Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Auferstandene dürfte demnächst die Lords, mich eingeschlossen, zum Kriegsrat zusammenrufen. Schön und gut, aber wahrscheinlich werde ich sie nicht hören. Ich werde in der Kaverne meines Musikinstruments Andacht halten. Ich erwarte von dir, dass du auf ihren Ruf achtest und mir Bescheid gibst, wenn es so weit ist.«
»Jawohl, mein Lord.«
»Dann mach’ dich ans Werk!«
Der Leutnant trollte sich. Doch als er die Gemächer des Hunde-Lords hinter sich ließ und durch die labyrinthischen Gänge und Hallen der Räudenstatt trottete, zuckte er auf einmal heftig zusammen. Hinter ihm erscholl ein stetig an- und abschwellendes Jaulen, so lang gezogen und traurig, wie er es noch nie vernommen hatte. Es kündete von Trübsinn und Unheil, verklang allmählich zu einem Schluchzen und erstarb schließlich ganz.
Besorgt schüttelte der Leutnant den Kopf und machte sich, wie befohlen, an seine Aufgaben ...
VIERTES KAPITEL
Etwa fünfunddreißig Minuten zuvor waren Devetaki Schädellarve und ihr kleiner Erkundungstrupp unweit des gleißenden Tors zu den Höllenlanden auf der Findlingsebene niedergegangen. Nachdem die Lady das Phänomen flüchtig in Augenschein genommen hatte, war sie genauso schlau wie zuvor, aber ihre scharfen Wamphyri-Sinne rieten ihr, sich davon fernzuhalten. Was immer es mit diesem Tor auf sich hatte, im Moment rührte sich dort nichts, und wahrscheinlich war dies auch besser so.
Noch ehe sie landeten, hatten sie und ihre Männer Gorvis Krieger erspäht, der im Schutz einer Felsgruppe lag und sich langsam erholte. Da er sie nicht erkannte, aber dennoch spürte, dass sie eine Wamphyri war, stieß er zwar übel riechende Gase und ein warnendes Gebrüll aus, verhielt sich ansonsten jedoch ruhig. Das Geschöpf war offensichtlich verletzt, was allerdings nichts zu sagen hatte. Ein verletzter Krieger konnte mitunter noch gefährlicher sein.
Da Devetaki keine eigenen Kampfkreaturen mit sich führte, lediglich ihre schnellsten Flugrochen, weil sie sich ja eigentlich nur auf Erkundung befand, ließ sie den Krieger für den Moment links liegen und sandte einen Boten zurück zu Vormulac, um ihm mitzuteilen, wo der Krieger zu finden war. Er verfügte über genügend Fleisch, damit Lord Ohneschlafs Bestien die lange Nacht, die vor ihnen lag, und noch einige Zeit darüber hinaus überstehen konnten. Seinen Männern dürfte der Sinn allerdings nach etwas anderem stehen.
Nachdem sie sich wieder in die Lüfte geschwungen hatte, wagte sie sich nach Süden zur Mündung des Großen Passes vor. Dort angekommen, erhob sie sich ungefähr in deren Mitte in die Höhe und nahm in der Düsternis der vor ihr gähnenden Schlucht die Gedanken von Menschen wahr. Devetaki landete auf einem Plateau östlich des Passes und ermahnte ihre Knechte zu absoluter Stille, während sie selbst, eine geübte Telepathin, sich anstrengte, mitzubekommen, was die Männer da unten dachten.
Dass es sich nicht um Szgany handelte, war ihr auf Anhieb klar, denn die Szgany der Sonnseite hatten bereits vor langer Zeit gelernt, ihre Gedanken vor den Wamphyri abzuschirmen. Sobald die Nacht anbrach, kam ihnen niemand darin gleich, seine Gedanken zu unterdrücken, zu streuen oder auszudünnen; sie wurden zu Motten, Eulen oder Füchsen in der Nacht. In Turgosheim hatten sie in alten Zeiten zudem zu der List gegriffen, sich mit stinkendem Kneblaschöl einzureiben, um jedwede Neugier im Keim zu ersticken. Doch oftmals hatte sie der Gestank sogar verraten, und das Öl konnte man jederzeit wieder abwaschen. Oh, die Szgany kannten sich mit den Wamphyri aus und umgekehrt. Ebendeshalb konnte es sich bei jenen Männern im Pass nicht um Szgany handeln. Wenn sie aber keine Traveller waren und auch keine Trogs von der Sternseite oder Thyre aus der Wüste – und ganz gewiss keine Vampire – was waren sie dann?
Ah, diese neuen Landstriche waren schon merkwürdig und ihre Bewohner womöglich um so mehr! Wahrscheinlich war es am besten, dachte Devetaki, erst einmal eine Zeit lang ihren Gedanken zu lauschen und zuzusehen, was sie in Erfahrung bringen konnte.
Und was sie »hörte«, schien geradezu fantastisch!
Zwei von ihnen verfügten über mächtige übersinnliche Talente und waren äußerst geübt darin, diese auch einzusetzen. Der eine war ein Seher und Lokalisierer, er konnte seinen Geist über weite Entfernungen schweifen lassen, um die Gedanken anderer oder seiner Gegner auszuspähen. Obwohl er schlief, als Devetaki ihn heimsuchte, musste sie dennoch aufpassen,
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