Necromancer - The Death of the Necromancer
nicht riskieren, selbst noch einmal nach Coldcourt zu fahren. Bring bitte die Kugeln in die Lagerhalle und leg sie in Arisildes Tresor. Dort drinnen könnte sie bestimmt nicht mal der echte Constant Macob finden.«
Ein grimmiges Glitzern trat in Reynards Augen. »Jetzt habe ich den Eindruck, dass ich was verpasst habe. Wer zum Teufel ist dieser Constant Macob?«
»Das erklär ich dir unterwegs.«
Made line trieb eine Mietdroschke für die Fahrt nach Coldcourt auf, und Nicholas ging mit Reynard zur Kutsche. Devis und Crack saßen auf dem Bock. Sein Gefolgsmann begrüßte ihn mit einem knappen Nicken. Nicholas trat dicht an ihn heran, um sich vor neugierigen Augen zu schützen, und gab Crack seine Pistole zurück.
»Es ist wirklich seltsam«, bemerkte Reynard, nachdem er das Buch beäugt und Nicholas’ Theorie über ihren Gegner gelauscht hatte, »dass wir zum Gericht fahren, um mitzuerleben, wie Inspektor Ronsarde vor dem Magistrat vernommen wird. Eigentlich hatte ich immer erwartet, dass ich irgendwann seinen Platz einnehme.«
»Seltsam ist noch vorsichtig ausgedrückt.« Nicholas merkte, wie seine Kiefer mahlten. Nach dem ersten Schock über Ronsardes Verhaftung war in ihm wieder der Zorn auf Octave und seinen irrsinnigen Zauberer hochgestiegen. Sie hatten Edouards Wissen gestohlen, sie hatten versucht, ihn und
Madeline zu töten, und jetzt … Jetzt auch noch Ronsarde. Eigentlich hätte er ihnen dankbar sein müssen dafür, dass sie den großen Inspektor vernichteten, etwas, das er selbst nie geschafft hatte. Nur dass ich schon seit Jahren nicht mehr darauf aus bin, ihn zu vernichten. Anstatt dankbar zu sein, kochte er vor Wut. Es genügte ihnen nicht, dass sie das Leben seiner Freunde und Gefolgsleute gefährdeten, nein, sie mussten auch seinen vornehmsten Gegner angreifen. »Wo ist Octave?«
»In der Nacht, als wir diesen kleinen Zwischenfall am Lethe Square hatten, ist er aus dem Hotel Galvaz ausgezogen und unter falschem Namen im Dormier abgestiegen. Ein paar von Cusards Leuten behalten ihn im Auge. Ach, noch was. Lamane und ich sind noch mal zu dieser Fabrik gefahren, zu der uns Octave geführt hat. Da war überhaupt nichts, nur ein alter, leerer Bau.«
Nicholas zog eine Grimasse. Octaves Benehmen war unerklärlich. Am ehesten ließ sich das wahrscheinlich mit ein paar kräftigen Hammerschlägen auf den Hinterkopf des Spiritisten ändern. »Ich verstehe nicht, warum Octave nicht die Stadt verlassen hat, zumindest so lange, bis wir aus dem Weg geräumt sind.«
»Er hat eine Verabredung zu einer Séance im Fontainon House. Die will er wahrscheinlich auf keinen Fall verpassen.«
»Im Fontainon House?« Ein eisiges Gefühl der Vorahnung beschlich Nicholas. Dieses Haus war der Sitz einer Cousine der Königin, einer älteren Frau ohne großen Ehrgeiz außerhalb der gesellschaftlichen Sphäre. Doch das Beunruhigende war, dass sich ihr Anwesen in Sichtweite des Palasts erhob. Vielleicht sogar innerhalb des Rings von Palasthütern.
Dass Octave ausgerechnet dort einen spiritistischen Zirkel veranstalten wollte, klang für Nicholas weniger nach einem neuen Betrug als nach einer Aktion mit einem ganz bestimmten Ziel.
»Sagt dir das was?« Reynard betrachtete gespannt Nicholas’ Gesicht.
»Es weckt ziemlich unangenehme Vorstellungen. Wie hast du davon erfahren?«
»Im Lusaude bin ich zufällig Madame Algretto begegnet. Sie sind eingeladen. Nach den Vorfällen im Gabrill House war sie nicht besonders scharf darauf, aber ihr sind da wohl eher die Hände gebunden, wenn ich es recht verstanden habe.« Er warf Nicholas einen scharfen Blick zu. »Warum macht dir das solche Sorgen?«
Nicholas schüttelte den Kopf. Sein Verdacht war so nebelhaft, dass er ihn kaum in Worte fassen konnte. Octave hatte sich auf der gesellschaftlichen Leiter Viennes erstaunlich schnell nach oben gearbeitet. Mit der Cousine der Königin war praktisch schon die Spitze erreicht. Schon seit Jahren gingen Gerüchte über ihre merkwürdigen Zerstreuungen um. »Eigentlich war ich der Meinung, dass es keinen Plan gibt. Ich dachte, dass sich Octave so viel wie möglich unter den Nagel reißen will und dass sein Zauberer einfach ein Wahnsinniger ist. Aber das …«
»Aber das bringt dich auf andere Gedanken.«
»Ja.« Nicholas trommelte ungeduldig mit den Fingern auf das Fensterbrett. »Wir brauchen Arisilde. Wenn ich bei dem letzten Gespräch mit ihm nur besser aufgepasst hätte, dann …«
Reynard winkte ab. »Wenn und Aber helfen uns
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