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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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am Tisch mehr oder weniger würde kaum auffallen, ein Strohlager fand sich immer in einer Ecke. Ja, das würde ihm sicher gefallen.
    War er von seinen Entführern wieder aufgegriffen worden?
    Auch eine Möglichkeit. Sie wäre übel. Andererseits, Kilian kannte sie jetzt und würde sich vor ihnen zu verstecken wissen.
    Irgendwo musste er sich aufhalten. Essen, einen Schlafplatz suchen.

    Er war ein wunderhübsches Kind – eine Gefahr für ihn. Es gab Männer, die sich, trotz aller Drohungen von Höllenfeuern, an solchen Knaben erfreuten.
    Ganz übel, dieser Gedanke.
    Über Alyss rauschten Flügel, und als sie nach oben sah, glitt ein großer Schatten über den Hof und senkte sich auf den First des Stalles. Dort flatterte er noch einmal und stieß dann seinen warnenden Ruf aus.
    »Buhuhuuu!«, hallte es durch die Stille der Nacht. »Buhuhuuu!«
    Langsam stand Alyss auf und trat näher zum Stall.
    »Uhu, mein Freund, Gefährte der Nacht. Bringst du mir Rat? Kündest du Schicksal? Drohst du mit Tod und Verdammnis?«
    »Buhuhuuu!«
    Der Uhu breitete die Flügel aus und beugte sich vor. Sie sah im matten Sternenlicht seine Augen funkeln.
    »Nicht Tod, nicht Verdammnis. Schicksal schon.«
    Langsam streckte sie den Arm aus. Vor Monaten einst war der schöne Vogel für einen kurzen Moment auf ihren Arm gekommen, doch heute schien er nicht geneigt, sich einem Menschen freundlich zu nähern.
    »Nun, dann bleib auf deinem hohen Thron, mein Schöner. Ich danke dir dennoch für dein Kommen.«
    Der Uhu schlug mit den Flügeln, erhob sich und glitt noch einmal fast lautlos, nur mit einem leisen Rauschen seines Gefieders, über sie und verschwand dann über dem Weingarten.
    Sein Besuch hatte Alyss von den sich im Kreis drehenden Gedanken abgelenkt, und als sie sich nun wieder ihrem Problem zuwandte, erkannte sie einige gangbare Wege. Sie hatten Namen – Gislindis war der eine, die Adlerwirtin Franziska
der nächste, Catrin und die Beginen, der Bader Pitter – alles Menschen, die viel hörten und sahen, die gut beobachteten. Sie würden ihr helfen. Morgen wollte sie damit beginnen, sie um ihre Mithilfe zu bitten, auch wenn sie damit ihr Ungeschick im Umgang mit dem Jungen eingestehen musste.
     
    Im Adler ging es hoch her: Die ersten Händlergruppen waren eingetroffen, Fuhrwerke standen im Hof, nordische Laute schwirrten durch die Luft, Mägde liefen mit Kannen voll Bier, Körben voll Brot und fetten Würsten hin und her. Die Wirtin scheuchte Gesinde, eigene Kinder, fremde Kinder, Gäste, Schmiedegesellen und ihren Gemahl mit immer neuen Aufträgen umher, während sie in dem großen Kessel über dem Feuer im Schankraum rührte.
    Aber sie bemerkte die Besucherin sofort und rief gut gelaunt: »Frau Alyss! Ein Happen von diesem Fleischtopf genehm? Ist alles drin, was man von einem Tier kochen kann, und ein paar Erbsen dazu.«zu
    »Danke, nein. Frau Franziska, ich habe ein dringendes Anliegen!«
    »Ja, so seht Ihr auch aus. Grimm wölben sich Eure schwarzen Brauen. Wer aus meinem Häuflein hat etwas ausgefressen?«
    »Von den Euren nicht. Doch Ihr erinnert Euch an Kilian, den Sohn der Greta Aldenhoven?«
    »Heilige Sankt Martha, natürlich! Der Esel war den ganzen Tag im Rausch und sang uns fröhliche Lieder. Was tat der junge Fürwitz?«
    »Er ließ sich entführen!«
    Und nachdem die Adlerwirtin ihre Ausrufe des staunenden Entsetzens eingestellt hatte, schilderte Alyss ihr den Hergang
und bat um Hilfe. Dieser Bitte wurde umgehend stattgegeben, die ganze Wirtschaft von Kilians Aussehen in Kenntnis gesetzt und aufgefordert, die Augen offen zu halten.
    Alyss’ nächster Besuch galt den Beginen, die in einem Geviert eben eine Straße weiter lebten und arbeiteten. Hier wohnte Catrin, die Ziehtochter ihrer Mutter Almut, acht Jahre älter als Alyss selbst und einer Schwester so gleich, wie man es sich nur vorstellen konnte. Die Pförtnerin ließ Alyss ein und wies auf das Haupthaus. Hier fanden sich Catrin und die Meisterin der Beginen, Frau Clara, die feinste bestickte Seidenschleier vorsichtig falteten und in schneeweißes Leinen einschlugen.
    Alyss wurde auf das Freundlichste begrüßt, denn Clara war eine enge Freundin ihrer Mutter noch aus der Zeit, die sie selbst als Begine in diesem Konvent verbracht hatte. So musste denn Alyss auch zunächst einmal Bericht über das Wohlergehen ihrer Eltern erstatten, sich dann die lange Liste aller Leiden der Meisterin anhören, die – wenngleich kerngesund – es liebte zu klagen. »Du weißt

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