Necromancer - The Death of the Necromancer
seine Ausbildung, und Edouard hatte ihm nur mitgeteilt, dass er bedauerte, Montesq je als Förderer akzeptiert zu haben, weil er ihn nun als unredlich durchschaut hatte. Nicholas konnte sich das Ganze nur so erklären, dass Edouard etwas über Montesq in Erfahrung gebracht hatte, was der Count bedrohlich fand. Worum es sich dabei handelte, hatte Nicholas bis auf den heutigen Tag nicht erfahren, zumal Edouard in den letzten Monaten seines Lebens niemandem etwas von seiner Arbeit erzählt hatte.
Schließlich hatte sich Nicholas damit abgefunden, dass die Gründe nicht zählten. Entscheidend war, dass Montesq es getan hatte und dafür büßen musste.
Trotzdem konnte es sich Nicholas nicht leisten, Octave einfach zu ignorieren. Er weiß, dass wir im Keller des Mondollot House waren. Wenn er auch von dem bisranischen Gold der Duchess weiß, dann können wir es nicht mehr verwenden, um Montesq wegen Hochverrats an den Galgen zu
bringen. Dieser Gefahr musste er ins Auge schauen. Octave könnte schon heute Abend wieder einen Golem auf mich hetzen.
Die Beleuchtung verdunkelte sich, und das Lärmen der Menge schwoll voller Vorfreude an, ehe es ein wenig nachließ. Es hörte nie völlig auf, doch die Darbietungen der Schauspieler und Schauspielerinnen waren zum Glück so fesselnd, dass es ein Hintergrundrauschen blieb und sich nicht zu einer Lautstärke erhob, die jeden Dialog übertönte.
In der Loge konnten sie jetzt nicht weiterreden, weil sich Madeline sonst geärgert hätte. Abgesehen davon wollte auch Nicholas das Geschehen ungestört verfolgen. »Die Einzelheiten überlegen wir uns beim Abendessen«, bemerkte er leise, bevor er sich der Bühne zuwandte.
4
O bwohl die Luft am späten Nachmittag schon recht kalt war, hatte Nicholas die Jalousien vor den Kutschenfenstern hochgezogen, damit er und Reynard das näher rückende Gabrill House im Auge behalten konnten. Die breite Staubstraße führte durch eine Baumgruppe auf einen Triumphbogen zu, der über fünfzehn Meter hoch und so ausladend war, dass er von vier Kutschen gleichzeitig passiert werden konnte. Aus kurzer Distanz konnte Nicholas erkennen, dass die Steine verwittert und verblichen waren, als wäre das Ding ein Relikt aus einem längst entschwundenen Zeitalter. Doch er wusste, dass es erst vor zehn Jahren gebaut worden war.
»Merkwürdige Wahl für eine Gartendekoration, findest du nicht?«, meinte Reynard.
»Warte, bis du ins Haus kommst, da wirst du erst Augen machen. Eine reiche Witwe aus Umberwald hat sich das alles bauen lassen. Sie hatte zwei erwachsene Söhne, hat aber beide nicht erben lassen. Stattdessen ließ sie ihnen kleinere Häuser errichten - zu beiden Seiten des Hauptgebäudes.« Der Bau luxuriöser Häuser außerhalb der Stadtmauern war in den letzten Jahrzehnten groß in Mode gekommen, und unterwegs hatten sie zahlreiche Exemplare verschiedener Größe und Prachtentfaltung bemerkt. Hier gab es genügend
Platz für geräumige Gärten, und auch die Staubstraßen waren meist breiter und verfügten über ein besseres Abflusssystem als die alten Boulevards im eigentlichen Stadtgebiet. »Bevor Everset es letztes Jahr gekauft hat, haben die Eigentümer Eintrittskarten verkauft, damit die Leute das Anwesen besichtigen konnten.«
»Ja, das hab ich auch gehört.« Reynard zupfte seine Handschuhe zurecht, als die Droschke von der Straße abbog und durch den Bogen fuhr. »Du weißt, du bist kein Zauberer, Nicholas. Was willst du tun, wenn dieser Octave an deiner Anwesenheit Anstoß nimmt und dir mit mehr als nur einem Golem zu Leibe rückt?«
Nicholas lächelte. »Nur du kannst so eine Frage stellen, fünf Minuten bevor wir dem Mann begegnen.« Vom Eingangsbogen aus liefen zwei gepflasterte Auffahrten auf das Haus zu und führten getrennt über einen versenkten Garten, in dem die Wipfel hoher exotischer Pflanzen zu erahnen waren. Das Haus war verkehrt herum gebaut, so dass die Fassade vor ihnen ein großes Kolonnadenoval bildete, das bei anderen Häusern dieses Stils auf den rückwärtigen Garten gezeigt hätte. Aber der Architekt hatte das Ganze gut geplant. Der anmutige Säulengang erhob sich auf einem hügelartigen Fundament aus natürlichem Fels. Auf diese Weise war er mit dem grottenartigen Garten verbunden, über den ihre Droschke gerade rumpelte, und die Vorderseite des großen Hauses glich einer alten Tempelruine.
»Ach, mein Selbsterhaltungstrieb ist völlig unterentwickelt«, warf Reynard lässig hin. »In diesem Punkt muss ich mich
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