Nefen
machte Shalaby Vorwürfe: „Bitte erkläre mir, was das eben sollte! – Sesmar taucht plötzlich auf und du fällst vor ihm auf die Knie! Betitelst ihn mit Mein Herr !“ Er war wütend.
Shalaby stand erst einmal ganz ruhig da und ließ Sven zur Ruhe kommen. Er wusste, dass aus Sven jetzt die Eifersucht sprach und er deswegen nicht mehr Herr seiner Worte war. Sven lief wie ein wild gewordenes Tier hin und her.
„Also: Erst einmal ist Sesmar gleich Ramses. Das solltest du auch schon raus gefunden haben. Zweitens ist Ramses mein Pharao, der mich zu Euch gesandt hat, um Euch vor Nefertari zu schützen. Sie ist schon seit Jahren hinter Nefen her. Die Götter versuchten Nefen den Weg zu zeigen, aber Nefertari fand immer wieder eine Möglichkeit, Nefen zu beeinflussen und seine Lebenskraft anzuzapfen. Deshalb wurde aus einem einfachen Wegweiser ein totales Chaos, was Nefen als Albtraum erlebte. Sie verstümmelte die Nachrichten und hetzte ihre Geister auf ihn.“
„So, so. Und wer bist du jetzt? Auch ein Geist? Und Nefen, was …, wer … ist Nefen?“
„Nefen ist der, an den Ramses sein Herz verlor. Nur er kann den Fluch von ihm nehmen und seinem Herz wieder Leben einhauchen.
Was mich angeht, ich bin kein Geist. Ramses kam vor etwa zehn Jahren zum ersten Mal zu mir, als ich in dem Tempel unterwegs war. Er erschien mir, da ich durch meine leichten medialen Fähigkeiten in der Lage war, ihn zu sehen und zu verstehen. Von ihm habe ich alles erfahren. Er gab mir vor zwei Wochen einen Teil seiner Kräfte, um meiner Aufgabe gewachsen zu sein. Deshalb kann er sich im Moment auch nur halb materialisieren. Da ich nicht wusste, oder besser eigentlich bis heute nicht weiß, was er mir für Kräfte gegeben hat, konnte ich Euch natürlich auch nichts davon sagen. Außerdem hättet Ihr mir sowieso nicht geglaubt. Die Zeit war einfach noch nicht reif dafür.“
Sven beruhigte langsam wieder.
Aber es störte ihn trotzdem ungemein, dass dieser Typ jetzt aufgetaucht war. Wie auch immer er sich nennen mag, Ramses oder Sesmar oder sonst wie. Er hatte kein Recht, ihm den Geliebten zu nehmen.
Bockig setzte sich Sven auf einen Stein und schaute verzweifelt in den Nachthimmel, der sich über der Wüste breitgemacht hatte.
Doch auch die Sterne konnten ihn nicht trösten.
Nefen verließ den Tempel und sah seinen Freund am Rand sitzen. Er schritt auf ihn zu und umarmte ihn.
„Habe ich dich jetzt verloren?“, fragte Sven unter Tränen.
„Ach was du kleiner Spinner! Wie kommst du denn auf diese blöde Idee?“, antwortete Nefen. Er nahm Svens Gesicht in seine Hände, schaute ihm in die Augen und küsste ihn. „Ich werde auf immer dein sein! Hörst du? Du wirst mich nie verlieren!“
Sven konnte zwar Nefens Worte nicht recht trauen, aber es war zumindest erst einmal das, was er jetzt brauchte.
Sie umarmten sich erneut und Sven hielt seine Liebe so fest, dass Nefen fast erstickte.
Shalaby unterbrach die zwei. „Langsam sollten wir uns um ein Nachtlager kümmern!“
Es wurde auch schon empfindlich kalt. Unweit des Tempels wurde das Zelt aufgebaut und ein Feuer angefacht.
Shalaby ließ, was das Essen anging, seiner Kreativität wieder freien Lauf. Mit sattem Bauch sah die Welt gleich wieder viel besser aus. Beim Essen tauschten die drei ihr Wissen über Nefens Auftrag aus.
„Was ich, nach wie vor nicht verstehe ist, warum Sesmar, äh, Ramses mich Neferty nennt“, sagte Nefen. „Weißt du etwas darüber, Shalaby?“
„Es war eine Ehre, einen Namen vom Pharao zu bekommen, da dieser damit seine Verbundenheit bezeugte. Der junge Mann, in den sichRamses verliebte, bekam von ihm den Namen seiner Lieblingsfrau, die er zwar auch verehrte, aber nicht so liebte wie den Jungen.“ Es war bekannt, dass Ramses mehr als eine Frau hatte. Nur von dem Knaben wusste natürlich keiner etwas, da dieser nirgendwo auftauchte.
Die Nacht verlief unruhig für alle Drei.
Nefen hatte zwar keinen Traum mehr, aber der Tag war einfach zu emotional geladen gewesen, als dass er oder die anderen Ruhe finden konnte.
So blieb jeder für sich mit seinen Gedanken noch lange wach.
*
Die Busse, mit denen wieder ein Schwarm Touristen kam, weckten die drei. Es war schon zehn Uhr am Morgen. Die Sonne schien wie jeden Tag und kein Wölkchen trübte den strahlend blauen Himmel. Zum Glück hatten sie das Zelt so aufgebaut, dass niemand sie sehen konnte. Sie saßen beim Kaffee und Nefen fragte sich, wie er jetzt weitermachen sollte.
„Du musst mir verzeihen
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