Necare (Verlangen) (German Edition)
manche lernen es einfach nicht.
Nein, sie lernen es einfach nicht. Da fällt mir ein!“ Sein Blick huschte nach
oben und betrachtete uns alle nun wieder mit diesen flackernden Augen. „Ich
habe die richtige Antwort noch gar nicht erhalten. Frau Lamka, seien Sie doch
bitte so nett.“
Während das
Mädchen sich erhob und es besser zu machen versuchte, rutschte Thunder noch
näher zu mir und begann zu flüstern: „Mann, mir ist langweilig und ich will
jetzt endlich wissen, was du für ihn hast. Warum bist du nur so verstockt?!“
„Frau Gronau,
wollen Sie uns nicht allen mitteilen, was so wichtig ist, dass Sie mitten im
Unterricht ein Schwätzchen halten?!“ Sein Kopf ruckte bei jedem Wort von einer
Seite zur anderen und seine Pupillen starrten uns wie große, schwarze Löcher
entgegen.
„Ich habe nur
gerade gesagt: Der zweite Schritt beinhaltet, dass man mit einem silbernen
Messer die Wunde ausschabt und zum Abschluss Behiner Kraut darauf legt.“
„Sie scheinen
ja bestens informiert zu sein“, knurrte er. „Können Sie mir dann auch sagen,
wann eine solche Verletzung absolut tödlich ist?“
„Bei
Neumond“, antwortete sie wie aus der Pistole geschossen.
„Gut“,
erwiderte er, wobei seine Zähne vor Wut knirschten. „Ich denke, ich werde Sie
nun öfters zu Wort bitten.“ Seine Augen verengten sich zu kleinen finsteren
Schlitzen, doch erneut schien seine Drohung nicht das zu erzielen, was er
beabsichtigt hatte. „Ich werde demnächst bestimmt auch auf Sie zurückkommen und
gegen einen Dämon antreten lassen.“
Das hatte ich
kommen sehen. Thunder ließ sich zwar nichts anmerken, doch keiner von uns
stellte sich gerne einem von Gnats Monstern. Ich sah betreten zu Boden und
fühlte mich mitschuldig. Hätte ich nur eher nachgegeben. Ich kannte meine
Freundin doch gut genug und hätte es kommen sehen müssen. Dank meines
schlechten Gewissens und als eine Art Friedensangebot beugte ich mich vorsichtig
zu meinem Rucksack hinunter und holte das Armband heraus. Ich setzte mich
wieder aufrecht hin und linste zu ihr hinüber. Sie schien nun aber doch dem Unterricht
zu folgen. Ich zischte leise, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, während ich
das Band weiterhin in meinen Händen, unter dem Tisch verborgen, hielt.
„Thunder“,
versuchte ich es noch einmal.
„Kann ich Ihnen
vielleicht helfen?“, fragte die kalte Stimme von Herrn Gnat.
„Nein… ähm,
es war nichts.“
„Ach?!“ Er
kam langsam auf mich zu. Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, während sich
mein Magen verknotete. Wo sollte ich das Band nur hin tun? In die Tasche konnte
ich es nicht stecken, ohne mich hinab zu beugen und hinzusehen. Ich versuchte
es irgendwie zwischen Knien und Händen zu verbergen. Der Lehrer kam immer näher
und stand schließlich neben mir. Er blickte mich drohend an, während ich vor Anspannung
die Luft anhielt. Ich konnte nicht nur seinen Blick, sondern den der ganzen
Klasse auf mir spüren. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er endlich wieder
etwas sagte.
„Wären Sie so
freundlich, uns allen zu zeigen, was Sie da unter der Bank verstecken?!“
„Nichts…“,
stammelte ich. Ich hätte mich dafür ohrfeigen können, dass ich nicht mal
annähernd überzeugend klang.
Er baute sich
vor mir auf und streckte seine Hand aus; er bebte vor Zorn. „Geben Sie es mir
oder Sie werden mich kennenlernen. Seien Sie sich dessen gewiss: Wie Sie sich
auch entscheiden, ich bekomme, was Sie da verstecken!“ Seine Augen traten aus
seinem Kopf hervor, sein Hals war glühend rot und eine dicke Ader pochte an
seiner Schläfe. Mit zitterenden Händen gab ich ihm das Band. Er betrachtete es
und schmunzelte amüsiert. „Nein, wie niedlich. Sie glauben an Runen?! Selbst
Ihnen hätte ich mehr Verstand zugetraut.“ Fröhlich und beschwingt schritt er
zum Lehrerpult, öffnete etwas dahinter und legte das Band hinein.
„Wenden wir
uns an dieser Stelle nun wieder der richtigen Magie zu.“
Ich konnte
nicht mehr nach oben blicken. Wie versteinert saß ich da und starrte auf mein
Buch. Thunder blickte mich hin und wieder an, doch es dauerte eine Weile, bis
sie sich traute, etwas zu flüstern: „Hey, es tut mir leid… Das wollte ich
nicht.“
„Ist schon
gut“, wisperte ich leise. Es war meine eigene Schuld gewesen.
Nach der
Stunde blieb ich sitzen, bis alle gegangen waren. Meine Freundinnen hatten mich
aufgefordert, mitzukommen, doch ich hatte nur ein „Gleich“ gemurmelt und war
weiter auf dem Stuhl verharrt.
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