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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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schläfrig, und schon bald war sie in tiefen Schlummer gesunken.
     
    In ihrem Traum war es Frühling, und die wärmende Sonne hatte die Reben sprießen lassen. Beglückt wanderte sie durch den Weingarten, in dem die Vögel ihre Lieder schmetterten und bunte Falter zwischen den Weinstöcken tänzelten. Jerkin hoch oben kreiste wachsam im Himmelsblau, und Benefiz tollte zwischen den Reihen auf und ab. Der zarte Duft der ersten aufbrechenden Rosenknospen wehte durch die weiche Luft. Nur – warum blieb der Spitz plötzlich am Tor stehen? Kam ein Fremder? Warum bellte der Hund nicht? Warum knurrte er wütend? Was bedeutete der gezischte Fluch?
    Alyss wachte auf.
    Benefiz knurrte.
    Malefiz war fort.
    Dafür warf ein Mann seinen Schatten an die Wand.
    Kalte Angst packte Alyss.
    Der Mann hielt etwas in der Hand. Eine Waffe? Oder raubte er jetzt auch den restlichen Inhalt ihrer Truhen?
    Ganz langsam bewegte sie sich, um mehr zu erkennen. Der Spitz stand am Fußende des Bettes und knurrte weiter.
    »Fass!«, sagte sie scharf, und Benefiz sprang den Mann an.
    »Sitz!«, sagte der, und Benefiz gehorchte winselnd.
    Ungläubig richtete Alyss sich gänzlich auf. Der leichte Duft
von Rosen war Wirklichkeit, gemischt mit Leder und warmer Wolle.
    »John?«, wisperte sie. »John? Ihr?«
    »Ja, my Lady. Keine Angst, ich komme nicht, um zu rauben und zu schänden.«
    »Das will ich auch sehr hoffen. Aber ich würde jetzt gerne eine sehr gute Erklärung von Euch hören, warum Ihr in der dunklen Nacht in meine Kammer eindringt.«
    »Ihr habt ein Recht darauf. Verzeiht, my Lady.«
    Er stellte das, was er in der Hand hielt, auf der Truhe ab, trat an ihr Bett und kniete davor nieder.
    »Ihr hättet es nicht bemerkt, dass ich hier war. Ihr solltet es nicht bemerken. Doch wusste ich nicht, dass Ihr mit einem ganzen Tierpark zusammen zu Bett liegt. Kluge, wachsame Tiere. Malefiz hat mich gekratzt und Benefiz mir beinahe ein Stück aus der Wade gerissen. Ihr dürft das Werk Eurer Wächter beenden. Nehmt meinen Dolch.«
    Er bot ihr ein langes, spitzes Messer mit dem Heft vorweg.
    »Lasst den Unsinn und erklärt, was Ihr hier wollt.«
    John steckte den Dolch wieder in die Scheide an seinem Gürtel und neigte den Kopf.
    »Ich habe Euer Eigentum zurückgebracht.«
    »Mein Eigentum, aha. Hattet Ihr mir etwas entwendet?«
    Alyss schwang die Füße aus dem Bett, tapste barfuß zur Truhe – und hielt den Atem an.
    Ein Bündel, schwarzer Samt, eine goldene Kordel.
    Mit zittrigen Fingern nestelte sie den Knoten auf und faltete den Stoff auseinander.
    Im flackernden Licht blitzten Gold und Edelsteine auf.
    »Ihr?«, keuchte sie. »Ihr habt sie genommen?« Doch sogleich
trat wieder Ordnung in ihr verwirrtes Hirn ein, und sie drehte sich langsam zu John um. »Nein, das kann nicht sein. Die Krone verschwand, bevor Ihr in Köln eintraft. Ihr habt Euer Wort gehalten, John of Lynne, und sie mir wieder zurückgebracht. Doch heimlich, damit ich Euch keine Fragen stelle, die Ihr nicht beantworten könnt oder wollt.«
    Er hatte sich erhoben und nickte.
    »Ihr seid weise, my Lady, und von sehr schnellem Witz.«
    »Weiser, als Ihr glaubt.« Alyss holte aus der Kleidertruhe die pelzgefütterte Jacke und zog sie über ihr dünnes Hemd. »Wenn Ihr wirklich gewollt hättet, dass meine Brautkrone unbemerkt zu mir zurückgelangte, dann hättet Ihr eine Möglichkeit gefunden, sie mir nach Eurer Abreise bringen zu lassen. Warum kamt Ihr heute Nacht, John of Lynne?«
    Sie setzte sich auf die Bettkante und wies mit einer Handbewegung auf die Bank am Fenster.
    »Ja, Ihr seid überaus klug, my Lady, und ich bin ein Simpel, dass ich das vergaß.«
    »Ihr seid sehr viel, John of Lynne. Ein Falkner und ein Tretmühlenarbeiter, ein ehrbarer Kaufmann und ein lautloser Einbrecher, ein Abenteurer und ein selbstloser Freund. Vieles seid Ihr, doch ein Simpel nicht.«
    »Dabei gebe ich mir große Mühe, als ein solcher zu erscheinen.«
    »Vor Tröpfen und Narren mag Euch das gelingen. Mich wollt Ihr sicher nicht beleidigen.«
    »Nein, das wagte ich nicht.« Und dann gab er, ohne aufgefordert zu sein, Antwort auf ihre unausgesprochenen Fragen. »Ihr wollt wissen, wo ich sie gefunden habe, wie ich sie wiederbeschafft habe und woher ich von ihrem Verbleib wusste.
Ich könnte Euch alles das verraten, doch bedenkt, my Lady, dass es Euch im Augenblick nicht weiterhelfen kann.«
    Arndt war irgendwo unterwegs, vermutlich in Burgund. Sie konnte ihn nicht zur Rede stellen. Damit hatte John

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