Neferets Fluch ( House of Night Novelle )
Ich gestand es mir nur ungern ein, aber ich fühlte mich schrecklich schwach und schwindelig, und in meinem Körper breitete sich eine immer unangenehmere Hitze aus. Ich fing an zu glauben, dass ich wahrhaft krank sein könnte, und fragte mich, ob es nicht eine gute Idee wäre, Arthur zu bitten, ob er mich vorzeitig nach Hause bringen könnte. Natürlich würde ich abwarten müssen, bis er Vater seine ehrenvollen Absichten erklärt und Vater die Werbung angenommen hatte. Doch als die Kutsche vor dem Universitätsclub vorfuhr, fiel es mir bereits schwer, meinen Blick scharf zu halten. Schon das Licht der flackernden Gaslaternen im Club stach mir in grauenhafter Weise in den Schläfen.
Während ich dies schreibe, wünsche ich mir so sehr, ich hätte erkannt, was diese Warnsymptome mir sagen wollten – der Husten, das Fieber, der Schwindel … und in erster Linie natürlich meine Empfindlichkeit gegen Licht.
Doch woher hätte ich es wissen sollen? Zu Anfang dieser Nacht war ich in so vielerlei Hinsicht noch so unschuldig.
Nicht lange, und meine Unschuld würde unwiderruflich dahin sein.
Wir stiegen aus den Kutschen, und ich bemerkte erfreut, dass keinem der anderen unverheirateten jungen Mädchen erlaubt worden war, ihre Eltern zu dem Dinner zu begleiten. Wenigstens ihre neidischen, missbilligenden Blicke blieben mir also erspart.
Unsere ganze Gesellschaft traf in einem langen Tross von Kutschen beim Club ein und drängte gleichzeitig in das prachtvolle Foyer. Erleichtert sah ich, dass Arthurs Vater sich zu ihm und seiner Mutter gesellt hatte. Ich hatte Mr. Simpton bisher nur wenige Male gesehen, und das vor sicherlich sechs oder sieben Monaten, als die Familie gerade erst in ihr Haus in der Nähe des unsrigen gezogen war. Es erschreckte mich, wie aufgedunsen und bleich der alte Herr wirkte. Er stützte sich schwer auf einen Stock und hinkte deutlich. Als Mrs. Simpton und Arthur meinen Vater und mich bemerkten, lotsten sie Mr. Simpton in unsere Richtung. So krank und aufgeschwemmt er war, Mr. Simpton hatte genau die gleichen leuchtend blauen Augen und das gleiche charmante Lächeln wie sein Sohn. Nachdem er Vater begrüßt hatte, wandte er mir beides zu. »Miss Wheiler, es ist mir ein Vergnügen, Sie wieder einmal zu sehen.« Ich verspürte große Sympathie für den alten Mann und erkannte: Selbst wenn Arthur im Alter zu Leibesfülle und Krankheit neigen sollte, etwas von dem jungen Mann würde immer in ihm bleiben.
Ich knickste und erwiderte sein Lächeln. »Ich bin so froh, dass Sie sich gut genug fühlen, um dem heutigen Dinner beizuwohnen, Mr. Simpton.«
»Junge Dame, nicht einmal der Schnitter höchstpersönlich hätte mich davon abhalten können, diesen Abend mitzuerleben!«, sagte er, und in seinen Augen funkelte unser gemeinsames Geheimnis.
»Wie schade, dass Sie das Riesenrad verpasst haben, Simpton«, sagte Vater. »Es war phänomenal – einfach phänomenal!«
»Phänomenal katastrophal!«, rief Mrs. Simpton aus und fächelte sich mit der freien Hand Luft zu.
Ich wollte lächeln und ihr vielleicht auf scherzhafte Weise dazu gratulieren, dass sie ihre Ängste überwunden hatte, doch unversehens nahm ein Hustenanfall von mir Besitz, und ich musste mein Taschentuch an den Mund pressen und mich bemühen, meinen Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen. Als der Husten endlich verging und ich wieder frei atmen konnte, sah ich, dass Vater und die Simptons mich in unterschiedlichem Maße der Besorgnis oder Missbilligung anblickten. Zum Glück verlieh Mrs. Simpton ihrer Besorgnis Ausdruck, ehe Vater seiner Missbilligung Luft machen konnte. »Emily, vielleicht möchten Sie mich in den Salon für die Damen begleiten? Ich muss mich vor dem Dinner etwas erfrischen und meine Nerven beruhigen, und währenddessen könnten Sie sich dort doch ein wenig hinlegen.«
»Vielen Dank, Mrs. Simpton«, sagte ich erleichtert. »Ich glaube, ich habe mir heute auf der Ausstellung zu viel zugemutet.«
»Sie müssen gut auf Ihre Gesundheit achten, Miss Wheiler«, sagte Mr. Simpton fürsorglich.
»Ja, ich weiß. Vater hat mir kürzlich dasselbe gesagt.«
Vater nickte weise. »In der Tat, in der Tat! Die weibliche Konstitution ist höchst delikat.«
»Da kann ich Ihnen nur zustimmen, Mr. Wheiler. Seien Sie unbesorgt, ich werde mich gut um Emily kümmern.« Mrs. Simpton wandte sich an ihren Mann. »Franklin, sorge doch bitte dafür, dass wir an demselben Tisch sitzen wie die Wheilers, damit wir beiden nachher
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