Neferets Fluch ( House of Night Novelle )
hervorragende Idee.«
»Ich wusste gar nicht, dass dir der Garten so am Herzen liegt, Emily«, sagte Mrs. Elcott in genau dem herablassenden Ton, vor dem ich mich gefürchtet hatte. »Ich dachte, du und Camille befassten sich viel lieber mit Fahrradfahren und der neuesten Haarmode in den Zeitschriften als mit Gärtnerei.«
Einen Augenblick brachte ich nichts heraus. Der ganze Raum schien mit angehaltenem Atem auf meine Antwort zu warten. Würde ich mich als Mädchen oder als Frau erweisen?
Ich straffte den Rücken, hob das Kinn und begegnete Mrs. Elcotts überheblichem Blick. »Es ist wahr, dass ich in der Vergangenheit gerne Fahrrad fuhr und den modischen Idealen der Gibson Girls nacheiferte, Mrs. Elcott. Doch das war zu einer Zeit, als dieses Haus noch von Ihrer guten Freundin, meiner Mutter, geführt wurde. Sie ist tot. Ich musste an ihre Stelle treten und stelle fest, dass ich mich seither mit weit weniger mädchenhaften Dingen beschäftigen muss.« Aus einigen Richtungen konnte ich mitleidsvolles Flüstern und Bemerkungen wie ›Armes Ding‹ hören. Das bestärkte mich, und ich erkannte, wie ich Mrs. Elcotts Herablassung zu meinen Gunsten nutzen konnte. »Ich weiß, ich darf kaum hoffen, zu einer so glänzenden Dame zu werden, wie meine Mutter es war, doch ich bin entschlossen, mein Bestes zu tun. Meine einzige Hoffnung ist, dass Mutter mit Stolz auf mich herabblicken möge.« Ich schnüffelte dezent und tupfte mir mit meinem Spitzentaschentuch die Augenwinkel.
Mrs. Simpton tätschelte mir die Schulter. »Sie tapferes Mädchen. Wie Ihr Vater schon sagte, Sie machen Ihrer Familie alle Ehre. Ihre Mutter und ich hatten kaum Gelegenheit, miteinander bekannt zu werden, doch da ich selbst Töchter habe, kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass sie in der Tat sehr, sehr stolz auf Sie wäre!«
Und nacheinander drückte jede der Damen mir ihr Mitgefühl aus und versicherte mich ihrer Bewunderung. Jede der Damen außer Mrs. und Miss Elcott. Camille und ihre Mutter sagten den Rest des Abends kaum noch etwas und waren die ersten meiner Gäste, die sich verabschiedeten.
Als ungefähr eine Stunde später die Herren kamen, um ihre Damen einzusammeln, war in meinem Salon das Gespräch so lebhaft im Gange, wie drüben offensichtlich der Brandy geflossen sein musste. Überschwänglich wünschten die Gäste uns eine gute Nacht und lobten jedes erdenkliche Detail des Abends.
Arthur und seine Mutter waren die Letzten, die gingen.
»Mr. Wheiler, es ist schon lange her, dass ich einen solch angenehmen Abend hatte«, sagte Mrs. Simpton zu Vater, als er sich vor ihr verneigte. »Darüber bin ich gerade heute besonders froh, da ich in ungewohnter Sorge um die Gesundheit meines guten Mannes bin. Doch Ihre Tochter war eine so aufmerksame Gastgeberin, dass meine Stimmung sich sehr gehoben hat.«
»Sehr liebenswürdig von Ihnen, sehr liebenswürdig«, lallte Vater und schwankte ein wenig, wie er da so neben mir im Foyer stand.
»Bitte, Mrs. Simpton, richten Sie doch Mr. Simpton meine besten Wünsche um baldige Genesung aus«, sagte ich und hielt in sehnlicher Erwartung den Atem an.
Genau wie ich es erhofft hatte, rief Arthurs Mutter aus: »Oh, Sie müssen Mr. Simpton selbst besuchen! Es würde ihn sicherlich sehr freuen, Sie zu sehen, vor allem da er unsere beiden Töchter so vermisst, die beide in New York verheiratet sind.«
»Ich würde Sie von Herzen gern besuchen.« Ich berührte Vaters Arm und fügte hinzu: »Vater, findest du nicht, es wäre nett, wenn ich Mr. und Mrs. Simpton besuchte, da Mr. Simpton sich so unwohl fühlt?«
Vater nickte zerstreut. »Ja, ja, natürlich.«
»Wunderbar. Dann werde ich Arthur am Montag mit unserer Kutsche vorbeischicken.«
»Arthur? Kutsche? Was soll denn –«, fing Vater an, aber Mrs. Simpton unterbrach ihn kopfnickend, als hieße sie schon im Voraus jedes Urteil gut, das er sprechen sollte. »Ich bin auch nicht erfreut über die Manie der jungen Leute von heute, überallhin mit dem Fahrrad zu fahren. Und diese Bloomer-Hosen, die von den Mädchen getragen werden – scheußlich!« Sie sah ihren Sohn fest an. »Arthur, ich weiß, wie sehr du dein Fahrrad liebst, aber Mr. Wheiler und ich bestehen darauf, dass seine Tochter sich auf kultivierte Art fortbewegt. Ist dem nicht so, Mr. Wheiler?«
»Sehr richtig«, schloss Vater sich an. »Fahrräder sind für Damen völlig unangemessen.«
»Sie sagen es! Also wird mein Sohn Ihre Tochter Montagnachmittag mit der Kutsche
Weitere Kostenlose Bücher