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Necromancer - The Death of the Necromancer

Titel: Necromancer - The Death of the Necromancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Wells
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Sachen beiseite, während er nach seinen Stiefeln am Boden des Kleiderschranks suchte. Er war sich nicht sicher, was er als demütigender empfand: den Vorwurf, dass er jemand anderen um seinen aufregenden Beruf beneidete, oder ihre offensichtliche Überzeugung, dass er in Liebesdingen überhaupt nicht zur Eifersucht fähig war.
    »Tatsächlich? Das ist doch der Grund, warum du niemandem erzählst, was du die ganze Zeit treibst. Du willst alle beeindrucken.«
    In unterdrücktem Zorn zog er sich fertig an. Schließlich warf er sich die abgewetzte schwarze Jacke über die Schultern und schlüpfte in die zerrissenen fingerlosen Handschuhe. Nachdem er sich den Hut vom Tisch geschnappt hatte, zog er den Vorhang zurück und stieß das Fenster auf. In Madelines Gesicht las er, dass sie das Gesagte möglicherweise
bedauerte, doch dafür war es jetzt zu spät. »Ich weiß nicht, was schlimmer ist: die Unrichtigkeit deiner Worte oder deine herablassende Art.« Damit trat er hinaus auf den Fenstersims.
    An den Mauerverzierungen hangelte er sich aufs Dach, und von dort aus gelangte er zur Außentreppe, die hinunter in den Hinterhof führte.
     
    Es war noch zu früh für seine Verabredung, und so strebte Nicholas ins Theaterviertel in der Nähe des Saints Procession Boulevard. Er passierte die Fassaden des Tragedian, des Elegante und des Arcadella mit ihren ebenmäßigen Säulen und Statuen der Grazien und von Schutzheiligen der dramatischen Künste. Auf den Promenaden drängten sich gutgekleidete Besucher. Händler und Blumenverkäufer strömten hinaus auf die Straße und behinderten den Verkehr. Auf der kreisförmigen Wagenauffahrt der Oper stauten sich die Kutschen mit Adelswappen auf den Türen, und die von Zierlampen beschienenen Brunnen in der Mitte krönten das Durcheinander mit einem flammenden Schein aus Licht und bewegtem Wasser.
    Nicholas wich den überfüllten Promenaden und den patrouillierenden Konstablern auf die Straße aus, wo er zwischen den schwerfälligen Kutschen und den flotten Zweispännern schneller vorankam. Als er sich den weniger teuren Theatern und Varietés näherte, die schon gefährlich nah an den Rand von Gabardin und Riverside heranrückten, wurde das Gewühl noch schlimmer. Vor dem High Follies blieb er stehen. Dieses Etablissement war spezialisiert auf grandiose Epen mit Schiffbrüchen auf Fay-Inseln, explodierenden Dampfern auf stürmischer See und Vulkanausbrüchen. Als
Junge hätte er alles gegeben oder gestohlen, um genügend Münzen für einen Besuch dieser Vorstellungen zusammenzukratzen. Für den Erwachsenen, der sich frei bewegen konnte und Geld in der Tasche hatte, hätte der kitschige Zauber eigentlich verblasst sein müssen. Doch es war erstaunlich, welche Anziehung die von zwei golden bemalten, mit Riesenschlangen behängten Palmen flankierte Tür noch immer auf ihn ausübte. Einmal Riverside, immer Riverside. Das bleibt einem im Blut. Was einmal mehr bewies, wie dumm die Leute waren, die an Dinge wie Vererbung und Stammbaum glaubten. In seinen Adern floss das blaue Blut des Adels von Ile-Rien, dem die Alsenes noch immer angehörten, auch wenn sie aufgrund ihrer Schande schon lange nicht mehr in der Öffentlichkeit auftraten. Das wäre ein tröstlicher Gedanke für Nicholas gewesen, wenn er nicht gleichzeitig geahnt hätte, dass sich sein berüchtigter Vorfahre Denzil Alsene in jedem Umfeld zurechtgefunden hätte, das von Gewalt und Faustrecht beherrscht wurde.
    Nicholas marschierte weiter, bis die Theater zu elenden Spelunken und die Varietés ebenso wie die Prostituierten immer kleiner und schäbiger wurden. Schließlich war er in Riverside angelangt.
    Dort fand er eine etwas aktivere Art der Unterhaltung. Er redete mit vielen Leuten oder tauschte Beschimpfungen mit ihnen aus. Einige von ihnen waren alte Bekannte, von denen ihn die meisten unter verschiedenen Namen kannten. Er beobachtete, wie eine Brandykneipe ausgeraubt wurde, und tauchte in eine Seitengasse ab, als die Konstabler mit dem aufgeregten Wirt vorbeizogen. Gedankenversunken lief er weiter, bis er schließlich auf der Freitreppe einer Herrenhausruine landete und sich mit einem Gassenjungen eine
Handvoll heiße Maronen teilte. Dann ertönte der Stundenschlag einer nahen Turmuhr.
    Sein Ziel lag nur wenige Straßen weiter in Richtung des Boulevards, aber die Gegend war eine völlig andere. Das Licht der Straßenlaternen fiel auf nur wenige Passanten, und die meisten Häuser waren hohe Bürogebäude aus Sandstein, die für

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