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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Händedruck.
    »Auch Ihr, John, seid herzlich eingeladen.«
    »Ich bin geehrt, Marian, doch es ist ein Familientreffen, da bleibe ich besser fern.«zu
    »Das werdet Ihr nicht, denn der Allmächtige Vater selbst hatte Euer Kommen befohlen.«
    »Es wäre aber …«
    »Fürchtet Ihr Euch, Master John, vor das Antlitz unseres Vaters zu treten?«
    »Ja, Mistress Alyss. Als ich ihn zuletzt sah, fuhr er auf dem Cherub und flog daher, er schwebte auf den Fittichen des Windes. Und der Herr donnerte im Himmel.« zu
    »Das tut er gelegentlich, Master John, aber er kann auch sehr verbindlich sein.«zu
    »Wenn er jemanden nicht mag oder er ihm gleichgültig ist«, fügte Marian hinzu.
    »So habe ich also die Wahl, seinem Donnerwetter und seiner
Billigung ausgesetzt zu sein oder seiner Höflichkeit und Missbilligung. Wirklich erfreuliche Aussichten.«zu
    »Mut, John«, sagte Marian. »Auch unsere Mutter wird anwesend sein, und sie mag Euch.«
    »Außerdem«, fügte Tilo hinzu, »ist der Herr vom Spiegel ein gütiger Mann, Master John. Wenn man … mhm … in der Patsche sitzt, hilft er einem immer raus.«
    »Woher weißt du das, Tilo?«, fragte Lauryn. »Hat er dich schon mal …?«
    »Wir wollen das jetzt hier besser nicht weiter erörtern«, sprang Alyss ein, die merkte, dass Tilo dieses Thema lieber nicht breitgetreten wissen wollte. »Ich hoffe, Master John, wir können Euch überreden, an dem Sonntagsmahl teilzunehmen.«
    »Ich käme ja sonst in den Ruf eines Feiglings, nicht wahr, Mistress Alyss?«
    »Genau!«
    »Ich wünsche Euch ein vergnügliches Treffen. Schade, dass ich nicht dabei sein kann«, sagte Merten.
    »Die Einladung galt der Familie«, erwiderte Marian recht kühl, aber gleichzeitig sagte Alyss: »Natürlich seid Ihr ebenfalls willkommen.«zu
    »Ja, Herr Merten, kommt auch dazu, sonst wird es ein schrecklich steifes Mahl«, bat Hedwigis, und schon bereute Alyss ihre Einladung. Hier ging tatsächlich mehr vor sich, als sie überschauen konnte. Warum verhielt sich Marian so kühl ihrem Stiefsohn gegenüber? Und hatte Hedwigis sich über ihre Mahnung hinweggesetzt, nicht zu sehr mit Merten zu tändeln?
    Sie würde das alles weiter beobachten müssen und in einer ruhigen Stunde ihren Bruder nach seinem Misstrauen befragen.
Und auch auf Leocadie weiter aufpassen müssen, denn diese empfindsame Jungfer befand sich schon wieder im Zustand glückseliger Träumereien.
    Alyss seufzte.
    Und wo war dieser vermaledeite Kilian?
     
    Zumindest wo er gewesen war, erhellte sich am nächsten Vormittag, als Catrin mit leichtem Schnaufen und hochroten Wangen ins Kontor stürmte.
    »Alyss, ich komme gerade von den Stiftsfrauen.«
    Alyss ließ die Feder fallen, die einen feinen Regen Tinte über das Registerblatt verteilte.
    »Der Junge ist bei ihnen?«zu
    »Er war. Hör zu. Das ist eine unglaubliche Geschichte.«
    »Setz dich erst einmal hin, du bist völlig außer Atem.«
    »Das auch, aber ich weiß auch nicht, ob ich schreien oder lachen soll. Pass auf!«
    Catrin hatte tags zuvor die Schleier abgeliefert und Mutter Mabilia nach dem Knaben befragt. Die alte Oberin hatte strikt geleugnet, dass ihre Damen sich um einen derartigen Lümmel kümmern würden, aber die gute Frau war nicht eben für ihre Weitsicht bekannt. Und so hatte Catrin es zwar zunächst auf sich beruhen lassen, war aber morgens zur Andacht in die Ursulakirche gegangen und hatte dort die Ohren aufgesperrt. Und tatsächlich klagte eine der Stiftsfrauen einer anderen, dass der süße Junge nicht mehr da sei, was sie sehr bedauerte. Näheres Nachfragen erbrachte die Auskunft, vor zwei Tagen sei ein engelsgleicher Bub in der Kirche aufgetaucht und habe mit dicken Tränen in den Augen erzählt, er habe sich verlaufen und suche seine Eltern. Die seien weggegangen, ohne ihn
mitzunehmen. Man sei gerührt gewesen, habe versucht herauszufinden, wer die Eltern waren und wo sie wohnten, aber das arme Kerlchen sei so durcheinander gewesen, dass man gar nichts Rechtes aus ihm herausbekommen konnte. Da es schon Abend war, gab man ihn in die Obhut einer Magd, die ihn verköstigen und ihm ein Schlaflager richten sollte.
    »Was an Mutter Mabilia offensichtlich völlig vorbeigegangen ist.«zu
    »Ich glaube, die Damen halten alles Ungewöhnliche peinlich genau von ihr fern.«zu
    »Meine Mutter hörte ich sie einst eine dumme Henne nennen«, murmelte Alyss.
    »Das hat sich nicht geändert; sie gleicht einem hirnlosen Federvieh mehr denn je. Aber die Magd ist gewitzt, sie hat den kleinen

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