Neferets Fluch ( House of Night Novelle )
neben mir Aufstellung gegen das Grüppchen erbitterter Mädchen. »Alles in Ordnung, Emily?« Ich bemerkte, wie sie Mrs. Elcott einen scharfen Blick zuwarf.
Das brachte mich zum Lächeln. »In bester Ordnung, dank Ihres Sohnes. Gerade versicherten Mrs. Elcott, Camille und die anderen mir, welch ein Gentleman er ist. Ich kann ihnen nur zustimmen.«
»Wie nett von ihnen, dass sie es bemerkt haben«, sagte Mrs. Simpton. »Ah, da sind ja unsere Herren mit den Eintrittskarten.« Sie deutete auf Vater, Mr. Elcott und Arthur, die auf unsere Gruppe zukamen. »Sie werden sich doch neben mich setzen, Emily? Ich habe schreckliche Angst vor der Höhe.«
»Natürlich«, sagte ich. Während Mrs. Simpton sich zu ihrem Sohn begab, der mich in höchst ablenkender Weise anlächelte, bemerkte ich, dass Camille dicht neben mich getreten war. Hinter ihr spürte ich die lastenden Blicke der anderen Mädchen. Gehässig flüsterte sie: »Du hast dich sehr verändert, und nicht zum Besseren.«
Mein Lächeln verließ Arthur keinen Augenblick. Doch mit gesenkter Stimme und in gänzlich ausdruckslosem, kaltem Tonfall sagte ich in der Hoffnung, dass Camille und die anderen hinter ihr es hörten: »Ja. Ich bin jetzt eine Frau und kein albernes Mädchen mehr. Während deine Freundinnen und du alberne Mädchen geblieben seid. Da ist es verständlich, dass ihr die Veränderungen an mir nicht gut findet.«
»Eine Frau bist du, o ja – eine, die sich nicht schämt, alle Mittel einzusetzen, um das zu bekommen, was sie will«, flüsterte sie zurück. Die anderen Mädchen stimmten ihr murmelnd zu.
Die Kälte in mir war größer geworden. Was wussten dieses einfältige Kind oder die anderen hohlköpfigen, verwöhnten Gören davon, wie ich mich hatte verändern müssen, um zu überleben?
Ohne mein Lächeln von Arthur abzuwenden, sagte ich langsam, deutlich und so laut, dass der gesamte hämische Haufen mich hören musste: »Du hast völlig recht, Camille. Also wäre es das Beste, wenn ihr mir nicht in den Weg geratet. Ich könnte behaupten, dass es mir leidtäte, wenn eine von euch zu Schaden käme, aber das wäre gelogen, und lügen will ich nun doch nicht.«
Dann eilte ich zu Vater hinüber, der so sehr von dem Nervenkitzel der bevorstehenden Fahrt in Beschlag genommen war, dass er eingewilligt hatte, die Kabine mit den Simptons zu teilen. Als wir dann achtzig Meter hoch in der Luft schwebten, klammerte sich Arthurs Mutter mit einer Hand fest an mich und mit der anderen an ihren Sohn. Sie kniff die Augen fest zu und zitterte so sehr, dass ihre Zähne klapperten.
Ich hielt sie für eine Närrin, wenn auch eine liebe. In ihrer Angst verpasste sie den spektakulärsten Blick der Welt. Ein Teil des Horizonts wurde gänzlich von den blauen Fluten des Michigansees eingenommen, und vor uns erstreckte sich eine Stadt, die vollständig aus weißem Marmor erbaut zu sein schien. Als die Sonne hinter den eleganten Bauwerken versank, flammten die elektrischen Lichter rund um die Lagune sowie der mächtige Scheinwerfer vor dem Pavillon der Elektrizität auf, und das Ehrengericht und die zwanzig Meter hohe Statue der Republik inmitten der Lagune erglänzten in herrlichem weißem Licht, das dem hellsten, strahlendsten Vollmond Konkurrenz gemacht hätte. Das Licht war so hell, dass es mir Unbehagen bereitete, direkt hineinzusehen, aber natürlich tat ich es doch. All das entging Mrs. Simpton, und auch ihrem Sohn entging ein großer Teil des Ausblicks, da er so davon in Anspruch genommen war, seine verängstigte Mutter zu trösten. Ich aber schwor mir in diesem Augenblick, dass ich mich niemals durch Angst davon abhalten lassen würde, etwas Großartiges zu würdigen.
Auf dem Weg zum Universitätsclub bestand Vater darauf, dass Mr. und Mrs. Burnham die Kutsche mit uns teilten, was mir eine unerwartete, höchst willkommene Gnadenfrist verschaffte. Mrs. Burnham war so begeistert von dem Riesenrad und der triumphalen elektrischen Beleuchtung, die ja beide zum Ruhm ihres Mannes beitrugen, dass ich mich überhaupt nicht anstrengen musste, Konversation mit ihr zu betreiben. Ich musste nur eine ähnliche Miene wie sie aufsetzen, während sie hingerissen lauschte, wie ihr Mann und mein Vater ausgiebig jedes kleinste Detail der Architektur der Ausstellung diskutierten.
Nun, da wir nicht mehr umherschlenderten und meine Nerven sich beruhigt hatten, fiel es mir etwas leichter, den fürchterlichen Husten zu unterdrücken, der mich so plötzlich befallen hatte.
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