Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
einziger Sohn, Jason, wäre in seine Fußstapfen getreten, wäre dieser nicht ...
... gleich bei jenem allerersten Überfall vor nunmehr fast dreieinhalb Jahren verschleppt worden. Seitdem hatte niemand mehr etwas von ihm gehört. Als Lardis heute Abend Nathan erblickte, hatte ihm alles wieder deutlich vor Augen gestanden; aber es hatte mehr als nur die Erinnerung an Jason geweckt, auch den Gedanken, dass er womöglich noch am Leben sein könne. Denn Nestor Kiklu, Nathans Bruder, war in jener Nacht ebenfalls geraubt worden – und er hatte von sich reden gemacht!
Vor etwa siebzehn, achtzehn Sonnaufs hatte Lardis es selbst gesehen:
Nathan Kiklu war von angeblich fantastischen Abenteuern in einem mythischen Land im Osten jenseits der Großen Roten Wüste zurückgekehrt, wo er eine Zeit lang in der Schlucht von Turgosheim als Gefährte oder vielmehr »Vertrauter« des Seher-Lords Maglore in der Runenstatt jenes so genanten Magiers gelebt hatte – einer Feste der Wamphyri! Nachdem Nathan erfahren hatte, dass der mächtige Vormulac Ohneschlaf und die übrigen Möchtegernkriegsherren von Turgosheim fest entschlossen waren, in Bälde die Verfolgung der Lady Wratha und ihrer Abtrünnigen aufzunehmen, um sie ihrer Bestrafung zuzuführen – mit anderen Worten: Sie planten eine Invasion in Nathans Welt der Sonnseite und der Sternseite, womit ein unvorstellbarer Blutkrieg einher-, wenn nicht vorausgehen würde –, nachdem Nathan dies erfahren hatte, hatte er einen Flieger gestohlen und war auf diesem Richtung Westen geflohen.
Dass er es unversehrt, ohne den geringsten Makel davonzutragen, aus Turgosheim herausgeschafft hatte, war an sich bereits ein Wunder. Und noch dazu im Sattel eines Flugrochens ...? Das klang fürwahr wie ein Märchen. Aber Lardis hatte es aus Nathans eigenem Mund vernommen, und er glaubte ihm.
Kaum war der Junge heimgekehrt, hatte er sich auch schon eine Frau genommen – oder vielmehr sie ihn! Sein Mädchen, Misha Zanesti, hatte lange genug auf ihn gewartet, und ihr Vater, Varna, hatte dafür gesorgt, dass das Warten ein Ende hatte. Doch als das Paar später, in der Dämmerung vor Einbruch der Nacht, von seiner Hochzeitswanderung zum Zufluchtsfelsen zurückkehren wollte, war es zur Katastrophe gekommen!
Lardis war ihnen vom Felsen aus in die Nacht entgegengegangen, um sie zur Eile anzutreiben, und hatte so alles miterlebt und war Zeuge des Geschehens geworden.
Nathan und Misha gingen über einen Hügelpfad zum Felsen zurück. Doch aus der nebligen Dämmerung stießen zwei Flugrochen der Wamphyri auf sie herab! Ihre Reiter mochten Lords sein ... oder nur Leutnante? Lardis wusste es nicht, aber ihm war klar, worauf sie aus waren. Und das junge Liebespaar befand sich draußen im Freien, vollkommen ungeschützt, und hatte keine Ahnung von der Gefahr. Dann ...
... hatten sie das Wummern in der nebelfeuchten Luft gespürt, zum Himmel emporgeblickt und gesehen, wie die Hölle losbrach! Ein Reiter setzte mit seiner Bestie Misha nach, der andere Nathan. Lardis sah das Mädchen in ein getarntes Erdloch stürzen, eine Fallgrube für Flieger und Kampfkreaturen. Wahrscheinlich hatte sie einen gehörigen Schrecken davongetragen, vielleicht sogar leichte Verletzungen, aber wenigstens befand sie sich für den Augenblick in Sicherheit. Also war Lardis Nathan nachgestürzt, Hals über Kopf einen geröllbedeckten Hang hinab!
Auf Fersen und Hintern hinabschlitternd, glitt er doch tatsächlich unter einem Flieger hinweg, der, die Schwingen gekrümmt, um die Luft einzufangen, auf Nathan zuschwebte! Lardis stieß mit Nathan zusammen, und einen Augenblick später fanden sich die beiden am Fuß des Hanges wieder. Aber der Flieger folgte ihnen dichtauf, unerbittlich wie ein Schatten und beinahe genauso nah.
Lardis kam als Erster wieder auf die Beine. Er richtete seine Schrotflinte auf den Flieger und feuerte sie aus nächster Nähe in die Augen der Kreatur ab – erst einmal, und dann ein zweites Mal! Das Wesen stieß einen hohen, schrillen Schrei aus, warf den blutüberströmten Kopf nach links und nach rechts und schlug ohnmächtig und angsterfüllt mit den Flügeln. Lardis’ Genugtuung kannte keine Grenzen! Er brüllte wie ein Wahnsinniger, lud nach und zielte auf den Vampir-Lord, der sich abmühte, wieder die Kontrolle über sein verletztes Reittier zu erlangen.
In diesem Moment hob sich der Nebel ein wenig, und Lardis – und auch Nathan – sahen, wer da im Sattel seiner verwundeten Bestie hin und her
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