weile. Ich hoffe, das ist Ihnen eine
Lehre.“ Damit nahm er seine Tasche und wollte das Klassenzimmer verlassen. Zunächst
stand ich fassungslos da, doch dann kam Leben in mich. Er wollte Nights
Geschenk vernichten?! Sofort hastete ich Herrn Gnat hinterher, um mich ihm in
den Weg zu stellen. Er verzog missbilligend das Gesicht, als ich vor ihm stand.
„Was noch?
Ich denke, es ist alles gesagt worden.“
„Hören Sie
bitte, ich brauche das Armband wieder. Es ist wichtig, wirklich.“
„Das kann ich
mir schon denken, dennoch hätten Sie sich das vorher überlegen müssen.“
„Sie können
es doch nicht einfach behalten.“
„Und wie ich
das kann. Schlagen Sie es sich am besten aus dem Kopf.“
„Das kann ich
nicht!“, allmählich überschwemmten mich immer mehr Gefühle. Panik, Angst und
vor allem Wut. „Bitte, es ist ein Geschenk.“
„Ich dachte
mir bereits, dass ein Männerarmband nicht für Sie selbst ist. Zudem entgeht
auch uns Lehrern nicht der Tag, an dem hier alles kopfsteht, weil ein gewisser
Herr Reichenberg Geburtstag hat. Er wird auf ein Geschenk weniger mit
Sicherheit gut verzichten können.“
„Aber…“
„Nichts
aber!“, seine Stimme überschlug sich, Speicheltropfen flogen in hohem Bogen
umher und ich war mir sicher, dass die Ader an der Schläfe jeden Moment platzen
würde.
Ich schrak
einen Schritt zurück, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber gleich
wieder. Es hatte keinen Sinn. Ich kam nur in Teufelsküche, wenn ich so weiter
machte.
„Entschuldigen
Sie…“, stammelte ich und wollte das Klassenzimmer verlassen.
„Es sieht
einer wie Ihnen ähnlich, solchen Ramsch zu kaufen. Glauben Sie mir, ich tue
Ihnen sogar einen Gefallen damit, es nicht zurückzugeben.“ Er betrachtete mich
voller Hass, als er fortfuhr. „Wie fühlt es sich eigentlich an, mit der
Gewissheit zu leben, dass Sie nur Dank Ihres Vaters hier an der Schule sind? Lebten
wir in einer gerechten Welt, würde so etwas wie Sie nicht einmal den Fuß über
diese Schwelle setzen dürfen. Ich an Ihrer Stelle würde mich schämen, doch
wahrscheinlich sind Sie auch noch stolz darauf, nicht wahr?!“
Heißglühender
Hass raste durch meine Adern, doch ich wandte mich wortlos um und verließ den
Raum. Draußen erwarteten mich meine Freundinnen. Thunder war die erste, die auf
mich zueilte. „Hey, es tut mir leid. Das war doch das Geschenk für… ?“
Ich ging
einfach weiter. In meinem Kopf drehte sich alles. Dieser verfluchte Mistkerl!
Am liebsten hätte ich ihm ebenfalls ein paar entsprechende Worte an den Kopf
geworfen! So einfach würde ich das nicht auf mir sitzen lassen!
„Verflucht,
bleib stehen!“, sagte Shadow und packte mich am Arm.
„Ich muss das
Armband wiederbekommen!“, erklärte ich.
„Das kann ich
ja verstehen“, fuhr sie fort. „Nur wird das verdammt nochmal nicht gehen. Gnat
ist bekannt dafür, dass er in dieser Hinsicht unerbittlich ist. Einmal
eingesammelt, kannst du es vergessen. Ich weiß, dass dich das ärgert, aber…“
„Nichts aber!“
„Force…“,
begann nun auch Thunder. „Es tut mir leid. Es ist meine Schuld. Ich hätte dich
nicht so drängen dürfen.“
„Nein, das
ist es nicht.“
„Du kannst nichts dagegen tun. Selbst der Direktor wird dir da nicht helfen“,
versuchte es nun Céleste.
„Willst du
ihm stattdessen nicht einfach was backen oder wir überlegen uns was anderes…“,
schlug Thunder vor.
Ich
schüttelte den Kopf. „Nein, ich will das Band und wenn ich es stehlen muss. Ich
hole es mir zurück.“
Die drei
sahen mich erschrocken an. „Das… das ist doch nicht dein Ernst?“, fragte
Céleste mit böser
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