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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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In diesem Sinne aber würde er, Magister Jakob, seinen Freund Janis Fuhrer nur beraten, wenn in den Punkten, die Aldenhoven vorgebracht hatte, endlich Klarheit geschaffen würde.
    Es war ein Schauspiel von Kümmerlichkeit, dümmlicher Gekränktheit, Kleinmut und erbärmlicher Unmännlichkeit, die Houwschild geboten hatte. Schuld waren alle und die ganze Welt an seinem Elend, aber schließlich gab er zu, Heini und Ebby gedungen zu haben, Kilian zu entführen. Tatsächlich, um den Buntwörter dazu zu bewegen, nicht das Amt des Ratsherrn anzunehmen.
    Aldenhoven war sogar hier noch ruhig geblieben. Und erst als Magister Jakob ihn aufforderte zu sagen, ob er Anklage erheben wolle und in welchen Fällen, fand er sich zu einer längeren Rede bereit.
    Er habe die ganze Nacht gebetet und um Einsicht und Verständnis gefleht. Und da er ein christlicher Mann sei, wollte er, eine vernünftige Entschädigung seines Leids vorausgesetzt, darauf verzichten, die Angelegenheit öffentlich zu machen. Aber dem Aldermann der Eisenmark würde er vorschlagen,
Houwschild nahezulegen, die Stadt bis auf Weiteres zu verlassen und sich in Riga anzusiedeln.
    Das hatte weiteres Gegreine verursacht, aber hier waren alle Beteiligten hart geblieben. Diese Lösung – oder Anklagen in allen Punkten.
    Widerlich.
    Alyss schüttelte sich noch immer, als sie an den tränenüberströmten Houwschild dachte, der nichts, aber auch gar nichts von seinem Unrecht hatte einsehen wollen.
    »Jammerlappen«, sagte sie laut, und Benefiz an ihrer Seite gab einen zustimmenden kleinen Kläffer von sich.
    »Und von der Krone wusste er auch nichts, mein Freund. Jetzt bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten offen. Und das macht mich auch nicht gerade glücklich.«
    »Klöff!«
    Jerkin kam, ohne gerufen zu werden, auf ihre Faust zurück, nahm seine Atzung entgegen und schüttelte das nasse Gefieder aus.
    »Gehen wir ins Haus zurück. Die nächste Delinquentin wartet.«
    Auch dieser neuerlichen Befragung sah Alyss mit großem Unbehagen entgegen. Sie hatte sich am Vortag noch lange mit ihrem Bruder über Hedwigis unterhalten. Das Mädchen war von ihrer Mutter dreizehn Jahre lang verzogen worden. Im vergangenen Jahr hatte Peter Bertolf, ihr Vater, Alyss gebeten, die Jungfer in ihr Heim aufzunehmen, damit sie lernte, wie ein großes Hauswesen zu führen war. Dieses Vorgehen war üblich, sie selbst und Marian waren mit dreizehn zu ihrer Tante Aziza nach Burgund geschickt worden, um dort eine ähnliche Ausbildung zu erhalten. Zu Wiltrud, Hedwigis’ Mutter,
hatte Alyss nie ein herzliches Verhältnis aufbauen können, die Patriziertochter hatte eine hochnäsige Art, auf andere herabzuschauen, die sie nicht für ebenbürtig hielt. Warum sie die Familie derer vom Spiegel nicht ihrer Achtung für würdig hielt, hatte Alyss nie ergründen können. Aber wahrscheinlich gab es zwischen den vornehmen Geschlechtern Strömungen aus der Vergangenheit, die auf alter verletzter Ehre und Stolz beruhten. Die Overstoltzens galten – nomen est omen – zudem als besonders berüchtigt. Warum Wiltrud einen, wenn auch hoch angesehenen, Baumeister geehelicht hatte, war Alyss nicht vollkommen klar. Sie vermutete darin eine Tat ihres verstorbenen Großvaters Conrad Bertolf, der zeit seines Lebens immer danach gestrebt hatte, in höhere Kreise aufgenommen zu werden. Die Ehe seines Sohnes hatte er arrangiert, und möglicherweise war Wiltruds Familie recht erleichtert, für ihre nicht eben umgängliche Tochter einen einigermaßen passenden Ehemann zu finden.
    So lief das nun mal. Und man tat gut daran, sich mit den Gegebenheiten einzurichten. Was ihrem Onkel Peter auch einigermaßen gelungen war. Immerhin hatte das Paar drei gesunde Kinder, von denen Hedwigis mit ihren nun vierzehn Jahren die Älteste war. Die beiden Jungen waren zwölf und acht und schienen mehr ihrem Vater nachzuschlagen. Beide sah man oft auf den Baustellen.
    Verständlich daher sicher auch, dass Wiltrud ihre einzige Tochter bevorzugt hatte, unselig jedoch, dass Hedwigis’ dünkelhafte Veranlagung damit ständig neue Nahrung fand. Sie war sich für alles zu fein, was in ihren Augen zu den niederen Arbeiten gehörte, und führte sie immer nur unwillig und mit säuerlicher Miene aus. Doch wer später ein eigenes Hauswesen
führen wollte, der musste alle Tätigkeiten kennen und sie beherrschen, auch wenn es dann Gesinde gab, das sie ausführte. Das galt für das Eiersammeln, Brotbacken, Wäschewaschen, Stopfen, Nähen, Spinnen, Weben

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