Neferets Fluch ( House of Night Novelle )
Licht unter den Scheffel zu stellen, wie Mutter es getan hätte –: »Hallo Camille, welche Überraschung, dich zu sehen. Ja, ich habe dieses Gesteck zusammengestellt. Auch die Blumengestecke im Speisesaal, im Salon und in Vaters Bibliothek habe ich selbst angefertigt.«
»Du machst mir Ehre, meine Liebe«, sagte Vater.
Ich ignorierte ihn, sah weiter Camille an und sagte sehr deutlich: »Wie du und deine Mutter bei eurem letzten Besuch festgestellt habt, lerne ich eben früh, wie es ist, die Dame eines großen Hauses zu sein.« Den Rest – dass mein zukünftiger Mann sich darüber freuen würde – sprach ich nicht aus. Es war auch nicht nötig. Ich musste nur einen Blick auf Arthur werfen und das warme Lächeln erwidern, mit dem er mich bedachte.
»Nun ja, wie ich sagte. Du machst mir Ehre.« Vater bot mir wieder den Arm. Es half nichts, ich musste ihn nehmen. Er nickte den Simptons und Elcotts zu. »Und nun müssen wir unsere übrigen Gäste begrüßen. Emily, ich vermisse den Champagner.«
»Das liegt daran, dass ich mir beim heutigen Menü ein Beispiel am Universitätsclub genommen habe. Statt Champagner wird als Aperitif Amontillado gereicht werden. Er passt viel besser zu den frischen Austern.«
»Sehr gut, sehr gut. Dann lass uns sehen, ob wir etwas von diesem Amontillado auftreiben können, meine Liebe. Ah, ich sehe, die Ayers sind eingetroffen. Es gehen Gerüchte herum, dass er seine Sammlung indianischer Kunst der Öffentlichkeit zugänglich machen will, etwas, woran unsere Bank sehr interessiert ist …«
Ich ließ mich von ihm weiterführen, doch ich hörte nicht mehr zu. Den ganzen Abend, während ich meine Rolle als Gastgeberin spielte, war ich nur von der Hoffnung erfüllt, Arthur möge mich wahrnehmen, und jedes Mal, wenn es mir gelang, einen Blick auf ihn zu erhaschen, trafen sich unsere Blicke, weil seine Augen auf mich gerichtet waren. Sein Lächeln schien zu sagen, dass ihm gefiel, was er sah.
Während der Abend voranschritt, rückte der Zeitpunkt näher, an dem wie stets nach dem Essen die Herren sich zu Brandy und Zigarren in Vaters Bibliothek zurückziehen würden. Die Damen würden sich bei geeistem Wein und Kuchen in Mutters Salon versammeln und plaudern. Vor dieser Trennung hatte ich große Angst, nicht nur, weil Arthur nicht mehr da sein würde, sondern auch, weil ich keine Erfahrung darin hatte, mit Damen im Alter meiner Mutter Konversation zu betreiben. Außer Camille kam keine auch nur auf zehn Jahre in die Nähe meines Alters. Mir wurde klar, dass ich mich entscheiden musste. Ich konnte mich neben Camille setzen und mit ihr schwatzen, wie Mädchen unseres Alters es nun einmal taten, oder ich konnte wahrhaftig versuchen, als Dame des Hauses aufzutreten. Ich wusste, dass man mich möglicherweise herablassend behandeln würde. Schließlich waren große Damen wie Mrs. Ryerson, Mrs. Pullman und Mrs. Ayer anwesend, und ich war nur ein sechzehnjähriges junges Ding. Doch als ich die Damen in Mutters Salon führte und von dem vertrauten Duft der Lilien eingehüllt wurde, die ich so sorgsam arrangiert hatte, stand meine Entscheidung fest. Ich zog mich nicht mit Camille in die Fensternische zurück und klammerte mich an meine Kindheit. Mit hocherhobenem Kopf nahm ich Mutters Platz auf dem Diwan in der Mitte des Raumes ein, gab Mary ein Zeichen, die Gläser der Damen zu füllen, und dachte fieberhaft über irgendetwas Intelligentes – oder überhaupt irgendetwas – nach, was ich sagen könnte, um das unbehagliche Schweigen zu füllen.
Arthurs Mutter rettete mich.
»Miss Wheiler, ich staune unablässig über diese ungewöhnlichen Blumenbukette, die Sie so wunderschön in allen Räumen verteilt haben. Möchten Sie mir vielleicht verraten, was Sie dazu inspiriert hat?« Sie lächelte ein warmes Lächeln, das mich sehr an ihren Sohn erinnerte.
»Ja, meine Liebe«, hörte ich zu meinem Staunen Mrs. Ayer sagen. »Diese Dekoration ist außerordentlich geschickt gemacht. Sie müssen Ihr Geheimnis mit uns teilen.«
»Es waren unser Garten und der Brunnen darin, die mich inspiriert haben. Ich wollte für diesen Abend gern den Duft der Lilien nach drinnen holen sowie etwas, was an Wasser und meinen Lieblingsbaum, eine Trauerweide, erinnert.«
»Ah, ich verstehe! Das Wasser wird durch die Rohrkolben ausgedrückt«, sagte Mrs. Simpton.
»Und die Efeuranken sind genauso arrangiert wie hängende Weidenzweige.« Mit unverhohlener Bewunderung nickte Mrs. Ayer. »Das war eine
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