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Neferets Fluch ( House of Night Novelle )

Neferets Fluch ( House of Night Novelle )

Titel: Neferets Fluch ( House of Night Novelle ) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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zu stottern.
    Er bot mir seinen Arm, und ich legte die Hand darauf. Anders als Vaters Arm war der Seine schlank, und unter dem Aufschlag seiner Manschetten quoll kein dichter Pelz aus dunklen Haaren hervor. Und er war so herrlich groß!
    »Sorgen Sie sich nicht«, flüsterte er, während wir vor dem Rest der kleinen Gruppe ins Speisezimmer traten. »Niemand außer Pullman und mir hat gehört, wie er Sie Alice nannte.«
    Blitzartig hob ich den Blick.
    »Ein verständlicher Irrtum«, fügte er rasch und leise, nur für meine Ohren, hinzu. »Doch für Sie war es gewiss schmerzlich.«
    Ich konnte kaum sprechen, daher nickte ich nur.
    »Dann will ich versuchen, Sie von Ihrem Schmerz abzulenken.«
    Und etwas Wundersames geschah – Arthur setzte sich zum Essen neben mich! Natürlich saß ich zu Vaters Rechten, doch ausnahmsweise lag seine Aufmerksamkeit ganz auf seiner linken Seite bei Mr. Pullman und Mr. Burnham, der neben diesem saß. Als ihr Gespräch von der elektrischen Beleuchtung des Bahnhofs dazu überging, ob auch die Hauptpromenade der Ausstellung elektrisch illuminiert werden könne, schloss sich der Architekt Frederick Law Olmsted der Diskussion an, was diese nur noch hitziger werden ließ. Arthur hielt sich aus den Gesprächen größtenteils heraus. Die anderen Herren scherzten, er sei ein schwacher Ersatz für seinen gichtgeplagten Vater, doch er stimmte ihnen nur lachend zu; als sie sich von neuem ihrem Wortgefecht zuwandten, richtete Arthur seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. Niemand, nicht einmal Vater, schien das zu bemerken, vor allem nicht mehr, nachdem ich die fünfte Flasche unseres guten Cabernets hatte kommen und großzügig hatte ausschenken lassen – doch warf er mir stets einen scharfen Blick zu, wenn ich über eine witzige Bemerkung von Arthur lachte. Rasch lernte ich, mein Gelächter zu unterdrücken und nur still in meinen Teller hineinzulächeln.
    Doch ich sah auf, sooft ich es nur wagte. Ich wollte in Arthurs wunderschöne blaue Augen blicken, wollte mich an dem Funkeln und der Freundlichkeit darin sattsehen.
    Doch das durfte Vater auf keinen Fall mitbekommen, und auch Mr. Elcott nicht. Dessen Blick hatte nicht Vaters Intensität, doch fand ich, dass er oft an diesem Abend auf mir ruhte. Er gemahnte mich daran, dass sowohl Mrs. Elcott als auch Camille die Erwartung hegten, Arthur Simpton werde bald seine ernsten Absichten dieser gegenüber erklären; doch um ehrlich zu sein, hatte ich das keinen Augenblick lang vergessen.
    Während ich dies schreibe, empfinde ich eine gewisse Trauer, oder vielleicht wäre es aufrichtiger zu sagen: Mitleid für die arme Camille. Doch sie hätte sich nicht der Selbsttäuschung hingeben dürfen. Die Wahrheit steht fest. An jenem Abend nahm ich ihr nichts, was nicht zuerst sie mir zu nehmen versucht hätte. Mir aber wurde es aus freien Stücken und mit Freuden geschenkt.
    Das Dinner, vor dem ich mich so gefürchtet hatte, schien nur einen flüchtigen Augenblick zu dauern. Viel zu früh stand Vater mit gerötetem Gesicht vom Tisch auf und kündigte mit undeutlicher Stimme an: »Gehen wir doch auf eine Zigarre und einen Brandy in die Bibliothek.«
    Ich erhob mich mit ihm, und auch die fünf Herren kamen eilig auf die Füße.
    »Zuerst will ich einen Toast aussprechen«, sagte Mr. Pullman. Er hob sein fast leeres Weinglas, und die Übrigen schlossen sich an. »Auf Miss Emily Wheiler und dieses zauberhafte Mahl. Sie machen Ihrer Mutter alle Ehre.«
    »Auf Miss Wheiler«, echoten die Herren und prosteten mir zu.
    Ich schäme mich nicht, zuzugeben, dass mich Stolz und Freude durchströmten. »Vielen Dank, meine Herren. Sie sind zu freundlich.« Während sich alle vor mir verneigten, gelang es mir, einen Blick auf Arthur zu erhaschen, der flüchtig zwinkerte und mir ein atemberaubendes Lächeln schenkte, bei dem seine weißen Zähne blitzten.
    »Du warst bildhübsch heute Abend – bildhübsch«, nuschelte Vater. »Lass uns Brandy und Zigarren in die Bibliothek bringen.«
    »Danke, Vater«, sagte ich leise. »George wartet dort bereits mit beidem auf euch.«
    Da nahm er meine Hand in seine gewohnt feuchte und hob sie an seine Lippen. »Das hast du hervorragend gemacht. Ich wünsche dir eine gute Nacht, meine Liebe.«
    Die anderen Herren schlossen sich seinem Wunsch an, und ich eilte aus dem Zimmer, wobei ich mir den Handrücken an meinen weiten samtenen Rockfalten abwischte. Den ganzen Weg spürte ich Vaters brennenden Blick auf mir. Ich wagte nicht,

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