Nehmen Sie doch Gift darauf!
wollte ich auch in den Klub zurück, in der
Hoffnung, dort Casey noch anzutreffen. Selbst wenn er schon weggegangen sein
sollte, bestand zumindest die berechtigte Hoffnung, daß der Hausmeister seine
Adresse wußte oder sie wenigstens ausfindig machen konnte. Es war mir einfach
unmöglich, bis zum nächsten Nachmittag zu warten, um ihm die Freudenbotschaft
zu verkünden und die Partnerschaft anzutragen. Nicht nur daß es wundervoll sein
mußte, mit ihm zusammenzuarbeiten, wir wären dann auch im Club zu zweit, um auf
Irma aufzupassen. Und dieser blöde CIA-Agent — wer immer das sein mochte —,
konnte seine Spione jagen, bis er schwarz wurde. Oder — und ich mußte mich bei
dieser Vorstellung selber umarmen —, bis ihm die neue Kombination Seidlitz
& Jones die Arbeit abnahm und die Spione auf einem silbernen Tablett
präsentierte.
Ich bezahlte den Taxifahrer vor
dem Hintereingang zum Klub und wollte gerade die Nachtglocke betätigen, als ich
bemerkte, daß die Tür nicht fest geschlossen war. Auf leichten Druck gab sie
nach, und ich trat in der Erwartung ein, entweder den Hausmeister oder Willie,
unseren alten Portier, anzutreffen; jedoch der Platz war unbesetzt. Ich
tröstete mich mit dem Gedanken, daß noch irgend jemand vorhanden sein mußte, und falls meine Glückssträhne anhielt, vielleicht sogar
Casey selbst.
In seiner Umkleidekabine war er
zu meiner Enttäuschung nicht. Deshalb schaute ich in alle übrigen,
einschließlich meiner eigenen, aber sie waren ebenfalls leer. Auch der große
Hauptraum des Klubs lag verlassen in völliger Dunkelheit. Es fiel mir schwer,
mich damit abzufinden, daß Casey doch nicht mehr da war, doch dann hob sich
meine Stimmung ein wenig. Wenn ich Willie oder den Hausmeister fand, konnte ich
vielleicht Caseys Adresse erfahren. Ich eilte wieder zum Hintereingang des
Klubs zurück, doch als ich gerade an der Treppe vorüberkam, die zur
Kostümschneiderei hinabführte, hörte ich ein quietschendes Geräusch. Einen
Augenblick lang war ich nicht sicher, ob ich es mir nur eingebildet hatte, aber
ich blieb stehen, um zu horchen, und wenige Sekunden später hörte ich das
gleiche Geräusch wieder, diesmal etwas lauter. Höchstwahrscheinlich waren es
nur Mäuse, aber falls Casey doch unten war und ich ihn verpaßte, hätte ich mir
das niemals verziehen. Ich stieg leise die Treppe hinunter, öffnete die Tür zur
Kostümschneiderei und trat ein.
Das Licht brannte, das heißt,
die vereinsamte nackte Glühbirne, und der mächtige Schrankkoffer stand offen.
Ein ausgiebiger Blick zeigte mir, daß niemand anwesend war, und ich wollte die
Tür schon wieder schließen, als ich plötzlich ein Paar Schuhe entdeckte, die hinter
dem Schrankkoffer hervorragten. Natürlich, dachte ich, kann ich nicht mehr von
ihm sehen, weil mir der Kofferdeckel den Blick versperrt. Jetzt, Casey Jones,
kicherte ich still vor mich hin, während ich auf Zehenspitzen zu dem
Schrankkoffer hinüberschlich, kommt die große Überraschung. Sekunden später
steckte ich mit einem Ruck den Kopf über den offenen Deckel und rief vergnügt:
»Eine Überraschung! Eine Üb...«
Es war tatsächlich eine
Überraschung, aber ich weiß nicht genau, wer von uns beiden überraschter war,
ich oder — Max Stenner. Sein Gesicht war merkwürdig erstarrt, nur die Narbe
zuckte und zog den Mundwinkel noch höher als gewöhnlich. In seinen Augen stand
ein Ausdruck, der das Bedürfnis in mir wachrief, schreiend wegzulaufen und mich
zugleich auf der Stelle festbannte.
»Hallo, Kindchen«, sagte er
leise. »Ich habe gerade deinen verrückten Traum gefunden .«
»Ich dachte, Sie wären...«
Meine Stimme versagte. »Was haben Sie gesagt ?«
»Ich habe eben deinen
verrückten Traum gefunden«, wiederholte er mit blecherner Stimme. »Wie du
gesagt hast — es war eine große Überraschung !«
»Meinen verrückten...« Ich
starrte ihn hilflos an. »Wovon reden Sie denn ?«
»Schau !« schnarrte er.
Meine Augen folgten instinktiv
seinem Blick, als er in das Innere des Schrankkoffers schaute, und dann hätte
ich am liebsten losgeschrien, aber mein Hals war wie zugeschnürt.
Die Leiche Salomes lag auf dem
Rücken, und ich blickte genau in ihre weit geöffneten Augen. Einige Sekunden
starrte ich wortlos auf sie nieder, dann gaben meine Knie unter mir nach und
ich sackte zusammen. Sogleich beugte sich Stenner über mich, packte mich unter
den Achseln und stellte mich grob wieder auf die Beine.
»Ich wußte, daß noch niemand
die Leiche
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