Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
...«
Sie ließ ihn ausreden. Doch dann erwiderte sie: »Weshalb hast du mir diese Fragen nicht schon früher gestellt? Zum Beispiel, nachdem du ... nun, als ich mich plötzlich völlig fassungslos in dieser Seitenstraße wiederfand ... Sehen wir den Tatsachen doch ins Gesicht, Harry! Wenn ich mich hier rechtfertigen muss, dann du doch erst recht! Du sagst, du bist kein Polizist ... Was hattest du dann in jener Nacht dort zu suchen, he? Und ein ganz großes Fragezeichen bleibt immer noch: Wie hast du uns dort rausgebracht? Ich meine, ich kann es immer noch kaum glauben, dass ...«
»Drogen!«, log der Necroscope. »Ich habe dich unter Drogen gesetzt.« (Diese Antwort hatte er sich vorher zurechtgelegt.)
»Was?« Sie kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, sodass sie nun wirklich schräg standen und ihrem Aussehen etwas tierhaft Wildes verliehen. » Du ... hast mich unter Drogen gesetzt? Wann denn?« Bonnie Jean stand deutlich ins Gesicht geschrieben, dass sie ihm kein Wort glaubte.
»Als ich dich am Arm packte, um dich festzuhalten, wolltest du bloß weg, und ich drückte ganz leicht zu. Du warst so sehr damit beschäftigt, dich von mir loszureißen, dass du gar nicht bemerktest, dass ich eine kleine Kanüle in der Hand hielt. Eigentlich war sie für die Leute bestimmt, hinter denen ich her war; aber ich bin ja nicht dazu gekommen, sie einzusetzen.«
Es dauerte einen Moment, bis sie das verdaut hatte. Sie überlegte. »Das klingt alles ... ein bisschen weit hergeholt«, meinte sie schließlich. »Ich soll also bewusstlos gewesen sein, und du willst mich ganz allein da rausgeschafft haben?« Doch Harry sah ihr an, dass sie bereits unsicher war.
»Ich war nicht allein. Hinten im Hof warteten noch ein paar Freunde von mir. Und du darfst nicht vergessen, dass ich die Beleuchtung ausgeschaltet hatte! Das verschaffte uns ein bisschen Zeit. Als die Polizei endlich reinkam, hatten wir dich schon über die Mauer gehievt.«
»Oh?« Sie legte den Kopf schief. »Und dann habt ihr mich in die Gasse gegenüber getragen, quer über die Straße, wo jeder euch sehen konnte, und dort hast du so lange gewartet, bis ich wieder aufgewacht bin, richtig?« Ihre Stimme troff zwar nicht unbedingt vor Sarkasmus, war jedoch kurz davor.
»Ja«, nickte Harry, froh, dass sie selbst ihm den Weg aus seinem größten Dilemma wies. »Ganz recht! Alles ging drunter und drüber. Die meisten Polizisten waren schon drinnen oder hatten sich um die Einfahrt geschart. Überall standen Streifenwagen herum und blockierten die Straße. Und der brennende Lieferwagen lenkte sie natürlich zusätzlich ab. Und wenn sie uns gesehen hätten ... nun, die Leute, für die ich arbeite, verfügen über reichlich Einfluss. Es war also gar nicht so schwierig. Das Präparat, das ich dir gegeben hatte, wirkt schnell und löst sich auch genauso schnell wieder auf. Es dauerte nur wenige Minuten, dann kamst du wieder zu dir. Du warst zwar ein bisschen wackelig auf den Beinen, aber nichts Ernstes. Du erinnerst dich doch daran, wie du dich auf das nasse Pflaster gesetzt hast?«
B. J. wirkte nun in der Tat verunsichert. Sie blinzelte mehrmals, während sie versuchte, all dies zu begreifen. »Na ja, ich war ziemlich aufgewühlt«, sagte sie schließlich. »Ich ... ich wusste nicht, was ich von dem Ganzen halten sollte, es kam mir alles vor wie Zauberei. Also ging ich in mein Hotel und dann ins Bett. Am nächsten Morgen ... nun, da erschien mir alles nur noch wie ein Traum! Und ich hatte ja keine Ahnung, wie ich dich erreichen konnte oder wer du überhaupt warst. Das weiß ich übrigens immer noch nicht!« Sie bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick.
»Ich hätte dir besser nicht geholfen«, sagte der Necroscope und nippte an seinem Wein. »Es hat mir nur Ärger mit meinen Vorgesetzten eingebracht, und zwar mit denen ganz oben. Ich hätte dich in der Werkstatt zurücklassen sollen, dann hättest du sehen können, wo du bleibst, und die Polizei hätte eine Tatverdächtige für die Todesfälle gehabt. Aber ...« Er zuckte die Achseln. »Du hast mir das Leben gerettet und ich stand in deiner Schuld.«
»Heißt das, du bist ... so was wie ein Geheimagent?«
»Ja.« (Das war nicht direkt eine Lüge. Zum damaligen Zeitpunkt war er schließlich tatsächlich einer gewesen.)
»Und ... für wen arbeitest du?«
»Für gewisse Leute.« Erneut zuckte Harry die Achseln. »Wenn die Polizei nicht in der Lage ist, etwas zu erledigen, was getan werden sollte – mit anderen
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