Necromancer - The Death of the Necromancer
nach dem Gesichtsausdruck des Counts zu schließen, war es nicht gerade ein Vergnügen für ihn, daran erinnert zu werden.
»Stimmt«, sagte Reynard in belustigtem Tonfall zu Algretto. »Ihre Gesellschaft ist wahrhaft skandalös genug. Alles, was darüber hinausgeht, wäre zu viel des Guten.«
Der Dichter setzte zu einer Antwort an, zögerte aber nach einem kurzen Blick auf Montesq. Anscheinend schloss er aus der Kinnhaltung seines Gönners auf eine gewisse Ungeduld, denn er begnügte sich mit einer ironischen Verbeugung, wie um sich geschlagen zu geben.
Montesq lächelte, ohne die Ungezogenheit der Halbwelt, von der er sich umgeben fand, im Geringsten zu beachten. »Mein Agent wird sich mit Ihrem Unternehmen in Verbindung setzen, Valiarde.«
»Wie Sie wünschen.« Auch Nicholas setzte ein sanftes Lächeln auf.
Nachdem sich Montesq verabschiedet hatte und zu seinem Tisch zurückgekehrt war, wandte sich Madeline mit ernster Miene an Nicholas. »Manchmal finde ich deine Selbstbeherrschung erschreckend.«
»Danke.« Er prostete ihr zu, obwohl er nicht glaubte, dass sie es als Kompliment gemeint hatte.
»Ich persönlich fand dich ungefähr so subtil wie einen Büffel«, warf Reynard trocken ein. »Ist mir was entgangen?«
»Wenn ich zu entgegenkommend gewesen wäre, hätte er Verdacht geschöpft.« Nicholas ließ den Wein im Glas kreisen. »Er weiß ja, dass ich ihn hasse. Er hat bloß keine Ahnung, dass mein Hass für ihn tödlich enden könnte.«
»Er wollte dich also auf die Probe stellen.« Reynard wirkte nachdenklich.
Made line zerpflückte ein Blütenblatt aus dem Tischge - steck. »Möchte nur wissen, warum.«
Diesmal war Nicholas’ Lächeln alles andere als sanft. »Vielleicht hat auch er Angstgefühle.«
Algretto stellte zwar eine Verbindung zu Montesq dar, überlegte Nicholas jetzt, aber nicht zu Octave. Und es war Octaves plötzliches Auftauchen - mitten in den letzten Vorbereitungen zu Montesqs Vernichtung, die den Höhepunkt jahrelanger Anstrengungen bedeuteten -, die Nicholas am meisten Sorgen bereitete. Er wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als Listeri auf einmal sein Publikum bemerkte und einen Topf gegen die Wand neben der Tür schleuderte. Hastig brachten sich Nicholas und die anderen Diener in Sicherheit.
Nach dem Auftragen der Speisen gelang es Nicholas, sich in dem augenscheinlich chronischen Durcheinander im Dienstbotenzimmer mit einer Schüssel kräftigem Eintopf zu stärken, ehe er aus dem Haus schlüpfte, um sich in der Nähe des Tempels zu verstecken.
Im gesamten Garten hatte man in strategischen Abständen bunte Lampen aufgehängt. Das machte den Weg hinaus zum Podium ein wenig spannender, doch er legte ihn ungehindert zurück. An seinem Ziel angelangt, hielt er zunächst Ausschau nach anderen Beobachtern, ehe er wieder
über die Balustrade kletterte. Mitten auf dem Tisch stand eine gläserne Kerzenlampe, und an den Säulen hingen weitere Leuchten. Diese vertieften die Schatten zwischen den Statuen am Rand der Plattform noch, und so zog er sich einigermaßen zuversichtlich hinter die große Urne zurück.
Obwohl Nicholas vorsorglich ein Paar dunkle Handschuhe und einen Schal mitgenommen hatte, war es kalt. Der Wind war schon untertags abgeflaut, und es herrschte eine schwere Stille, wie sie nur auf dem Land zu finden war. Nicholas konnte sogar eine späte Kutsche hören, die vorn auf der Straße am Triumphbogen von Gabrill House vorbeiratterte, hinaus in die grandiosen Parkanlagen vor der Stadt.
Wenig später öffneten sich die Terrassentüren des Hauptgebäudes und entließen Stimmen und Lachen in die kühle Nachtluft. Auf der Brücke über den Garten wurden Lampen angezündet, und so konnte er die Gäste sehen, die sich auf den Weg zum Tempel begaben.
Vorneweg schritt Amelind Danyell in einem schulterfreien Kleid, das sich besser für einen warmen Salon eignete, begleitet von einem jungen Mann, der nicht ganz so groß war wie sie und eine Weste mit einem schrillen Muster trug, das Nicholas sogar aus der großen Entfernung erkennen konnte. An ihrer anderen Seite schritt Count Belennier, der Danyell etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken schien, als es unbedingt nötig war für eine Dame, die bereits an einem anderen Männerarm hing. Dahinter erspähte Nicholas den extravaganten Dichter Algretto, der sich in Hemdsärmeln hinausgewagt hatte, vielleicht in dem Wunsch, sich eine Schwindsucht zuzuziehen und dadurch seine Attraktivität für Frauen wie Amelind Danyell noch
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