Neferets Fluch ( House of Night Novelle )
hatte mich noch genug in der Gewalt, um die Lippen fest zusammenzupressen und meinen Ausbruch zurückzuhalten. Plötzlich war ich sehr nervös und fand mich unglaublich ungeschickt. Ich setzte mich auf die Marmorbank und fuhr unter dem Versuch, mein zerzaustes Haar wieder aufzustecken, fort: »Verzeihen Sie mir, Mr. Simpton. So hätte ich nicht sprechen sollen.«
Er folgte mir zu der Bank, blieb aber davor stehen. »Warum denn nicht! Können wir nicht Freunde sein, Emily?«
»Doch«, sagte ich leise, froh, dass mein ungebärdiges Haar mein Gesicht verdeckte. »Ich würde mich freuen, wenn wir Freunde sein könnten.«
»Dann müssen Sie mich Arthur nennen und dürfen sich nicht scheuen, zu mir zu sprechen wie zu einem Freund. Und ich werde Sorge tragen, dass Ihr Vater nichts an mir auszusetzen findet. Ich werde nicht einmal erwähnen, dass ich Sie hier im Garten fand.«
Meine Hand erstarrte sofort, und ich ließ sie sinken. »Bitte, Arthur. Wenn Sie mein Freund sein wollen, bitte erwähnen Sie nicht, dass Sie mich noch einmal sahen, nachdem ich das Speisezimmer verlassen hatte.«
Ich glaubte, in seinen tiefblauen Augen etwas wie Erstaunen zu sehen, doch es wich so schnell einem freundlichen, ermutigenden Lächeln, dass ich nicht sicher war. »Ich werde Ihrem Vater nichts von diesem Abend erzählen, Emily, außer zu wiederholen, welch eine reizende Gastgeberin seine Tochter war.«
»Danke, Arthur.«
Da setzte er sich neben mich. Nicht ganz nah, aber sein Duft wehte mich an – er roch nach Zigarren und etwas, was beinahe süß anmutete. Im Nachhinein erkenne ich, wie närrisch das von mir war. Wie kann ein Mann süß riechen? Doch in diesem Moment begriff ich nicht, dass sein Atem mir darum süß vorkam, weil er nicht wie Vaters mit den starken Gerüchen von Branntwein und Zigarren geschwängert war.
»Kommen Sie oft hierher?«
Seine Frage schien so leicht zu beantworten.
»Ja.«
»Und Ihr Vater weiß nichts davon?«
Ich zögerte nur einen Augenblick lang. Sein Blick war so mitfühlend – so ehrlich – und er hatte versichert, dass er mein Freund sein wolle. Sicherlich konnte ich mich ihm anvertrauen, aber vielleicht sollte ich noch vorsichtig sein. Ich zuckte beiläufig mit den Schultern und fand eine Antwort, die so wahr wie vage war. »Oh, Vater ist so in seine Geschäfte vertieft, dass er den Garten kaum bemerkt.«
»Sie aber lieben ihn?«
Ich nickte. »Ja. Er ist wunderschön.«
»Bei Nacht? Aber es ist so dunkel, und Sie sind ganz allein.«
Ich lächelte ihn schüchtern an. »Nun, da Sie jetzt mein Freund sind, kann ich Ihnen wohl ein Geheimnis anvertrauen, auch wenn es nicht gerade damenhaft ist.«
Arthur grinste schelmisch. »Ist Ihr Geheimnis nicht damenhaft oder die Tatsache, dass Sie es mir anvertrauen?«
»Ich fürchte, wahrscheinlich beides.« Allmählich wich meine Schüchternheit, und ich wagte sogar kokett mit den Wimpern zu klimpern.
Er beugte sich ein wenig zu mir. »Das macht mich neugierig. Als Ihr Freund bestehe ich darauf, dass Sie es mir sagen.«
Ich sah ihm in die Augen und vertraute ihm die Wahrheit an. »Ich mag die Dunkelheit. In ihr fühle ich mich behütet und getröstet.«
Sein Lächeln schwand, und ich bekam Sorge, ob ich zu viel preisgegeben hatte. Doch als er antwortete, war in seinem Ton noch immer dasselbe Mitgefühl. »Arme Emily. Ich kann mir vorstellen, dass Sie in der letzten Zeit viel Trost brauchten, und wenn dieser Garten Sie tröstet, ob bei Tag oder Nacht, dann ist er in der Tat ein wundersamer Ort!«
Erleichterung und Freude darüber, wie einfühlsam er war, durchströmten mich. »Ja! Verstehen Sie, er ist meine Zuflucht, meine Oase. Schließen Sie doch einmal die Augen und atmen tief durch. Sie werden ganz vergessen, dass es Nacht ist.«
»Nun, warum nicht. Gern.« Er schloss die Augen und nahm einen tiefen Atemzug. »Was für ein lieblicher Duft ist das? Den habe ich bisher noch gar nicht bemerkt.«
»Das sind die Prachtlilien. Sie haben gerade erst zu blühen begonnen«, erklärte ich glücklich. »Halten Sie die Augen weiter geschlossen und lauschen Sie. Erzählen Sie mir, was Sie hören.«
»Ihre Stimme, die ebenso süß klingt, wie die Lilien duften.«
Mir schwindelte von dem Kompliment, doch gespielt ernst schalt ich: »Lauschen Sie nicht mir, Arthur. Lauschen Sie auf die Stille und sagen Sie mir, was Sie darin hören.«
Er hielt die Augen geschlossen und neigte den Kopf. »Wasser. Ich höre den Brunnen.«
»Genau! Am liebsten sitze
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