Necroman
Ständer für die Räder angebracht worden waren. Das Rad seines Freundes stand schon dort. In seiner giftgrünen Farbe war es nicht zu übersehen.
Der Junge war froh, das Ziel erreicht zu haben Viel länger hätte er die Kälte auch nicht ausgehalten. Seine Hände waren schon so steif geworden, dass er sie kaum noch spürte. Seine Finger schienen in einer krallenartigen Haltung erstarrt zu sein.
Mit der Schulter drückte er die Glastür auf. Der Boden war glatt. Die großen, viereckigen Steinfliesen lagen dicht beisammen. Ihre Oberfläche schimmerte grau.
Zur Turnhalle gehörte noch ein Schwimmbad. Um es zu erreichen, hätte der Junge in den Keller gehen müssen. Den Weg nahm er nicht. Als er den offenen Treppenschacht passierte, erwischte ihn ein warmer Luftstoß, und er hörte auch die Stimmen der Badegäste.
Er ging durch einen Flur. An der linken Seite lagen die Türen, die zu den Umkleidekabinen und den Duschen führten. Dafür zeigte er kein Interesse. Er musste bis zum Ende des Flures durchgehen, wo die eigentliche Turnhalle begann.
Die schwere Doppeltür ließ sich nur mühsam nach innen schieben. Tim hatte schon einen Blick durch die Glastür werfen können und seinen Freund Tony gesehen. Der spielte mit dem Ball. Er ließ ihn immer wieder aufticken und lief dabei im Kreis. Hin und wieder warf er ihn in Richtung Korb, um so seine Treffsicherheit zu verbessern. Tony war so in sein Spiel vertieft, dass er Tim zunächst nicht sah. Erst als er praktisch schon neben ihm stand, entdeckte Tony ihn, lachte und schleuderte den Ball weg. Dann drehte er sich um. »Hi«, sagte Tim.
Tony schüttelte den Kopf. Er war größer als Tim und hatte sein schwarzes Haar im Nacken zu einem Zopf gebunden. Er trug eine schwarze Hose und ein hellrotes Hemd. An den Rändern des Ausschnitts hatte der Schweiß dunkle Flecken hinterlassen.
»Ach, kommst du auch noch mal.«
»Ja, aber ich…«
Tony grinste. Sein Mund war breit, die Lippen schmal. »Sag nichts, du hast dich mal wieder nicht lösen können.«
»Doch. Wäre ich sonst hier?«
»Ist schon okay.« Tony wischte mit dem Unterarm Schweiß von der Stirn. »Zieh dienen Anzug aus und mach mit.«
»Nein!«
Tony, der den Ball holen wollte, stoppte in der Bewegung. »Was hast du gesagt?«
»Ich mache nicht mit.«
Tims Freund krauste die Stirn. »Du willst mich doch nicht verarschen oder?«
»Überhaupt nicht.«
»Aber du siehst so kaputt aus.«
»Das bin ich auch.«
»Was war denn los?«
»Ich habe Angst!« flüsterte Tim und schaute sich bei der Antwort vorsichtig um. »Ich habe einen verdammten Schiss, verstehst du das?«
»Nein. Wovor denn?«
»Es ist da was passiert, mit dem ich nicht zurechtkomme. Schau dir mein Knie an.« Er winkelte das rechte Bein an. Dort war der Stoff aufgerissen und die Wunde zu sehen, Tony Kendall lachte leise. »Eine Verletzung.« Seine Stimme klang spöttisch. Er sagte dem anderen, was er davon hielt. »Wegen einem Kratzer willst du nicht trainieren?«
»Genau.«
»Wie hast du das denn gemacht?«
Tim schüttelte den Kopf. »Nicht ich, Tony. Die Wunde stammt von einer Sense.«
»Ha, ha!« Wieder lachte der Junge. »Von einer Sense. Du bist also in den Stall gegangen, hast dir so ein Ding geholt, um Gras zu mähen.«
»Quatsch!«
»Seit wann hast du denn eine Sense?«
»Nicht ich habe sie. Aber Necroman.«
»Wer ist das denn?« Tony trat einen Schritt zurück, als wäre ihm sein Freund plötzlich suspekt.
»Necroman ist eine Puppe.« Als Tony darauf nichts sagte, sprach Tim weiter. »Ich habe dir doch davon erzählt, dass ich mir die Puppen geholt habe.«
»Klar. Und du wolltest sie mir sogar mal zeigen. War aber wohl nichts damit.«
»Die wirst du auch nie zu sehen bekommen, Tony, weil es keine normalen Puppen sind.«
»Was sind sie dann?«
»Killer. Zumindest eine - Necroman.« Tim nickte hoch, um die Antwort zu bekräftigen.
Tony Kendall schloss den Mund. Er wartete, ging dann vor und legte seine linke Handfläche gegen Tims Stirn.
»He was soll das?«
Tony grinste. »Ich will nur wissen, ob du Fieber hast. Nur einer mit Fieber kann so einen Scheiß reden. Puppen, die Killer sind. Bescheuert ist das! Das gibt es nur im Kino oder in irgendwelchen Romane. Aber doch nicht in Wirklichkeit.«
Tim schlug die Hand zur Seite. »Ich weiß, dass es in deinen Kopf nicht rein geht, aber die Wunde habe ich mir nicht selbst zugefügt. Die stammt von einer Sense.« Er deutete auf sein Knie. »Hast du gehört? Von einer
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